"Ein großartiger Abend und im Konzertsaal gab es eine tolle Energie"
Ein sehr besonderer Abend sei das gewesen, erinnert sich Schlagzeuger Magnus Öström an seinen Auftritt mit dem Esbjörn Svensson Trio 2005 im Londoner Barbican Centre. Nun erscheint der überarbeitete Mitschnitt "Live in London".
Der schwedische Schlagzeuger Magnus Öström ist mittlerweile seit Jahrzehnten eine wichtige Konstante in der internationalen Jazzwelt. Unvergessen ist bis heute sein Mitwirken im Trio E.S.T. – also dem Esbjörn Svensson Trio. Dieses hat in den 90er und Nuller Jahren das Format Piano-Trio neu belebt und vielen nachfolgenden Generationen an Musikern wichtige Inspirationen gegeben, das Piano-Trio-Format weiter zu beackern.
Das Trio E.S.T. fand leider ein schreckliches Ende. Pianist Esbjörn Svensson starb 2008 auf tragische Weise bei einem Tauchunfall in seiner schwedischen Heimat. Aus Anlass seines zehnten Todestages erscheint nun ein Live-Mitschnitt der Band, aufgenommen im Barbican Centre in London im Jahr 2005. - Wie muss man sich rückblickend die Arbeit Ihres Trios vorstellen? Was machte den Zauber dieser Band vor allem aus?
Magnus Öström: Das ist nicht leicht zu beantworten. Mit etwas Abstand kann ich mittlerweile sagen: Die große Energie – auch wenn das vielleicht ein Klischee ist – die wir zusammen hatten, war mehr als die Addierung unserer individuellen Energie. Esbjörn und ich sind ja schon zusammen aufgewachsen, haben schon früh eine eigene Sprache in unserer Musik entwickelt und hatten auf der Bühne sicher etwas Telepathisches. Zudem sind wir stets sehr offen an die Musik herangegangen. Es ging dabei nie um Jazz, Pop oder Rockmusik. Es ging um unsere Musik, und um unseren Sound.
Magnus Öström: Das ist nicht leicht zu beantworten. Mit etwas Abstand kann ich mittlerweile sagen: Die große Energie – auch wenn das vielleicht ein Klischee ist – die wir zusammen hatten, war mehr als die Addierung unserer individuellen Energie. Esbjörn und ich sind ja schon zusammen aufgewachsen, haben schon früh eine eigene Sprache in unserer Musik entwickelt und hatten auf der Bühne sicher etwas Telepathisches. Zudem sind wir stets sehr offen an die Musik herangegangen. Es ging dabei nie um Jazz, Pop oder Rockmusik. Es ging um unsere Musik, und um unseren Sound.
"Das Konzert in London war sehr besonders"
Matthias Wegner: Man könnte wahrscheinlich Stunden über dieses wunderbare Trio reden, aber wir werden versuchen, uns dem Ganzen weiter anzunähern. Die Musik auf dem neuen Album E.S.T. "Live in"-Album wurde im Jahr 2005 im Barbican Centre in London aufgenommen, also drei Jahre vor dem tragischen Tod von Esbjörn. Wie nah ist und war Ihnen noch dieses Konzert, bevor das Konzert nochmal überarbeitet wurde?
Öström: Es war eines jener Konzerte, über das wir noch zu dritt gesprochen hatten. Es gibt ja so einige Live-Mitschnitte von uns, die wir uns immer mal wieder angehört haben, aber das Konzert in London war sehr besonders. Es war ein großartiger Abend und im Konzertsaal gab es eine tolle Energie. Das Barbican Centre ist ja riesig und vor allem für klassische Musik geeignet. Trotz der Größe – es waren 2000 Leute da – fühlte es sich sehr intim an, dort zu spielen. Wir hatten ohnehin immer eine gute Verbindung zum britischen Publikum. Es war einfach ein sehr schöner Abend.
Wegner: Warum hat es dann doch immerhin 13 Jahre gedauert bis sie den Live-Mitschnitt aus dem Barbican-Centre herausgebracht haben?
