Literal Video Clips

Wenn du hörst, was du siehst

Musiker der Gruppe Deichkind kommen am 26.03.2015 in Berlin zur Verleihung des Musikpreises Echo mit Shirts mit der Aufschrift: "Refugees Welcome". Mit dem Echo werden zum 24. Mal die erfolgreichsten Musikproduktionen geehrt.
Deichkind: Das Kollektiv Wundertütenfabrik parodierte die Band in einem Literal Video Clip. © picture alliance / dpa / Jörg Carstensen
Sandro De Lorenzo im Gespräch mit Max Oppel |
Deichkind, BonezMC oder Die Fantastischen Vier - sie alle wurden Opfer des Kollektivs Wundertütenfabrik. Das schnappt sich Videos von Deutschrappern und macht daraus eine ganz eigene Art von Kunst: Literal Video Clips. Einer der Macher erklärt, wie es geht.
"In der Muschel wird Ball gespielt / Mach' den Strandkeller auf / Amphibienskelett / Ein Strandball, herrenlos / Wer wirft den eigentlich? Telekinese / Volleyball-Match, das Meer gegen sich selbst" - na, erkannt? Nicht? Dann vielleicht so!
Zugegeben, nicht ganz das Original, vielmehr ein sogenanntes Literal Video von Fanta 4's "Tag am Meer". Dabei werden Musikvideos ganz neu betextet, und zwar nach dem Prinzip: Ich beschreibe, was ich sehe. Ähnlich der Film-Untertitelung für Gehörlose. Auch wenn nicht Information das Ziel der Literal Videos ist, sondern die Klischeehaftigkeit dieser Videos auf die Schippe zu nehmen:

"Interessante Richtungen der Entlarvung"

"Wir parodieren quasi Musikvideos und gleichzeitig die Sounds, indem wir quasi im Song beschreiben, was im Video passiert", so Sandro De Lorenzo vom Literal-Video-Kollektiv "Wundertütenfabrik" im Deutschlandfunk Kultur. "Und da gibt es eben interessante Scheren, also, speziell Hiphop-Videos neigen ja schon dazu, hochgradig krude zu sein. Da führen Leute Krokodile an Leinen spazieren, und immer gibt es dicke Autos und solche Sachen."
Da reiche es manchmal einfach, das zu beschreiben - möglichst so, dass man den Unterschied zum Original kaum erkennt. "Und dann führt das manchmal in interessante Richtungen der Entlarvung", so De Lorenzo, dessen "Wundertütenfabrik" die kleine deutsche Literal-Video-Szene beherrscht und zu dem auch Videokünstler Luksan Wunder gehört.
Rechtlich bewegen sich Literal Videos in einer Grauzone. Manche Künstler – wie Deichkind oder BonezMC von 187 Straßenbande – teilen die Literal Videos zu ihren eigenen Songs. Zu Jan Böhmermanns "Ich hab Polizei" gab's sozusagen die Parodie zur Parodie. Das Literal Video zu "Palmen aus Plastik" von Bonez MC & Raf Camora zählt über eine Million Aufrufe auf Youtube.
(cwu/uko)
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