Alice Hasters: "Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten"
Hanser Berlin 2019
220 Seiten, 17 Euro
Sachbuch: "Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen"
02:31 Minuten
Alice Hasters' Erfahrungsbericht über die Suche nach der eigenen Identität erzählt eindrücklich vom Rassismus im Kleinen und Großen - und davon, wie Abgrenzungs-Muster entstehen. Hans Dieter Heimendahl schenkt das Buch seiner Ehefrau.
Worum geht es?
Ich verschenke dieses Jahr "Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten". Es geht um das Leben einer jungen Frau. Alice Hasters ist 1989 in Köln geboren und dort aufgewachsen. Sie lebt inzwischen in Berlin und ist Journalistin. Und sie hat einen weißen Vater und eine schwarze Mutter. Sie erzählt von ihrem Aufwachsen - Schule, Pubertät, Studium - und davon, wie sie dabei immer wieder mit rassistischen Stereotypen konfrontiert wird. Wie sich ihre Identität als schwarze Frau in Deutschland entwickelt - und wie sie selbst dabei lernt, was Rassismus ist.
Alice Hasters ist keine Rebellin, kein überempfindlicher Mensch, sondern eher jemand, der dazu gehören und es anderen nicht schwer machen will. Aber ihr wird es oft schwer gemacht. Und davon erzählt sie und das ist beeindruckend.
Was ist das Besondere?
Alice Hasters Buch kommt nicht als Anklageschrift daher, sondern als Erfahrungsbericht von der Suche nach der eigenen Identität, die nicht möglich ist, ohne sich über Rassismus im Kleinen und Großen Gedanken zu machen und die Muster von Abgrenzung zu verstehen. Das ist erkenntnisträchtig – denn es führt uns im Kleinen vor, wie tief unser Weltverständnis rassistisch geprägt ist und wie viele Klischees wir benutzen und weitergeben, ohne es zu merken. Und es ist berührend – denn Alice Hasters' Wunsch, einfach nur dazuzugehören, ist unser aller Wunsch.
Selten offen aggressiv, häufig subtil ausgrenzend, gar nicht so selten naiv, wenn Menschen ihr ungefragt in die Haare fassen oder ihr selbstverständlich unterstellen, dass sie singen und tanzen kann, weil das Schwarzen ja angeblich auf irgendeine biologisch erbliche Weise mitgegeben sei. Wenn Weiße gut tanzen können, haben sie Talent, bei Schwarzen ist es angeboren. So subtil kann Diskriminierung sein.
Smalltalk auf einer Party. "Woher kommst Du?" "Aus Köln." "Und Deine Eltern?" Offenbar war die erste Antwort nicht ausreichend, denn Alice Hasters ist schwarz. Und wer eine schwarze Hautfarbe hat, der kann ja nicht aus Köln kommen, zumindest nicht ursprünglich, und deshalb wird die zweite Frage gestellt. Das ist nicht böse gemeint, aber es zeigt im Detail, wie Ausgrenzung funktioniert und was Zugehörigkeit heißt – nämlich, dass solche Nachfragen nicht gestellt werden.
Wem wollen Sie es denn schenken?
Ich schenke das Buch meiner Frau, weil ich mit ihr so gerne darüber sprechen möchte. Mich hat das Buch sensibilisiert für die Feinheiten der Ausgrenzung und auch die Schwierigkeiten, die Kommunikation da manchmal bereitet. Ich bin neugierig, was sie darüber denkt.