Doppelspitze soll Gysi ersetzen
Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch führen künftig die Fraktion der Linken im Bundestag. Die Sozialdemokraten reagieren verhalten auf die Nachricht - eine Koalition scheint noch in weiter Ferne.
Kein Zweifel, der Rückzug von Gregor Gysi ist eine Zäsur für die Linkspartei. Schon die zukünftige Doppelspitze in der Fraktionsführung zeigt, einen Nachfolger, der alle Parteiflügel integrieren könnte, den gibt's nach Gysi nicht. Nach der heutigen Vorstandssitzung teilte Bernd Riexinger als einer der beiden Vorsitzenden mit, was längst keine Überraschung mehr war:
"Ich darf Sie unterrichten, dass Katja Kipping und ich dem geschäftsführenden Vorstand den Vorschlag gemacht haben, für die Fraktionsspitze Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch zu wählen. Wir glauben, dass dieser Übergang die Voraussetzungen und die Grundlagen schafft, dass die Partei Die Linke weiter wachsen und gedeihen kann."
Formal ist dies nicht mehr als ein Vorschlag, doch es gibt keinen Zweifel, dass die Fraktion dieser Empfehlung bei der Wahl am 13. Oktober folgen wird. Als amtierende stellvertretende Fraktionsvorsitzende werden Bartsch und Wagenknecht keine Einarbeitungszeit benötigen.
Schlüsselfrage ist, ob es den beiden Politikern gelingt, die unterschiedlichen Richtungen in der Fraktion zu einen. Dietmar Bartsch, 57 Jahre alt, steht für den Reformerflügel, der offen ist für eine Zusammenarbeit mit der SPD. Sahra Wagenknecht, 45, lange Sprecherin der Kommunistischen Plattform, sieht diese Perspektive kritisch.
Die Sozialdemokraten sehen die Linken-Doppelspitze mit gemischten Gefühlen
Und so ist es kein Wunder, wenn führende Sozialdemokraten diese Doppelspitze in der Opposition mit gemischten Gefühlen betrachten. Johannes Kahrs, Sprecher des eher konservativen Seeheimer Kreises zu n-tv über seinen Blick auf die Linkspartei und über Chancen einer möglichen rot-rot-grünen Allianz:
"Da gibt es die eher pragmatischen Realos aus den neuen Bundesländern, mit denen kann man teilweise sehr gut zusammenarbeiten. Auf der anderen Seite haben Sie die aus dem Westen, in der Masse politische Irrläufer und unzuverlässig. Die Grünen wollen es eh nicht. Das wird eine ganz schwierige Geschichte, Herrn Bartsch würde ich das zutrauen, Frau Wagenknecht nicht."
Vom linken Flügel der SPD tönt es ähnlich nüchtern. Partei-Vize Ralf Stegner verweist auf seinen Eindruck, Wagenknecht sehe in der SPD den politischen Hauptgegner. Weiß der Teufel, ob das an ihrem Ehemann Oskar Lafontaine liegt, rätselt Stegner im Westdeutschen Rundfunk und weiter:
"Wenn Sie zusammen eine Koalition bilden wollen, dann müssen die Inhalte stimmen und die Personen auch, das muss möglichst eine stabile Koalition (sein), und davon ist die Linkspartei wirklich weit entfernt."
Anhänger der Linkspartei hoffen in jedem Fall, dass sich Wagenknecht und Bartsch die Abschiedsworte Gregor Gysis auf dem Parteitag in Bielefeld zu Herzen nehmen:
"Ich habe eine Bitte an euch: Macht aus alledem was draus!"