Petra Köpping: "Integriert doch erst mal uns! Eine Streitschrift für den Osten"
Chr. Links Verlag, 18 Euro, 208 Seiten
Petra Köpping: "Integriert doch erst mal uns!"
Abgehängt, enttäuscht, wütend, so fühlen sich viele Menschen in Ostdeutschland. "Integriert doch erstmal uns!", bekam die sächsische Politikerin Petra Köpping deshalb oft zu hören. Ihr Buch handelt von den Wunden der Nachwendezeit.
Petra Köpping ist Sächsische Staatsministerin für Gleichstellung und Integration und war also eigentlich in anderer Mission unterwegs, aber wenn sie mit ihrem Anliegen vorstellig wurde, bekam sie nicht selten zu hören "Integriert doch erstmal uns!". In ihrem Buch berichtet sie von diesen Gesprächen und spürt den Enttäuschungen nach und der Wut, die noch immer viele Menschen im Osten nach der Wiedervereinigung empfinden.
Viele haben keine echte Chance gehabt
Man bekommt noch einmal vor Augen, wie dramatisch für viele der biographische Bruch war und wie nachhaltig die Entwertung des bisherigen Lebens, die damit verbunden war. Die meisten haben versucht, das runterzuschlucken und sich anzupassen, sehr vielen ist auch gelungen, sich ein zweites Leben aufzubauen, aber viele haben keine echte Chance gehabt.
Die alten Eliten aus der Zeit der DDR sind komplett abgeräumt worden, aber andere mit DDR-Vergangenheit haben sich kaum Karrieren erarbeiten können. In einigen Bereichen sind bis zu 90 Prozent der leitenden Positionen mit Menschen aus dem Westen besetzt, im Justizbereich etwa. Die Treuhand schließlich hat die Übernahme von Firmen durch leitende Mitarbeiter aus der DDR nicht begünstigt, sondern im Gegenteil vor allem Investoren aus Westdeutschland den Zuschlag gegeben, auch Akteure aus dem Ausland kamen kaum zum Zuge.
Langsamer Wandel nach der Wende
Es gibt in manchen Regionen nach wie vor so wenig Arbeit, dass die Städte schrumpfen und viele Hunderttausende zu Arbeitsplätzen in den westlichen Bundesländern pendeln. Verbesserungen gibt es, aber sehr langsam und die Langsamkeit dieser Veränderungen prägt die Wahrnehmung, dass den handelnden Politikern diese Themen nicht wichtig sind. Die SPD-Politikerin Petra Köpping hält die Wunde für so groß, dass sie eine öffentliche Aufarbeitung der Nachwendezeit fordert, da die Kluft sonst nicht überwunden und die neuen staatlichen Institutionen nicht akzeptiert werden. Ich glaube, sie hat recht, und deshalb verschenke ich das Buch, damit wir wegkommen von den Klischees des Jammer-Ossis und des Besser-Wessis.