Licht am Horizont
Auch der nördlichste der baltischen Staaten, Estland, spürt die volle Wucht der Finanzkrise. Die Wirtschaft schrumpft, die Arbeitslosigkeit steigt, viele Menschen haben hohe Schulden. Doch von Streiks und Demonstrationen gibt es keine Spur. Oberstes Ziel der estnischen Regierung: strikte Budgetdisziplin und Festhalten am Europakurs.
Mit seinen gerade mal 1,3 Millionen Einwohnern ist Estland das kleinste der drei baltischen Länder. Wie Lettland und Litauen haben auch die Esten Jahre hinter sich, in denen es für die Wirtschaft nur eine Richtung zu geben schien: nämlich bergauf. Schwächte sich aber schon vor Ausbruch der weltweiten Krise das Wachstum deutlich ab, ging es seit Mitte letzten Jahres richtig in den Keller. 2008 schrumpfte die Wirtschaft um 3,8 Prozent, für 2009 wird mit einem Rückgang um 13 Prozent gerechnet. Trotzdem, so Finanzminister Jürgen Liigi, stehe Estland besser da als seine baltischen Nachbarn:
"Man spricht zwar immer von der Einheit der baltischen Staaten, aber die gibt es vielleicht im emotionalen Sinn. Die Unterschiede werden gerade jetzt deutlich: Wir befinden uns in einer viel besseren Lage als Lettland und Litauen. Wir haben in den letzten Jahren einiges an Reserven zurückgelegt, kommen deswegen besser mit der Krise zurecht. Wir sind nicht in die Knie gegangen und waren weiter politisch handlungsfähig. Hätten wir auch internationale Finanzhilfe gebraucht, wären uns die Bedingungen diktiert worden, wie im Fall Lettland."
Dabei gibt auch die Lage in Estland kaum Anlass zu Optimismus: die Arbeitslosigkeit liegt bei knapp 15 Prozent, die Baubranche ist komplett unter die Räder gekommen, wie in Lettland haben auch hier viele Menschen in wirtschaftlichen besseren Zeiten hohe Kredite aufgenommen und können sie nun nicht mehr bedienen. Und einmal gebaute Häuser wieder verkaufen geht nicht, da die Immobilienpreise stark gefallen sind. Aber in Estland wurde in Wachstumszeiten nicht so hemmungslos in den öffentlichen Sektor investiert, wie eben in Lettland. Drastische Gehaltkürzungen oder Entlassungen bei Staatsdienern, Schließungen von Schulen oder Krankenhäusern gibt es nicht in dem Ausmaß. Finanzminister Liigi ist vielmehr der Meinung, dass es so langsam wieder bergauf geht:
"Wir glauben, dass wir den Boden erreicht haben. Wir haben so etwas wie Stabilität auf niedrigem Niveau. Im nächsten Jahr erwarten wir noch keine spürbare Trendwende, aber die Stimmung innerhalb der Gesellschaft verändert sich bereits zum Positiven. Und allein das macht uns schon Hoffnung. Es spricht einiges dafür, dass das Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal schon nicht mehr zurückgehen wird."
Zur relativen wirtschaftlichen kommt in Estland auch eine relative politische Stabilität. Ministerpräsident Andrus Ansip ist seit gut vier Jahren im Amt, eine Zeitspanne, in der in Lettland drei Ministerpräsidenten am Ruder waren oder sind. Und ob der aktuelle, Valdis Dombrovskis, bis zu den Wahlen im Oktober nächsten Jahres durchhält, ist alles andere als sicher. Zwar steht auch Ansip inzwischen einer Minderheitenregierung vor, nachdem Mitte des Jahres die Sozialdemokraten aus Protest gegen die Sparpläne in die Opposition gegangen waren, aber die befürchtete kontinuierliche Regierungskrise ist ausgeblieben. Allerdings zahlte sich diese vermeintliche Stabilität kaum in ausländische Investitionen aus, Unternehmen verließen trotz günstiger Steuern das Land. Wenn man der Wirtschaftskrise tatsächlich etwas Gutes abgewinnen will, dann ist es die rasante Abnahme der Inflationsrate: Von über zehn im letzten Jahr auf nahe null im 2. Quartal 2009. Für Estlands Regierung gebe es deshalb, so Finanzminister Liigi, keinen Grund, von der geplanten Euro-Einführung abzurücken:
"Wir wollen der Eurozone am 1. Januar 2011 beitreten. Das ist unser erklärtes Ziel. Nicht als Selbstzweck, sondern weil damit die Konsolidierung des Haushaltes und der Staatsfinanzen verbunden ist. Wir werden die Mastrichtkriterien erfüllen, obwohl ich sie in Zeiten der Wirtschaftskrise für ungerecht halte und andere Länder der Eurozone sie verletzt haben. Aber wir werden unser Ziel erreichen."
