Olga Grjasnowa: "Gott ist nicht schüchtern"
Aufbau Verlag, 2017
309 Seiten, 22 Euro
Olga Grjasnowa: "Gott ist nicht schüchtern"
In "Gott ist nicht schüchtern" erzählt Olga Grjasnowa das Schicksal zweier erfolgreicher Syrer, die durch den syrischen Bürgerkrieg alles verlieren und nach Deutschland flüchten müssen. Aus "den Flüchtlingen" werden reale Schicksale, die berühren.
Erzählt wird die Geschichte von zwei jungen Syrern: von Amal, der erfolgreichen Schauspielerin, und Hammoudi, einem jungen Arzt in Paris, verlobt und mit Aussicht auf tollen Posten an einem Krankenhaus. Und wie diese beiden so aussichtsreichen Biografien durch die syrische Revolution erschüttert beziehungsweise zerstört werden, davon erzählt dieses Buch.
Amal wird als Demonstrantin gegen das Assad-Regime verhaftet und im Gefängnis gefoltert, Hammoundi, der nur für eine Urkunde zurück nach Damaskus reist, wird ohne genaue Gründe in seinem Heimatort festgehalten, der Pass entzogen. Der Roman von Olga Grjasnowa lässt diese beiden so privilegierten jungen Menschen aufeinandertreffen und erzählt wie ihnen die Flucht über das Mittelmeer nach Deutschland gelingt.
Reale Einzelschicksale erkennen
Olga Grjasnowa erzählt diese Lebensgeschichten nüchtern und unverschnörkelt, aber dabei eben auch in all ihrer Dramatik teils grausam. Nachdem das Thema Flüchtlinge uns vor allem in Negativmeldungen und in statistischen Zahlen in den Nachrichtgen begegnen, bringt sie uns hier zwei Menschen nahe, die aus einem Leben fliehen, das unserem so sehr ähnelt. Macht aus "den Flüchtlingen" eben reale Schicksale. Erzählt von einem Krieg, der hier so nah kommt – ohne Zeigefinger und ohne hehre belehrende Botschaft.
Ich möchte es meiner Cousine schenken, mit der ich öfter aneinander gerate, wenn wir über das Thema Flüchtlinge sprechen, die da aus meiner Sicht zu sehr pauschalisiert und manchmal Mitgefühl vermissen lässt. Ich möchte sie anhand dieses Buches daran erinnern, nicht nur DIE Flüchtlinge zu sehen, sondern die Einzelschicksale, die dahinter stehen.
Die einem in diesem Buch vielleicht besonders nahe gehen, weil hier zwei erfolgsverwöhnte Menschen aus der Bahn geworfen wurden, durch äußere Umstände, und hier in unserem Land als Bedürftige landen – von uns dann eben nur als "Flüchtlinge" gesehen. "Gott ist nicht schüchtern" bringt uns nah, dass das auch unsere Geschichte sein könnte.