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Der Gewinner ist Patrick Modiano
Der 69-jährige Patrick Modiano ist in Frankreich sehr bekannt, zählt aber international zu den weniger berühmten Schriftstellern. Seine Werke sind häufiger ins Schwedische als ins Englische übersetzt worden.
Ein Neuling ist Patrick Modiano nicht: Seit 1967 schreibt der Franzose Bücher. Für seine Werke wurde er bereits geehrt: unter anderem mit dem französischen Literaturpreis Prix Goncourt und dem Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur. Der begehrte Literaturnobelpreis wird Modiano zu wirklichem internationalem Ruhm verhelfen, meinen Literaturkritiker. Auch die Schwedische Akademie räumt ein, dass Modiano in erster Linie in seiner Heimat bekannt ist.
Das Werk des am 30. Juli 1945 in Paris geborenen Autoren sei aber sehr zugänglich, versicherte Komitee-Sprecher Peter Englund nach der Preisvergabe. "Man kann gut eines seiner Bücher am Nachmittag lesen, zu Abend essen und ein weiteres Buch am Abend lesen", sagt Komitee-Sprecher Peter Englund. Die Akademie pries Modianos "Kunst der Erinnerung, mit der er die unfassbarsten menschlichen Schicksale evoziert hat und die Lebenswelt der Besatzung bloßlegte". Die Besatzung von Paris durch Truppen des nationalsozialistischen Deutschland wurde dem Schriftsteller quasi als Thema in die Wiege gelegt. Sein Vater hat italienisch-jüdische Wurzeln, seine belgische Mutter war Schauspielerin. Beide trafen sich zur Zeit der Besatzung in Paris.
Helmut Böttinger sagt im Gespräch im Deutschlandradio Kultur: "Bei Modiano geht es um die Zwischenräume, um das Vage, das Unbestimmte, in dem man dann sehr viel Erkenntniswert gewinnen kann, wenn man sich darauf einlässt. Das mich freut besonders, dass hier etwas ausgezeichnet wird, was die ureigene Sprache der Literatur definiert".
Der deutsche Verleger des Literaturpreisträgers, Jo Lendle, Chef des Carl Hanser Verlags, sagt zu dem Deutschlandradio-Korrespondenten Dirk Fuhrig: "Wir freuen uns riesig über die Auszeichnung, es ist eine Auszeichnung für die Literatur (...) die Literatur selbst wurde ausgezeichnet".
Parodie auf Antisemiten
In Frankreich feierte er seinen Durchbruch schon 1968 mit dem Werk "La Place de L'Étoile", einer Parodie auf einen jüdischen Antisemiten, der zur NS-Zeit als Spitzel und Menschenhändler agierte.
Es dauerte bis 2010, bis das Buch ins Deutsche übersetzt wurde. 40 Werke veröffentlichte er im Französischen. Auf Deutsch erschienen ist unter anderem "Voyages de noces" aus dem Jahr 1990 unter dem Titel "Hochzeitsreise". Wieder ging es um das besetzte Paris des Jahres 1941. 2004 kam dann mit "Ein Stammbaum" auch Modianos Autobiografie über seine ersten 21 Lebensjahre heraus.
Modiano ist seit 1970 verheiratet und hat zwei Töchter. Modiano wird nachgesagt, er sei menschenscheu. In seiner Pariser Wohnung soll er alte Telefonbücher, Zeitungen und Landkarten horten. Interviews gab er bislang selten. Und auch für die Nobeljuroren war er vor der Veröffentlichung ihrer Wahl nicht erreichbar, wie Englund sagte.
Es dauerte bis 2010, bis das Buch ins Deutsche übersetzt wurde. 40 Werke veröffentlichte er im Französischen. Auf Deutsch erschienen ist unter anderem "Voyages de noces" aus dem Jahr 1990 unter dem Titel "Hochzeitsreise". Wieder ging es um das besetzte Paris des Jahres 1941. 2004 kam dann mit "Ein Stammbaum" auch Modianos Autobiografie über seine ersten 21 Lebensjahre heraus.
Modiano ist seit 1970 verheiratet und hat zwei Töchter. Modiano wird nachgesagt, er sei menschenscheu. In seiner Pariser Wohnung soll er alte Telefonbücher, Zeitungen und Landkarten horten. Interviews gab er bislang selten. Und auch für die Nobeljuroren war er vor der Veröffentlichung ihrer Wahl nicht erreichbar, wie Englund sagte.
Ngugi Wa Thiong'o war Top-Favorit
Der französiche Schriftssteller stand zwar auf der Wettliste des britischen Büros Ladbrokes unter den Top-Favoriten. Allerdings haben die Zocker auf den Kenianer Ngugi Wa Thiong'o sowie den Japaner Haruki Murakami gewettet. Die Weißrussin Swetlana Alexijewitsch, der syrisch-libanesische Dichter Adonis, der albanische Schriftsteller Ismail Kadare, der norwegische Dramatiker Jon Fosse, der Amerikaner Philip Roth sowie der Österreicher Peter Handke wurden ebenfalls hoch gehandelt.
Mit der Ehrung von Modiano geht der Preis zum 15. Mal nach Frankreich. Das Werk des Schriftstellers thematisiere Erinnerung, Vergessen, Identität und Schuld, erklärte die Schwedische Akademie. Modiano beherrsche die Kunst der Erinnerung, mit der er die unbegreiflichsten menschlichen Schicksale wachgerufen habe. Der Franzose schreibe "sehr elegante Bücher, aber sie sind nicht schwierig zu lesen".
Modiano verfasste rund 30 Bücher, vor allem Romane, aber auch einige Kinderbücher. Modianos Romane sind meist kurz gehalten.
Alice Munro nicht ganz oben auf der Wettliste
Die Nobelpreisträgerin bekommt 8.000.000 Schwedische Kronen (das sind rund 880.000 Euro). Die Verleihung wird am 10. Dezember in Stockholm gefeiert. Im vergangenen Jahr erhielt die Kanadierin Alice Munro den international wichtigsten Literaturpreis.
Die Wettliste war nie ein Garant: Im vergangenen Jahr wurde die Kanadierin Alice Munro mit dem Preis geehrt. Ladbrokes führte sie damals kurz vor Schluss unter den Top Fünf der Favoriten. 210 Autoren wurden der Schwedischen Akademie in diesem Jahr für den Nobelpreis vorgeschlagen. Darunter waren 36 neue Namen.
dpa/oma