Literaturnobelpreisträgerin

    Doris Lessing ist tot

    Doris Lessing ist im Alter von 94 Jahren gestorben. Die Literaturnobelpreisträgerin sei am frühen Sonntag friedlich eingeschlafen, teilte ihr Verleger in London mit. In zahlreichen Werken beschäftigte sie sich mit Rassismus, Frauenrechten und anderen gesellschaftlichen Themen.
    "Es war ein Privileg, für sie zu arbeiten, und wir werden sie sehr vermissen", sagte ihr Agent und langjähriger Freund Jonathan Clowes. Er würdigte Lessing als "wundervolle Schriftstellerin mit einem faszinierenden und einzigartigen Geist" Lessings Verleger Nicholas Pearson vom Verlag HarperCollins nannte seine Autorin "ein großes Geschenk an die Weltliteratur".
    "Das Goldene Notizbuch" wurde ihr bekanntestes Buch
    Die britische Schriftstellerin schrieb mehr als 50 literarische Werke. Eines ihrer bekanntesten Bücher ist "Das goldene Notizbuch" ("The Golden Notebook"), das 1962 erschien. Es wurde eines der zentralen literarischen Werke des Feminismus, Lessing selbst lehnte die Titulierung als Feministin allerdings stets ab.
    Viele ihrer Romane spiegelten ihre eigene Reise durch das ehemalige britische Weltreich wider, so auch in "The Grass is Singing". In diesem Buch beschrieb sie Rassismus und Ausbeutung im kolonialen Afrika. In ihrem ersten Roman von 1950, "Eine afrikanische Tragödie", schilderte Lessing die Liebesbeziehung zwischen der weißen Frau eines Farmers und ihrem schwarzen Diener. 2007 wurde sie mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet.
    Aus Persien über Afrika nach England
    Die als Doris May Tayler 1919 im heutigen Iran geborene Offizierstochter zog mit ihrer Familie 1925 in die britische Kolonie Südrhodesien (heute Simbabwe), wo sie auf einer Farm aufwuchs. Nach Kloster- und Mädchenschule brach die 14-Jährige ihre Schullaufbahn ab und arbeitete in Salisbury, dem heutigen Harare, als Kindermädchen, später als Telefonistin, Sekretärin und Journalistin.
    1945 heiratete sie in zweiter Ehe den deutschen Kommunisten Gottfried Lessing, wodurch sie Schwägerin von Klaus Gysi, dem späteren Minister für Kultur und Staatssekretär für Kirchenfragen der DDR wurde und Tante von dessen Sohn Gregor Gysi, dem heutigen Fraktionschef der Partei Die Linke im Bundestag.
    Seit 1949 lebte die Schriftstellerin in England. Wie ihre Protagonistinnen aus "Das Goldene Notizbuch" engagierte sich Lessing politisch, unter anderem gegen Atomwaffen, Kolonialismus, Rassismus und gegen das Apartheid-Regime in Südafrika. Ihre Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei Großbritanniens kündigte sie nach der Niederschlagung des Ungarnaufstandes 1956 und Enthüllungen über die Gräuel des Stalinismus auf.
    "Ikone der Frauenbewegung"
    Mit warmen, lobenden Worten nehmen die Feuilletons Abschied von Doris Lessing. "Eine Ikone der Frauenbewegung, die mit ihrem 'Goldenen Notizbuch' Emanzipationsgeschichte schrieb", heißt es in der WELT.
    "Ihre Themen wuchsen vom privaten ins apokalyptische, als in den Siebzigern die Bedrohung durch atomare Rüstung und Naturzerstörung in ihre Bücher einzog", schreibt die FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG.
    Und die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG meint: "Was sie hinterlässt, ist nicht weniger als eine Welt: ein über fünfzig Bücher umfassendes, aus Romanen, Erzählungen, autobiografischen Texten, Essays, Reiseberichten und anderem Verstreuten mehr bestehendes Oeuvre, dessen Vielfalt eigentlich jeden resümierenden Blick verbietet oder vielmehr für unmöglich erklärt. Und genau das hat sie gewollt. 'Gehen Sie mir weg mit Etiketten', konnte sie mit freundlicher Schärfe sagen, 'ich bin eine Geschichtenerzählerin, nichts anderes'." Unsere Kulturpresseschau fasst die Stimmen aus den Feuilletons zusammen.
    Mehr zum Thema