Christian Adam: Der Traum vom Jahre Null. Autoren, Bestseller, Leser. Die Neuordnung der Bücherwelt in Ost und West nach 1945
Galiani Verlag, Berlin 2016
448 Seiten, 28 Euro
Literatur nach 1945
Das stark beschädigte Brandenburger Tor bei Kriegsende © picture alliance / dpa / RIA Novosti
Anfänge lesen
54:06 Minuten
Die Diktatur des guten Buches spielte in der Entnazifizierung Deutschlands, egal ob in Ost oder in West, eine große Rolle. Christian Adam hat eine Untersuchung über den Buchmarkt der "Stunde Null" in den Jahren nach 1945 vorgelegt.
Acht von 16 Büchern, die bis Anfang der 60er-Jahre in Westdeutschland jeweils über eine Million Exemplare Gesamtauflage erreichten, wurden bereits in der NS-Zeit verkauft.
Zahlreiche Autoren und Akteure aus dem Verlagswesen, die bereits zwischen 1933 und 1945 aktiv waren, konnten ihre Karrieren oft unbehelligt fortsetzen. Ein prominentes Beispiel ist etwa der Verleger Günter Hofé, der nach dem Krieg in der DDR die sogenannte "Wandlungsliteratur" etablierte. Diese (auto-)biografische Literatur sollte u.a. die "politische Wandlung ehemaliger Mitglieder der NSDAP, Offiziere und Berufssoldaten der Hitlerarmee" darstellen und eine Wandlung politischer Überzeugungen suggerieren.
In der BRD wie auch der DDR wurde bald der Schutz der Jugend vor sogenannten "Schund- und Schmutzschriften" – einem bereits aus der Weimarer Republik bekannten Terminus – gefordert. Dabei verband sich die inhaltliche Zensur mit dem Kampf gegen das feindliche System. In der DDR wurden so beispielsweise neben gewaltverherrlichenden Soldatenromanen auch "Materialien über Beatle- und Gammlerunwesen" verteufelt. Bei Taschenkontrollen an ostdeutschen Schulen suchten Lehrer nach "Schundromanen", Autorgrammkarten und anderer "Schmugglerware" aus dem Westen.
Zahlreiche Autoren und Akteure aus dem Verlagswesen, die bereits zwischen 1933 und 1945 aktiv waren, konnten ihre Karrieren oft unbehelligt fortsetzen. Ein prominentes Beispiel ist etwa der Verleger Günter Hofé, der nach dem Krieg in der DDR die sogenannte "Wandlungsliteratur" etablierte. Diese (auto-)biografische Literatur sollte u.a. die "politische Wandlung ehemaliger Mitglieder der NSDAP, Offiziere und Berufssoldaten der Hitlerarmee" darstellen und eine Wandlung politischer Überzeugungen suggerieren.
In der BRD wie auch der DDR wurde bald der Schutz der Jugend vor sogenannten "Schund- und Schmutzschriften" – einem bereits aus der Weimarer Republik bekannten Terminus – gefordert. Dabei verband sich die inhaltliche Zensur mit dem Kampf gegen das feindliche System. In der DDR wurden so beispielsweise neben gewaltverherrlichenden Soldatenromanen auch "Materialien über Beatle- und Gammlerunwesen" verteufelt. Bei Taschenkontrollen an ostdeutschen Schulen suchten Lehrer nach "Schundromanen", Autorgrammkarten und anderer "Schmugglerware" aus dem Westen.
Die 1955 in der DDR erlassene "Verordnung zum Schutze der Jugend" gipfelte letztendlich in erneuten Bücherverbrennungen: Unerwünschte Druckerzeugnisse wurden im Zuge von Propagandamaßnahmen von den Schülern eigenhändig auf den Scheiterhaufen geworfen.
Krieg, Holocaust, Täterschaft und Schuld wurden von der deutsch-deutschen Literatur entweder hartnäckig beschwiegen oder aber beschönigt. Die bis in die jüngste Vergangenheit verlegten Landser-Romane, Heftromane mit Soldatengeschichten, sind ein langlebiges und massenhaft verbreitetes Medium, das diese Verharmlosungen auf die Spitze trieb. Der deutsche Leser verlangte nach einer Generalabsolution, die ihm Schriftsteller und Verleger der Nachkriegszeit mit wenigen Ausnahmen nur allzu bereitwillig erteilten, indem sie die Deutschen als Opfer des Krieges porträtierten.
Krieg, Holocaust, Täterschaft und Schuld wurden von der deutsch-deutschen Literatur entweder hartnäckig beschwiegen oder aber beschönigt. Die bis in die jüngste Vergangenheit verlegten Landser-Romane, Heftromane mit Soldatengeschichten, sind ein langlebiges und massenhaft verbreitetes Medium, das diese Verharmlosungen auf die Spitze trieb. Der deutsche Leser verlangte nach einer Generalabsolution, die ihm Schriftsteller und Verleger der Nachkriegszeit mit wenigen Ausnahmen nur allzu bereitwillig erteilten, indem sie die Deutschen als Opfer des Krieges porträtierten.
(Wiederholung vom 8.5.2016)