Verdis Requiem als Erinnerung an die Holocaust-Opfer
Musik als Mittel zum Überleben: im KZ Theresienstadt war das nicht nur abgehobene Rhetorik. Die gemeinsamen Aufführungen stärkten das Zusammengehörigkeitsgefühl und die individuellen Widerstandskräfte. Dabei erklang 1943 und 44 auch Verdis "Requiem".
Eine Totenmesse als Zeichen der Hoffnung: das scheint nur vordergründig abwegig. Denn für die in Theresienstadt Internierten ging es ja nicht zuletzt darum, den dort Verstorbenen ebenso wie den weiter Deportierten, von deren Schicksal man nichts mehr erfuhr, ein Gedenken zu bewahren, welches den Glauben einschließen konnte, dass ein irdisches Ende – wie grausam auch immer – vielleicht dennoch nicht das letzte Wort sein müsste. Verdis Musik, für deren Innigkeit und manchmal auch pure Schönheit die Utopie eines Weiterlebens jenseits des Einzelschicksals prägend ist, war dafür besonders gut geeignet.
16 – auswendig einstudierte – Aufführungen des Werkes gab es zwischen Oktober 1943 und dem Juni des Folgejahres. Nach jeder Deportationswelle musste ein Teil der Sänger ersetzt werden, 1944 wurde schließlich auch Rafael Schächter, der Initiator und Dirigent dieser wie weiterer Aufführungen – zum Beispiel von Smetanas "Verkaufter Braut" – umgebracht. Am Ende überlebte gerade ein reichliches Zehntel der insgesamt rund 140 000 Theresienstädter Häftlinge den Holocaust. Für diese wenigen Geretteten wie für jene, denen die Musik vielleicht ein letztes Mal Kraft, Hoffnung und Gemeinschaftsgefühl vermitteln konnte, waren die Aufführungen Fanale eines inneren Widerstandes – nicht nur gegen die physische Vernichtung, sondern auch dagegen, als Juden quasi aus der europäischen Kulturentwicklung ausgeschlossen zu werden.
Die Erfurter Achava-Festspiele, die sich dem interreligiösen und –kulturellen Dialog verpflichtet fühlen – das hebräische Wort "Achava" (Brüderlichkeit) steht als Symbol dafür – widmen die Aufführung des Verdi-Requiems im Dom der thüringischen Landeshauptstadt dem Gedenken an die damaligen Mitwirkenden und ihrem Glauben an die tröstende, Mut schaffende und verbindende Kraft der Musik.
Achava Festspiele Thüringen
Achava Festspiele Thüringen
Live aus dem Dom St. Marien Erfurt
Giuseppe Verdi
Giuseppe Verdi
Messa da Requiem
Catherine Foster, Sopran
Catherine Foster, Sopran
Nadine Weissmann, Alt
Jaesig Lee, Tenor
Wilhelm Schwinghammer, Bass
MDR Rundfunkchor
MDR Rundfunkchor
Staatskapelle Weimar
Leitung: Kirill Karabits