Sie sind überall - und für alles gut
06:08 Minuten
Wussten Sie, dass Pilze weder Tiere noch Pflanzen sind? Dass sie als Plastikersatz herhalten können? Und im Dunkeln leuchten? Eben. Darum gibt es nun ein neues Kinderbuch, das mit wunderschönen Illustrationen in die Welt der Pilze einführt.
Was für ein gelungenes Einsteigerbuch in Sachen Pilze. Die Bilder von Asia Gwis sind wunderschön, das ist einfach beste Bilderbuchkunst. Und die Informationen, die Liliana Fabisińska hier zusammengetragen hat, sind so zahlreich und überraschend, dass man gar nicht weiß, wo anfangen auf diesen knapp 100 Seiten. Kurz: "Verrückte Fakten über Fliegenpilz, Hefe und Co." dürfte zum Hit des diesjährigen Herbstprogrammes werden.
Pilze, so lernt man gleich zu Anfang dieses klugen Buches, bilden ein eigenes Reich, denn sie gehören nicht in die Welt der Pflanzen und auch nicht in die der Tiere. Obwohl sie mit letzteren näher verwandt sind, sagen Biologen. Die Zellwände von Pilzen bestehen aus Chitin - wie auch bei Insekten; Pilze speichern wie Tiere Fett als Energiereserve und sie betreiben keine Photosynthese.
Auf Broten, auf Käse, in Bäumen und im Darm
Pilze gibt es seit 420 Millionen Jahren. Der größte war acht Meter hoch. Bis heute sind 100.000 Pilzarten bekannt. Die Wissenschaftler glauben aber, dass damit erst 7 Prozent der Pilze weltweit bekannt sind. Und das sind nur die ersten überraschenden Einblicke in das faszinierende Reich der Pilze, die Liliana Fabisińska gewährt.
Und weil es Pilze überall gibt, quillt das Buch nur so über von Fakten und Wissen: Sie leben in und auf der Erde, besiedeln Pflanzen und Bäume, leben auf Broten und Käse, genauso wie auf Füßen und im Darm. Mal sind sie gut, hilfreich und heilen, mal giftig und tödlich. Das Fatale daran: Man erkennt es nicht immer gleich. Das fängt schon beim simplen Pilzsammeln im Wald an.
Jedes Jahr, so die Autorin, vergiften sich mehrere tausend Menschen allein in Europa, für hunderte endet das tödlich. Das liegt daran, dass sich viele Pilze gleichen: Der essbare Parasol sieht dem grünen Knollenblätterpilz erschreckend ähnlich. Damit Leserinnen und Lesern das nicht passiert, wird hier detailliert erklärt und vor allem gezeigt, wie die jeweiligen Pilze aussehen, wie sie aufgebaut sind, sich fortpflanzen, riechen und schmecken.
Kein Detail ausgelassen
Immer tiefer gräbt sich die Autorin in das Thema, lässt nichts aus: In 38 Kapiteln, die alle genau zwei Doppelseiten lang sind, werden etwa die lustigen Namen vieler Pilze gedeutet, es wird gezeigt, wie man Pilze selber zuhause züchten kann und was man zum Pilzsammeln braucht. Außerdem wird erklärt, was Pilze alles können: Licht machen, zum Feueranzünden oder als Ziegel zum Hausbau dienen.
Schon heute gibt es Stühle und Tische aus Pilz und Pilz-Styropor schützt Glas beim Verschicken. Was zeigt: Pilze könnten sogar Plastik überflüssig machen. Bei reichen Amerikanerinnen ist die aus Pilzleder hergestellte Handtasche schon heute ein Muss. Und auch was ein Gewitter-Pilz und ein Atom-Pilz sind, wird besprochen.
Lachende Pilze und Pilz-Felsen
Das alles ist gut und ausführlich beschrieben, manchmal fast schon zu sehr. Das fällt besonders da auf, wo die Texte oft winzig klein abgedruckt und stark komprimiert sind. Glücklicherweise helfen die Illustrationen weiter. Überhaupt geben sie diesem Buch das gewisse Etwas. Abenteuerlich wild gezeichnet, mit großartigen Collagen aufgepeppt und in bunten Farben, machen sie das Buch zum einem großen Abenteuer, dem man sich stundenlang widmen kann. Denn immer wenn man glaubt, ein Bild erfasst zu haben, findet sich ein weiteres kleines lustiges Detail.
Pilze mit lachenden Gesichtern, Papieressende Ziegen, kleine Männer neben großen Pilz-Felsen. Das ist ein großer Spaß und macht dieses Bilderbuch nicht nur für Kinder ab sechs Jahren spannend und lehrreich. Auch die Großen werden beglückt. Oder wie eine Kollegin von mir sagte: Das will ich auch!