Liebesgeschichte aus dem alten Ägypten
Der Pharao verliebt sich in die schöne Radubis. Es beginnt eine Geschichte, die von Leidenschaft, Intrigen und Machthunger erzählt. Nagib Machfus hat mit seinem Roman, der bereits in den 1940er Jahren entstand, ein groß angelegtes Panorama des alten Ägypten gezeichnet.
"Ich bin nur der Erzähler, die Helden kann man überall finden, jeder erkennt sich wieder ", soll Nagib Machfus gesagt haben. Das Wiedererkennen und die Zeitlosigkeit seiner Romane haben mit zu seinem Erfolg beigetragen. So ist es auch nicht verwunderlich, dass der Roman "Radubis", der kurz nach seinem Tod auf Deutsch erschien, bereits 1943 in Kairo zu lesen war.
Die Geschichte der schönen Kurtisane Radubis gehört zu den ersten drei Romanen Machfus’ aus dem alten Ägypten. Diese wunderschöne und kluge, aber unnahbare Frau lebt in ihrem weißen Palast auf der Insel Biga. Kriegsherren, Baumeister, Künstler und Politiker buhlen um ihre Gunst. Radubis bezaubert sie alle. Sie genießt die Anbetung, doch ihr Herz bleibt kalt, bis sie beim Fest des Nils den Pharao Merenra den Zweiten erblickt. Doch da im alten Ägypten die Götter die Geschicke der Menschen lenken, bedarf es erst eines Zeichens, bis die beiden sich treffen. Ein Adler stielt der badenden Radubis eine goldene Sandale und lässt diese geradewegs in den Schoß des Pharao fallen. Er bringt ihr den Schuh persönlich zurück, nachdem seine Vertrauten von ihrer Schönheit geschwärmt haben. Die sich daraus entspinnende Leidenschaft ist so groß, dass der Pharao darüber nicht nur die Königin, sondern auch seine Regierungsgeschäfte vernachlässigt und sein Vermögen für die Verschönerung des Palastes auf Biga ausgibt. Der bereits vorher bestehende Konflikt mit der Priesterschaft, bei dem es um Macht und Geld geht, vergrößert sich. Um ihre Liebe zu retten, ersinnt Radubis ein Komplott gegen die Priester. Es wird entdeckt und der Pharao getötet, Radubis entgeht ihrer Strafe durch Selbstmord.
Mit einfühlsamen und sehr bildreichen Beschreibungen entführt Nagib Machfus seine Leser in eine Zeit vor über 4000 Jahren. Seine Beschreibungen sind so plastisch, dass das alte Ägypten, die Welt der Pharaonen und Götter, aber auch der Alltag dort lebendig werden. Da macht es nichts, dass sich Radubis und Merenra der Zweite in Wahrheit nie begegnet sind. Auf der anderen Seite ist diese leidenschaftliche Liebesgeschichte und die dazugehörige Frage, ob die Beteiligten die Wahl haben, ihrem Schicksal zu entrinnen, so zeitlos, dass sie sowohl zu ihrer Entstehungszeit als auch heute fesselt.
Nagib Machfus, der leidenschaftliche Erzähler, hat seine schriftstellerische Arbeit Zeit seines Lebens als eine Nebentätigkeit angesehen. Nach seinem Philosophiestudium begann er eine Beamtenlaufbahn. Trotzdem gilt er als "Vater des ägyptischen Romans". Er plante eine vierzigbändige Auseinandersetzung mit der alten ägyptischen Geschichte. Seine ersten drei Romane, zu denen auch Radubis zählt, sind tatsächlich in der Zeit der Pharaonen angesiedelt, was im Ägypten der dreißiger Jahre ganz dem Zeitgeist entsprach. Die Unabhängigkeitsbewegung suchte in der Rückbesinnung auf die alte Geschichte eine Form der ägyptischen Identität. Bezüge zur Gegenwart waren von Machfus aber durchaus beabsichtigt. Das historische Gewand bot dem Autor dabei einen gewissen Schutz vor der Zensur.
Die politischen Veränderungen Mitte des letzten Jahrhunderts führten dazu, dass Machfus seinen Plan der langen Pharaonenreihe aufgab und sich in seinem Romanen mit dem Kairoer Alltag der Gegenwart beschäftigte. Seine "Kairoer Trilogie" machte Nagib Machfus Ende der 50er Jahre zu einem führenden Schriftsteller in der arabischen Welt. Als er 1988 als erster arabischer Autor den Literaturnobelpreis erhielt, umfasste sein Werk etwa dreißig Romane, über einhundert Erzählungen, Drehbücher, Theaterstücke und Artikel. Auch nach einem Attentat durch religiöse Fanatiker im Jahre 1994 schrieb Nagib Machfus noch wöchentlich seine Kolumne in "Al-Ahram". Er starb am 30. August letzten Jahres im Alter von 94 Jahren.
