Literarische Eindrücke

Kurioses, Digitales - und Uli Hoeneß

Von Vladimir Balzer |
Wer sichert sich die Autobiografie von Uli Hoeneß? Wie lautet der originellste Buchtitel in diesem Frühjahr? Und lässt sich mit elektronischen Publikationen überhaupt Geld verdienen? Vladimir Balzer sucht auf der Buchmesse nach Antworten.
Uli Hoeneß als Buchautor. Die Verlage verraten hier noch nichts, aber klar – sie sind dran. Wie könnte seine Autobiografie heißen? "Geld ist nicht alles – Mein Leben". Oder "Ich bin kein schlechter Mensch – Mein Leben." Wie auch immer der Titel ausfallen wird, Zeit und Ruhe zum schreiben hätte er. Axel Hacke, Kolumnist, Fußballfreund, Münchner, lehnt die Ghostwriter-Rolle zwar ab, aber er zollt Hoeneß Respekt.
"Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende! Das war richtig so. Respekt! Er nimmt es hin wie ein Mann, finde ich gut."
Und - Axel Hacke schreibt Uli Hoeneß moralisch noch längst nicht ab.
"Für mich ist jemand, der im Gefängnis ist, kein Unmensch. Es ist immer noch ein Unterschied, ob jemand Gewalt anwendet oder Steuern hinterzieht. Gewalttäter kommen oft besser weg als mit drei Jahren Knast. Die gehen oft lachend nach Hause."
Und da Axel Hacke auch mit Titeln in die Geschichte eingehen will wie "Der weiße Neger Wumbaba. Kleines Handbuch des Verhörens", so wird klar, dass es beim Verkaufen von Büchern auch um die Originalität dessen geht, was auf dem Cover steht.
Der Ex-Verleger und heutige Journalist Hans von Trotha hat seine Wahl getroffen. Für den originellsten Buchtitel: Mein Jahr als Säugetier – das ehrliche Stillbuch. Das gab es so noch nicht und das ist gut.
"Es gibt eine Tendenz zu Wortspielen, das nervt ziemlich schnell. "
Das elektronische Verlegen wird immer wichtiger
Dabei müssen Titel heutzutage ja längst nicht mehr nur auf einem gedruckten Buch wirken. Auch ein reines E-book oder ein Text aus einer Literatur-App haben ein Anrecht auf gute Bezeichnung. Überhaupt – das elektronische Verlegen wird immer wichtiger. Einige Verlage stellen überhaupt keine gedruckten Bücher mehr her. Zum Beispiel "Shelff". Geschrieben mit Doppel F. Eine Mischung aus Regal und fort folgende. Fabian Thomas ist Verleger.
"Unser Spielfeld ist digital. Wenn daraus ein gedrucktes Buch entsteht - gerne, aber es ist kein Zwang."
"Shelff" ist einer der neuen reinen Digitalverlage, die mit wenig Aufwand publizieren und die schnell auf Entwicklungen reagieren können. Letztens erschienen Reportagen der Theodor-Wolff-Preisträgerin Mely Kiyak von den Istanbuler Gezi-Unruhen. Entstanden aus einem längeren Aufenthalt, nicht als spontanes Internet-Posting. Daher darf das auch was kosten. 4.99 für die deutsche Version. 6.99 für die zweisprachige – deutsch und türkisch.
"Es gibt da wenig Erfahrungswerte, was die Langlebigkeit solcher Bücher angeht. Das Ganze ist für uns ja auch neu. Wir schicken das E-book raus in die Welt, wir machen Veranstaltungen und hoffen dann auf ein Leben in Öffentlichkeit. Wichtig dabei ist, dass es nicht nachgedruckt werden muss, es ist immer da und verfügbar."
Geld verdienen kann man damit noch nicht, alle vier Mitarbeiter von "Shelff" haben Brotberufe. Währenddessen Leif Greinus vom unabhängigen Dresdner Verlag Volland & Quist davon lebt, was er tut. Ja, er macht auch gedruckte Bücher, vor allem Erzählungsbände, aber demnächst will er auch in der eigenen Smartphone-App verlegen.
"Die ist kostenfrei, da sind fünf Kurzgeschichten drin. Wenn man dann mehr will, kann man ein Abo abschließen und bekommt jeden Tag eine neue Geschichte. So einfach und simpel soll das ganze sein."
Auch die Krim-Krise ist zu spüren
Leif Greinus zeigt, dass man auch in Apps verlegen kann, man braucht nicht mal mehr ein klasssisches E-book dafür. Ein Format, dass sich eh nur schleppend durchsetzt in Deutschland.
Da schreckt den Dresdner Verleger auch die kürzliche Ankündigung von Amazon nicht, auch hierzulande als E-book-Verleger aufzutreten.
Ein kleiner, ideenreicher Verlag wie seiner ist längst eine Literatur-Agentur, bei der nebenbei auch klassische Bücher gemacht werden.
Das ist bei Christoph Links noch anders. In seinem angesehen Berliner Sachbuch-Verlag erscheint in erster Linie Gedrucktes. Vielleicht ist es auch eine Generationen-Frage. Links hat die letzte Leipziger Buchmesse unter alten DDR-Verhältnissen noch erlebt. Vor genau 25 Jahren, März '89. Vielleicht ein kleiner Freiraum?
"Die Buchmesse war nur ein bedingter Freiraum. Die Stasi hatte alles im Blick - ob man was aus den Westständen mitnahm. Das System funktionierte im März '89 noch genauso. Zu den Ständen der Westverlage wurde man nur schubweise hinter einer Kordel gelassen."
Lange her. Aber die Spaltung des Kontinents scheint mit der Politik Russlands wieder sehr nahe zu sein. Viele Autoren aus der Ukraine sind da. Sie wirken angespannt, logisch, sie sind nervös, sie sehen mit Grausen auf das sogenannte Referendum am Sonntag auf der Krim. Das beschäftigt sie, keine Preise, keine Reden, keine Buchhandels-Debatten, sondern die Zukunft ihres Landes.
Auch Tanja Maljartschuk ist in Leipzig. Ihr Land findet sich in dieser tiefen Krise neu, wie sie sagt.
"Putin ist erstaunt über unsere Einigkeit. Die Ukraine so einig wie nie im Leben! Auch in Odessa, Donezk. Das ist schön zu sehen. Es sind ukrainische Staatsbürger, sie behaupten sich gegen die russische Politik. Sie lieben ihr Land. Das ist was Schönes!"
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