Live aus der MET: George Gershwins genialer Wurf

"Porgy and Bess"

Bess umarmt Porgy, der mit geschlossenen Augen eines ihrer Handgelenke innig umfasst..
Porgy (Eric Owens) und Bess (Angel Blue) träumen trotz aller Widerstände von einem gemeinsamen Leben. © Met Opera / Paola Kudacki
01.02.2020
„Porgy and Bess“ von George Gershwin ist „die“ amerikanische Oper schlechthin, die im schwarzen Viertel Catfish Row in South Carolina spielt. Die Premiere 1935 war ein großer Erfolg, der aber erst nach Jahrzehnten in großen Opernhäuser gespielt wurde.
In Catfish Row, einem schwarzen Stadtteil der Hafenstadt Charleston in South Carolina, herrscht das Gesetz der Straße. Die Menschen vertreiben sich die Zeit und versuchen – irgendwie - zu überleben. Unter ihnen der verkrüppelte Porgy und die leichtlebige Bess.
Porgy sitzt zwischen seinen Freunden, seine Gehhilfe lehnt dabei an einem Knie.
Porgy (Eric Owens) muss in der aktuellen Inszenierung an der MET seine Gehhilfe immer Griffbereit haben.© Met Opera / Ken Howard
Zwischen den beiden beginnt eine Liebesgeschichte: turbulent, mit zart aufkeimenden Hoffnungen, als Bess verspricht, ein neues Leben mit Porgy zu beginnen. Doch der Traum platzt: Porgy bringt seinen brutalen Nebenbuhler Crown um und Bess kehrt am Ende doch in ihr altes Leben, zu Drogen und Freiern, zurück. Eine Geschichte ohne Happy End.
Porgy bleibt nur die Hoffnung, er steigt auf seinen alten Ziegenkarren, ohne den er sich nicht fortbewegen kann, und sucht nach seiner geliebten Bess.

Zündende Kurzgeschichte

Als George Gershwin in einer Nacht 1926 die Kurzgeschichte des Versicherungsangestellten aus Charlston Heyward über den bettelnden Krüppel Porgy las, war er so fasziniert, dass er noch im Morgengrauen einen Brief an den Autor schrieb und ihn bat, eine Oper aus dieser Geschichte machen zu dürfen.
Der Komponist war damals noch keine 28 Jahre alt. Mit seiner "Rhapsodie in Blue" hatte er sich einen Namen als seriöser Komponist gemacht. Bekannt war Gershwin aber vor allem als genialer Liedkomponist, der es immer schaffte, dass man schon nach wenigen Tönen seine Handschrift erkennen konnte.

Meilenstein des amerikanischen Musiktheaters

Die Arbeit an "Porgy and Bess" begann Gershwin im Sommer 1934. Es dauerte aber noch eineinhalb Jahre, bis die "American Folk Opera" fertig war. Die Oper war eine Attraktion und ein Wagnis zugleich, denn die Geschichte spielte in einem rauen schwarzen Hafenviertel, in dem die Gewalt Alltag war und in dem noch den Dialekt der Sklaven – der Gullah-Dialekt – gesprochen wurde. Das gab es dahin auf noch keiner Bühne.

Tumultartige Szenen in der Premiere

Die Premiere im Oktober 1935 auf einer Broadway-Bühne feierte das Publikum mit tumultartigen Szenen. Die Kritiker jedoch, waren geteilter Meinung. Nach 124 Aufführungen wurde das Stück vom Spielplan gestrichen. Als Gershwin nur kurz darauf mit 39 Jahren an einem Gehirntumor starb, wurde die Partitur von den Testamentsvollstreckern gar als "wertlos" eingestuft. Doch Lieder wie "Summertime" oder "I Got Plenty o' Nuttin" waren in der Welt und nicht mehr aus dem kollektiven Gedächtnis zu streichen.
Das gesamte Ensemble der MET tanzt mit zum Teil hochgerissenen Armen.
Gershwins Oper "Porgy and Bess" ist voller mitreißender Tanzszenen.© Met Opera / Ken Howard
Gut drei Jahrzehnte nach der Uraufführung setzte die Houston Grand Opera in Texas (1976) das Stück auf den Spielplan. Die MET in New York feierte erst 1985 Premiere. Jetzt ist "Porgy and Bess" wieder zu erleben.
Live aus der Metropolitan Opera New York
George Gershwin
"Porgy and Bess"
Oper in drei Akten
Libretto: Edwin DuBose Heyward (mit Texten von Ira Gershwin)

Bess – Angel Blue, Sopran
Clara – Golda Schultz, Sopran
Serena – Latonia Moore, Sopran
Maria – Denyce Graves, Mezzosopran
Schmuggler – Frederick Ballentine, Tenor
Porgy – Eric Owens, Bariton
Crown – Alfred Walker, Bassbariton
Jake - Donovan Singletary, Bariton
u.a.
Chor und Orchester der MET
Leitung: David Robertson

gg. 21.20 Uhr Pause:
"Du bist der Abraham Lincoln der Negroe-Music"
George Gershwins "Porgy and Bess" und die schwarze Kultur in den USA
Von Markus Vanhoefer
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