Limbach: Goethe-Institut in Dänemark wird nicht verkleinert

Die Präsidentin des Goethe-Instituts, Jutta Limbach, hat einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zurückgewiesen, wonach das Goethe-Institut in Kopenhagen drastisch verkleinert und künftig nur noch durch ein Büro repräsentiert werden soll. Derartige Meldungen seien ihr völlig neu, sagte Limbach im Deutschlandradio Kultur.
Frank Meyer:... düsteren Blick in die Zukunft des Goethe-Instituts. Er schreibt, das Goethe-Institut verliert jährlich sechs Prozent seiner Substanz durch Mittelkürzungen des Auswärtigen Amtes und durch die internationale Inflation; beim Goethe-Institut schwirren Gerüchte durch die Gänge, die von 30 bis 50 zu schließenden Instituten in der Welt berichten. Der Anlass für diesen Artikel: Das Goethe-Institut in Kopenhagen wird von einem ganzen Haus auf ein Zimmer, ein so genanntes Büro-Institut verkleinert. Am Telefon ist jetzt Jutta Limbach, die Präsidentin des Goethe-Instituts. Jutta Limbach, warum streichen Sie das Kopenhagener Institut so zusammen?

Jutta Limbach: Also das ist eine ganz neue Botschaft, die ich der Süddeutschen Zeitung vom heutigen Tag entnommen habe und dem an mich gerichteten Brief, den ich gestern schon gelesen habe. Ich jedenfalls habe noch nicht gehört, dass dieses Institut geschlossen werden soll. Das Goethe-Institut, der Vorstand, hat eine allgemeine Ausgabensperre jetzt zunächst einmal verordnet, weil klar sein muss, wie das Goethe-Institut mit seinem Defizit fertig wird, das es im vergangenen Jahr eingefahren hat. Das setzt Verhandlungen mit den Abgeordneten des Bundestags und dem Auswärtigen Amt voraus. Und vor allem mit dem Präsidium, dem ich ja vorstehe und das vor zwei Tagen getagt hat. Da war von einer Schließung des Instituts in Kopenhagen wirklich nicht die Rede. Nur dass der Institutsleiter nicht gerade in diesem Moment, wo der allgemeine Ausgabenstopp verordnet worden ist, einen neuen Vertrag schließen darf.

Meyer: Es geht ja auch nicht um eine Schließung, der Artikel spricht von einer deutlichen Verkleinerung - wie ich das auch benannt habe gerade - des Instituts. Vorher gab es ein ganzes Haus, jetzt soll es nur noch ein Zimmer geben. Wir haben nachgefragt ...

Limbach: Das ist völlig neu für mich.

Meyer: Wir haben nachgefragt bei Ihrem Institutsleiter in Kopenhagen. Er hat uns bestätigt, dass die sachlichen Angaben in diesem Artikel richtig sind.

Limbach: Auch in dem Brief, aus dem Sie das ja zitiert haben - aber es steht auch bei Thomas Steinfeld -, da kann ich mich nur wundern, wie das der Institutsleiter so bestätigen kann. Denn eine solche Institutsschließung müsste über das Präsidium gehen. Und das Präsidium hat sich zwar mit der schwierigen finanziellen Lage des Goethe-Instituts beschäftigt und für die kommenden vier Wochen fünf gemeinsame Termine mit dem Vorstand verabredet und zum Teil mit dem Auswärtigen Amt. Aber von dem Institut in Dänemark war nicht mit einem Wort die Rede.

Meyer: Eine solche ...

Limbach: Auch nicht von einer Rückführung auf ein Zimmer mit Schreibtisch.

Meyer: Eine solche Verkleinerung, Jutta Limbach, sie würde ja in ein strategisches Bild passen, was man immer wieder hört über das Goethe-Institut - das ja sehr präsent ist in Westeuropa. Es gab mal ein böses Zitat in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, da hieß es: "Fast die Hälfte des Etats der Goethe-Institute wird in Westeuropa ausgegeben, deswegen kann man sagen, das Goethe-Institut ist ein Verein zur Pflege deutscher Sprache und Kultur in Frankreich und Italien mit angeschlossenen Außenstellen im Rest der Welt."

Limbach: Das ist wie immer übertrieben, aber richtig ist ...

Meyer: Ein bisschen.