Rezensiert von Birgit Koß
Nagib Machfus: Radubis
Roman
Aus dem Arabischen von Doris Kilian
Unionsverlag 2006
267 Seiten, 19,90 Euro
Die Geschichte der schönen Kurtisane Radubis gehört zu den ersten drei Romanen Machfus’ aus dem alten Ägypten. Diese wunderschöne und kluge, aber unnahbare Frau lebt in ihrem weißen Palast auf der Insel Biga. Kriegsherren, Baumeister, Künstler und Politiker buhlen um ihre Gunst. Radubis bezaubert sie alle. Sie genießt die Anbetung, doch ihr Herz bleibt kalt, bis sie beim Fest des Nils den Pharao Merenra den Zweiten erblickt. Doch da im alten Ägypten die Götter die Geschicke der Menschen lenken, bedarf es erst eines Zeichens, bis die beiden sich treffen. Ein Adler stielt der badenden Radubis eine goldene Sandale und lässt diese geradewegs in den Schoß des Pharao fallen. Er bringt ihr den Schuh persönlich zurück, nachdem seine Vertrauten von ihrer Schönheit geschwärmt haben. Die sich daraus entspinnende Leidenschaft ist so groß, dass der Pharao darüber nicht nur die Königin, sondern auch seine Regierungsgeschäfte vernachlässigt und sein Vermögen für die Verschönerung des Palastes auf Biga ausgibt. Der bereits vorher bestehende Konflikt mit der Priesterschaft, bei dem es um Macht und Geld geht, vergrößert sich. Um ihre Liebe zu retten, ersinnt Radubis ein Komplott gegen die Priester. Es wird entdeckt und der Pharao getötet, Radubis entgeht ihrer Strafe durch Selbstmord.
Mit einfühlsamen und sehr bildreichen Beschreibungen entführt Nagib Machfus seine Leser in eine Zeit vor über 4000 Jahren. Seine Beschreibungen sind so plastisch, dass das alte Ägypten, die Welt der Pharaonen und Götter, aber auch der Alltag dort lebendig werden. Da macht es nichts, dass sich Radubis und Merenra der Zweite in Wahrheit nie begegnet sind. Auf der anderen Seite ist diese leidenschaftliche Liebesgeschichte und die dazugehörige Frage, ob die Beteiligten die Wahl haben, ihrem Schicksal zu entrinnen, so zeitlos, dass sie sowohl zu ihrer Entstehungszeit als auch heute fesselt.
Nagib Machfus, der leidenschaftliche Erzähler, hat seine schriftstellerische Arbeit Zeit seines Lebens als eine Nebentätigkeit angesehen. Nach seinem Philosophiestudium begann er eine Beamtenlaufbahn. Trotzdem gilt er als "Vater des ägyptischen Romans". Er plante eine vierzigbändige Auseinandersetzung mit der alten ägyptischen Geschichte. Seine ersten drei Romane, zu denen auch Radubis zählt, sind tatsächlich in der Zeit der Pharaonen angesiedelt, was im Ägypten der dreißiger Jahre ganz dem Zeitgeist entsprach. Die Unabhängigkeitsbewegung suchte in der Rückbesinnung auf die alte Geschichte eine Form der ägyptischen Identität. Bezüge zur Gegenwart waren von Machfus aber durchaus beabsichtigt. Das historische Gewand bot dem Autor dabei einen gewissen Schutz vor der Zensur.
Die politischen Veränderungen Mitte des letzten Jahrhunderts führten dazu, dass Machfus seinen Plan der langen Pharaonenreihe aufgab und sich in seinem Romanen mit dem Kairoer Alltag der Gegenwart beschäftigte. Seine "Kairoer Trilogie" machte Nagib Machfus Ende der 50er Jahre zu einem führenden Schriftsteller in der arabischen Welt. Als er 1988 als erster arabischer Autor den Literaturnobelpreis erhielt, umfasste sein Werk etwa dreißig Romane, über einhundert Erzählungen, Drehbücher, Theaterstücke und Artikel. Auch nach einem Attentat durch religiöse Fanatiker im Jahre 1994 schrieb Nagib Machfus noch wöchentlich seine Kolumne in "Al-Ahram". Er starb am 30. August letzten Jahres im Alter von 94 Jahren.
Rezensiert von Birgit Koß
Nagib Machfus: Radubis
Roman
Aus dem Arabischen von Doris Kilian
Unionsverlag 2006
267 Seiten, 19,90 Euro