"Man spricht zwar immer von der Einheit der baltischen Staaten, aber die gibt es vielleicht im emotionalen Sinn. Die Unterschiede werden gerade jetzt deutlich: Wir befinden uns in einer viel besseren Lage als Lettland und Litauen. Wir haben in den letzten Jahren einiges an Reserven zurückgelegt, kommen deswegen besser mit der Krise zurecht. Wir sind nicht in die Knie gegangen und waren weiter politisch handlungsfähig. Hätten wir auch internationale Finanzhilfe gebraucht, wären uns die Bedingungen diktiert worden, wie im Fall Lettland."
Dabei gibt auch die Lage in Estland kaum Anlass zu Optimismus: die Arbeitslosigkeit liegt bei knapp 15 Prozent, die Baubranche ist komplett unter die Räder gekommen, wie in Lettland haben auch hier viele Menschen in wirtschaftlichen besseren Zeiten hohe Kredite aufgenommen und können sie nun nicht mehr bedienen. Und einmal gebaute Häuser wieder verkaufen geht nicht, da die Immobilienpreise stark gefallen sind. Aber in Estland wurde in Wachstumszeiten nicht so hemmungslos in den öffentlichen Sektor investiert, wie eben in Lettland. Drastische Gehaltkürzungen oder Entlassungen bei Staatsdienern, Schließungen von Schulen oder Krankenhäusern gibt es nicht in dem Ausmaß. Finanzminister Liigi ist vielmehr der Meinung, dass es so langsam wieder bergauf geht:
"Wir glauben, dass wir den Boden erreicht haben. Wir haben so etwas wie Stabilität auf niedrigem Niveau. Im nächsten Jahr erwarten wir noch keine spürbare Trendwende, aber die Stimmung innerhalb der Gesellschaft verändert sich bereits zum Positiven. Und allein das macht uns schon Hoffnung. Es spricht einiges dafür, dass das Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal schon nicht mehr zurückgehen wird."
Zur relativen wirtschaftlichen kommt in Estland auch eine relative politische Stabilität. Ministerpräsident Andrus Ansip ist seit gut vier Jahren im Amt, eine Zeitspanne, in der in Lettland drei Ministerpräsidenten am Ruder waren oder sind. Und ob der aktuelle, Valdis Dombrovskis, bis zu den Wahlen im Oktober nächsten Jahres durchhält, ist alles andere als sicher. Zwar steht auch Ansip inzwischen einer Minderheitenregierung vor, nachdem Mitte des Jahres die Sozialdemokraten aus Protest gegen die Sparpläne in die Opposition gegangen waren, aber die befürchtete kontinuierliche Regierungskrise ist ausgeblieben. Allerdings zahlte sich diese vermeintliche Stabilität kaum in ausländische Investitionen aus, Unternehmen verließen trotz günstiger Steuern das Land. Wenn man der Wirtschaftskrise tatsächlich etwas Gutes abgewinnen will, dann ist es die rasante Abnahme der Inflationsrate: Von über zehn im letzten Jahr auf nahe null im 2. Quartal 2009. Für Estlands Regierung gebe es deshalb, so Finanzminister Liigi, keinen Grund, von der geplanten Euro-Einführung abzurücken:
"Wir wollen der Eurozone am 1. Januar 2011 beitreten. Das ist unser erklärtes Ziel. Nicht als Selbstzweck, sondern weil damit die Konsolidierung des Haushaltes und der Staatsfinanzen verbunden ist. Wir werden die Mastrichtkriterien erfüllen, obwohl ich sie in Zeiten der Wirtschaftskrise für ungerecht halte und andere Länder der Eurozone sie verletzt haben. Aber wir werden unser Ziel erreichen."