Limbach:... richtig ist, Herr Meyer, richtig ist an dem, was Sie sagen, dass wir 42 Prozent unseres Budgets allein in Europa und zwar in Westeuropa ausgeben. Und dass natürlich seit dem Fall der Mauer und des Eisernen Vorhangs das Goethe-Institut sich darüber Gedanken machen muss, wie es jetzt weltweit besser repräsentiert sein will. Wenn Sie zum Vergleich sehen, dass wir in dem großen Russland nur zwei Institute, in Moskau und in Sankt Petersburg, haben - wobei ich allerdings auch schon hier betonen muss, dass wir eine Fülle von Sprachlernzentren, Dialogpunkten und Lesesälen dort haben -, auch da also schon andere Präsenzformen als die großen Institute, die gewiss eine große Summe Geldes kosten.

Meyer: Also die Reise insgesamt wird in diese Richtung gehen, die die Kopenhagener - ich nenne es jetzt mal - Gerüchte, weil Sie das noch zurückweisen: Weniger Präsenz in Westeuropa, Ausdehnung anderswo?

Limbach: Wir sind ja schon dabei, seit zwei Jahren sind wir dabei, sowohl in Italien als auch in Frankreich Institute zurückzuführen, weil wir in dem einen Lande sechs, in dem anderen fünf haben, um dann mehr Geld unseres Budgets nach Osteuropa, nach Zentralasien, nach Asien geben zu können.

Meyer: Deutschlandradio Kultur. Wir sind im Gespräch mit Jutta Limbach, der Präsidentin des Goethe-Instituts. Sie haben die Finanzlage gerade schon angesprochen. Die ist ja auch ein Gegenstand der Berichterstattung heute in der Süddeutschen Zeitung und es ist auch aus anderen Quellen zu hören, dass 2004 das Institut zweieinhalb Prozent Zuschüsse verloren hat, 2005 dann drei Prozent. Vor allem das Auswärtige Amt würde seine Zuschüsse reduzieren. Wie lange wird diese Entwicklung noch weitergehen?

Limbach: Die Entwicklung kann in der Tat nicht lange weitergehen, ohne dass wir empfindliche Einschnitte in unser weltweites Netz vornehmen wollen. Und das steht auch völlig im Gegensatz zu dem, was zu unserer Freude die Bundeskanzlerin und der Außenminister gesagt haben, dass auswärtige Kulturpolitik für sie ein Schwerpunkt der Politik sein soll. Wir müssen gewiss auch mit neuen Konzepten auf diese Situation reagieren. Und wir wollen in der Tat - das hat gar nicht so sehr mit unserer finanziellen Situation zu tun - künftig darauf hinsteuern, dass wir etwa 60 Prozent der Gelder in die institutionalisierte Förderung, also in die Infrastruktur geben, das heißt in das Netz, dass wir aber mindestens 40 Prozent Projektmittel haben.

Denn, Herr Meyer, in der heutigen Zeit brauchen wir eine viel größere Beweglichkeit, um an den verschiedenen Orten der Welt, auch im Zusammenhang mit konflikthaften Auseinandersetzungen, kulturell tätig sein zu können. Und wenn Sie das Beispiel China nehmen. Da haben wir jetzt einen China-Beauftragten eingesetzt, der mit den dortigen Verhältnissen vertraut ist, die Sprache spricht und der sehen muss, wie er über diese beiden Institute in Peking und Shanghai hinaus in das Land kulturell hineinwirken kann. Und das glückt uns nur, wenn wir auch andere Präsenzformen wie Lesesäle, Dialogpunkte, Sprachlernzentren und Ähnliches eröffnen.

Meyer: Diesen Widerspruch, den Sie gerade angesprochen haben: Die große Koalition sagt: Auswärtige Kulturpolitik ist eine wichtige, ist die dritte Säule der Außenpolitik, einerseits; anderseits werden die Zuschüsse zurückgefahren. Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch?

Limbach: Den erkläre ich mir in der Weise, dass man sich noch nicht klargemacht hat, dass die Kulturpolitik, der Kulturaustausch, so wie ihn Goethe in der Vergangenheit geleistet hat, sich dann so wirklich nicht mehr verwirklichen lässt. Und wir führen schon Gespräche mit den Abgeordneten des Bundestags - waren ja selbst in der vorigen Woche zum Vortrag in dem Bundestagsausschuss für Kultur und Medien. Wir hoffen da also, einen Begriff von der finanziellen Situation zu schaffen, in der sich das Goethe-Institut befindet, und insofern auch zu erreichen, dass nicht weiter gespart werden wird, sondern auch gesehen wird, wie man uns in dem einen oder anderen Punkt - wenn es geht, mit weiteren Millionen - helfen kann.