Literaturfestival Berlin

Deutsch-arabische Literaturperformance

Haus der Berliner Festspiele
Das Literaturfestival Berlin findet im Haus der Berliner Festspiele statt © picture alliance / dpa
Gernot Wolfram und Ramadan Ali im Gespräch mit Frank Meyer · 11.09.2015
Flüchtlinge begegnen der deutschen Sprache in der Regel zuerst in Form amtlicher Fragebögen. Deren "kalte und komische" Fragen beantworten der Autor Gernot Wolfram, der Musiker und Comedian Ramadan Ali und die Sängerin Cornelia Lanz musikalisch-literarisch.
Labo/Agen - das ist der Titel des Fragebogens, mit dem Einwanderer und Flüchtlinge in Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis beantragen können. Auch der Schriftsteller Gernot Wolfram war als DDR-Ausreisender Mitte der 80er-Jahre mit diesem Bogen konfrontiert. Gemeinsam mit dem syrischen Künstler Ramadan Ali hat er diese Fragebögen zur Grundlage einer literarisch-musikalischen Performance gemacht, die am Sonntag beim Internationalen Literaturfestival Berlin uraufgeführt wird.
Fremdheit als Leitmotiv
"Wir wollten auf keinen Fall ein Flüchtlingsprojekt machen", sagt Gernot Wolfram. "Es gibt genug Künstler, die geflohen sind", so der aus Syrien stammende Comedian und Musiker Ramadan Ali. "Und die sind in Deutschland, und die brauchen eine Chance." Einen Flüchtling nur als Flüchtling auf die Bühne zu stellen, hieße diesen auszunutzen.
Eine der Fragen auf dem Labo/Agen-Fragebogen sei schlicht die nach dem Familienstand, sagt Gernot Wolfram. "Bei dem Thema Familienstand ist es so, dass mir ein junger Syrer erzählt hat, ist aufgebrochen mit seiner Frau und sozusagen verheiratet losgegangen und als Witwer hier angekommen. Weil er sie verloren hat unterwegs, sie ist gestorben aufgrund der Situation der Flucht. So, Familienstand: also nüchtern einzutragen wäre hier verwitwet, aber was ist eigentlich die Geschichte dahinter? Da nachzufragen, da in die Tiefe zu gehen und das auszuleuchten – das versucht der Text."
Eine deutsch-arabische "Winterreise"
Teil der Performance sind auch die deutsche Nationalhymne gespielt auf der Saz und Schuberts Gute Nacht ("Fremd bin ich eingezogen") aus der "Winterreise". Allerdings in einer deutsch-arabischen Fassung, begleitet auf der Saz und mit arabischen Koloraturen versehen. "Das wird ganz anders klingen. Aber das, was als Erfahrung an Schmerz, an Bildern des Ausgegrenztseins in diesem Stück liegt, das wird sich hoffentlich vermitteln, dass das egal ist, ob man das aus einer arabischen oder einer deutschen Perspektive sieht. Fremdheit ist Fremdheit."
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