Mehr als die Neurotische aus den Bergman-Filmen
Ausgezeichnet mit dem Golden Globe, für den Oscar nominiert – trotzdem ist Liv Ullmann vor allem als die frühere Partnerin von Ingmar Bergman bekannt. Doch lieber spricht die 80-Jährige über ihr anderes künstlerisches Leben ohne den Kultregisseur.
Dass sie Schauspielerin werden wollte, wusste Liv Ullmann früh. Doch der Start war holprig. Bei der Schauspielschule in Oslo blitzte sie mehrmals ab. Also ging sie erst nach London und spielte dann in Norwegen Theater. Mit 19 tauchte sie zum ersten Mal in einem Film auf.
"Das war ja nur eine Statistenrolle. Ich war jung und sah entsprechend aus. Ich sollte eine Treppe hinaufgehen und mich von einem Mann mit einem Lasso fangen lassen. Das war alles. Aber ich war unglaublich stolz und fühlte mich wie ein Filmstar."
"Persona" brachte den internationalen Durchbruch
Zum Star wurde Ullmann wenige Jahre später. Mitte der 60er Jahre traf sie den schwedischen Filmemacher Ingmar Bergman. Der 20 Jahre älteren Mann kam ihr nicht nur mit der Kamera nah. Sie wurden ein Paar. Im Jahr 1966 kam ihre Tochter Linn zur Welt. Ullmann und Bergman landeten mit "Persona" einen internationalen Erfolg.
"Der Durchbruch kam mit Ingmar Bergmans Filmen, ‚Emigranten‘ war wichtig. Dafür habe ich meine erste Oscar-Nominierung erhalten. Als ich nach Hollywood kam, hat man mich nicht mehr nur als die Neurotische aus den Bergman-Filmen gesehen. Dort fanden mich alle niedlich und hübsch und boten mir alle möglichen Filmrollen an."
Hollywood riss sich um die Norwegerin. Der Film "Emigranten" brachte Ullmann nicht nur die Oscar-Nominierung. Sie gewann den Golden Globe. Damit hatte sie endgültig den Status: Weltstar. Der größte Erfolg mit Bergman wurde aber "Szenen einer Ehe" im Jahr 1973.
Heute blickt Ullmann zufrieden zurück - nicht nur auf ihre Karriere als Schauspielerin. Sie engagiert sich unter anderem für das UN-Kinderhilfswerk Unicef.
"Ich hatte ein phantastisches Leben mit vielen Möglichkeiten. Ich war Autorin, habe Theater gespielt, ich durfte für verschiedene Organisationen arbeiten, und das war wohl das Wichtigste in meinem Leben. Gleichzeitig war ich alleinerziehende Mutter und gab mein Bestes."
Bergman war besitzergreifend
Nach fünf Jahren ging die Beziehung zu Bergman zu Bruch. Ullmann empfand ihr Haus als ein Gefängnis. Bergman sei besitzergreifend und eifersüchtig gewesen. Tochter Linn wuchs also bei der Mutter auf.
Linn Ullmann: "Ich erinnere mich, dass ich meine Mutter als Kind mit unglaublicher Sehnsucht liebte. Ich liebe sie natürlich immer noch, aber damals war diese Liebe beinahe sprachlos, ganz physisch."
Linns Eltern blieben nach der Trennung Freunde – und arbeiteten weiter zusammen. Zuletzt in "Sarabande", Bergmans letzter Film vor seinem Tod vor elf Jahren.
Ullmann wehrt sich bis heute dagegen, auf ihre Arbeit mit Bergman reduziert zu werden. Im Sommer wurde sie bei einer Podiumsdiskussion in Norwegen gefragt, ob er der Grund für ihre Karriere war.
"Nein, das war er nicht. Aber er war einer der besten Regisseure, mit denen ich zusammengearbeitet habe. Er hat viel dazu beigetragen, dass ich nach Amerika kam. Mit seinen Filmen im Gepäck war ich gut ausgestattet. Und er hat an mich geglaubt."
"Wissen Sie, sie ist ein tolles Mädchen"
Ullmann betont, die Zusammenarbeit mit Bergman sei nur ein Teil ihres Schaffens. Der schwedische Regisseur hatte dafür Verständnis – wie er sich in einem Fernsehinterview in den 80er Jahren erinnerte.
"Wissen Sie, sie ist ein tolles Mädchen. Aber sie hat es satt, dass ihr immer Fragen zu mir gestellt werden. Darauf hat sie keine Lust mehr, und das kann ich gut verstehen."
Auf das Filmemachen hat Ullmann immer noch Lust. Sie pendelt zwischen den USA und Norwegen. Führt Regie und steht auch auf der Bühne.