Was fehlt Ihnen in Europa?
Terézia Mora zum Europäischer Autoren-Gipfel: "In Europa fehlt mir mehr Multilateralität. Meine regionale Besonderheit wird ja auch erst sichtbar, wenn ich sie nicht nur meinen eigenen Leuten zeige. Wenn einer also will, dass seine Besonderheit gewürdigt wird, ist der Weg dazu, diese – respektvoller Weise – anderen zu zeigen, mit diesen in Dialog zu treten."
Terézia Mora erhält den Georg-Büchner-Preis
Der Georg-Büchner-Preis geht in diesem Jahr an Terézia Mora. Das gab die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung bekannt. Der mit 50.000 Euro dotierte Preis gilt als renommierteste Literatur-Auszeichnung in Deutschland.
In der Begründung der Jury heißt es: "In ihren Romanen und Erzählungen widmet sich Terézia Mora Außenseitern und Heimatlosen, prekären Existenzen und Menschen auf der Suche und trifft damit schmerzlich den Nerv unserer Zeit. Schonungslos nimmt sie die Verlorenheit von Großstadtnomaden in den Blick und lotet die Abgründe innerer und äußerer Fremdheit aus. Dies geschieht suggestiv und kraftvoll, bildintensiv und spannungsgeladen - mit ironischen Akzenten, irisierenden Anspielungen und analytischer Schärfe."
In einer Familie, die zur deutschen Minderheit gehörte, wuchs sie in einem kleinen ungarischen Dorf nah der Grenze zu Österreich auf. Von Kind an bewegte sie sich in zwei Sprachen: Deutsch und Ungarisch. Nachdem der Eiserne Vorhang gefallen war, zog sie nach Berlin, studierte und begann ihre Karriere als Schriftstellerin – auf Deutsch. Gleich mit ihrer ersten Erzählung gewann sie den Wettbewerb für Nachwuchsschriftsteller "Open Mike", zahlreiche weitere Preise folgten.
Heute gilt sie, die auch mehrere Romane aus dem Ungarischen übersetzt hat, als eine der wichtigsten deutschen Gegenwartsautorinnen und sie ist eine gefragte Dozentin für kreatives Schreiben. Ihr letzter Roman "Das Ungeheuer" wurde mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet.
"Eine großartige Wahl"
Für unsere Literaturkritikerin Maike Albath hat die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung eine ausgezeichnete Wahl getroffen: "Eine großartige Wahl. Ich hätte mir keine bessere vorstellen können. Ich habe mich riesig gefreut, dass es Terézia Mora getroffen hat, weil sie auch so eine vielfältige Schriftstellerin ist. Es ist nicht nur, dass sie ein großes Werk hat, sie ist ja außerdem noch Übersetzerin und hat ein ganz genuines Verhältnis zur Sprache. Sie ist wirklich eine Spracherforscherin und geht hinein in die kleinsten Verwinkelungen auch ihrer Sätze und hat gleichzeitig ein ganz großes Interesse an verschiedenen Themen."
"In Europa fehlt mir mehr Multilateralität"
Terézia Mora, Deutschland/Ungarn: "In Europa fehlt mir mehr Multilateralität. Meine regionale Besonderheit wird ja auch erst sichtbar, wenn ich sie nicht nur meinen eigenen Leuten zeige. Wenn einer also will, dass seine Besonderheit gewürdigt wird, ist der Weg dazu, diese – respektvoller Weise – anderen zu zeigen, mit diesen in Dialog zu treten."
Der Georg-Büchner-Preis wird seit 1951 von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt vergeben. Ausgezeichnet werden Schriftsteller, die in deutscher Sprache schreiben. Die Preisträger müssen "durch ihre Arbeiten und Werke in besonderem Maße hervortreten" und "an der Gestaltung des gegenwärtigen deutschen Kulturlebens wesentlichen Anteil haben". Zu den Preisträgern gehören Gottfried Benn (1951), Heinrich Böll (1967) sowie zuletzt Jürgen Becker (2014), Rainald Goetz (2015) und im vergangenen Jahr der Lyriker Jan Wagner.
"Der Eiserne Vorhang verfolgte mich bis in meine Träume" - In "Studio 9" sprachen wir mit Terézia Mora darüber, welche Bedeutung der Büchner-Preis für sie hat.
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Immer noch männlich dominiert - In "Fazit" antwortete der Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung Ernst Osterkamp auf die Frage, wie der Büchner-Preis sich verändern muss.
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