Öström: Ein Grund ist sicher, dass wir schon das Album "Live in Hamburg" veröffentlicht hatten, im Jahr 2007. Das war ein wichtiges Live-Statement für uns. Dann kam es zu diesem tragischen Unfall mit Esbjörn. Wir hatten – wie gesagt – noch zu seinen Lebzeiten über eine Veröffentlichung nachgedacht. Doch nach seinem Tod war alles anders – und wir haben uns erst vor wenigen Jahren nochmal daran gemacht und es neu abgemischt, - um es zu haben, falls es doch mal die Gelegenheit geben sollte, das Konzert zu veröffentlichen. Nun war die Zeit reif. Und wir können unsere Musik nun schon wieder einer neuen Generation näherbringen. Esbjörn ist jetzt zehn Jahre tot, die Zeit rast. Und wir wollten mit der Veröffentlichung auch an ihn erinnern, zu seinem Todestag.
Öström: Es war eines jener Konzerte, über das wir noch zu dritt gesprochen hatten. Es gibt ja so einige Live-Mitschnitte von uns, die wir uns immer mal wieder angehört haben, aber das Konzert in London war sehr besonders. Es war ein großartiger Abend und im Konzertsaal gab es eine tolle Energie. Das Barbican Centre ist ja riesig und vor allem für klassische Musik geeignet. Trotz der Größe – es waren 2000 Leute da – fühlte es sich sehr intim an, dort zu spielen. Wir hatten ohnehin immer eine gute Verbindung zum britischen Publikum. Es war einfach ein sehr schöner Abend.
Wegner: Warum hat es dann doch immerhin 13 Jahre gedauert bis sie den Live-Mitschnitt aus dem Barbican-Centre herausgebracht haben?
Öström: Ein Grund ist sicher, dass wir schon das Album "Live in Hamburg" veröffentlicht hatten, im Jahr 2007. Das war ein wichtiges Live-Statement für uns. Dann kam es zu diesem tragischen Unfall mit Esbjörn. Wir hatten – wie gesagt – noch zu seinen Lebzeiten über eine Veröffentlichung nachgedacht. Doch nach seinem Tod war alles anders – und wir haben uns erst vor wenigen Jahren nochmal daran gemacht und es neu abgemischt, - um es zu haben, falls es doch mal die Gelegenheit geben sollte, das Konzert zu veröffentlichen. Nun war die Zeit reif. Und wir können unsere Musik nun schon wieder einer neuen Generation näherbringen. Esbjörn ist jetzt zehn Jahre tot, die Zeit rast. Und wir wollten mit der Veröffentlichung auch an ihn erinnern, zu seinem Todestag.
Wegner: Ihre Live-Konzerte waren insgesamt legendär. Es war immer wieder ein großes Erlebnis diesem Trio beizuwohnen. Wäre es nicht im Grunde fast lohnenswert, jedes mitgeschnittene Konzert von E.S.T. noch herauszubringen?
Öström: Wir haben natürlich nicht jedes unserer Konzerte aufgenommen. Zudem habe ich Zweifel daran, dass unsere Plattenfirma eine 500-CD-Box mit unserer Musik veröffentlichen würde. In unserem Trio haben wir uns oft über Qualität unterhalten, die uns sehr wichtig war. Wir mussten schon sehr zufrieden mit unserer Musik sein, um etwas zu veröffentlichen. Mit dem Album "Live in Hamburg" haben wir die späte Phase des Trios dokumentiert. Diese Aufnahme aus London entstand ein wenig früher. Und es gibt nur einen Titel, den wir auf beiden Konzerten gespielt haben: "Behind the Yashmark". Durch das London-Konzert können wir also diese frühere Phase unseres Trios sehr schön dokumentieren.
Wegner: Gab es denn bei aller Spontaneität auf der Bühne und bei aller Kreativität auch so etwas wie Routine – oder zumindest Dinge, die immer präsent waren und auf denen sich alles andere aufbaute? Gab es auch viele Verabredungen?
Öström: Wir haben uns vor den Konzerten nie auf eine Playlist festgelegt. Das war für uns wichtig, um stets "im Moment" zu spielen und um sich stark zu fokussieren. Aber meist gab es auch gerade ein aktuelles Album und die jeweiligen Songs waren noch recht präsent. Aber genau wusste man nicht, was kommen würde und das war sehr wichtig für uns. Meist war es so, dass Esbjörn einen Song anfing und wir diesen hoffentlich erkannten. Ich kann mich gut daran erinnern, dass ich manchmal auf der falschen Fährte war. Gerade meine Schlagzeugstöcke einsetzte und plötzlich merkte, dass es sich um ein anderes Stück handelte, bei dem ich besser mit meinen Besen spielen sollte.
So etwas passierte durchaus. Aber wir wollten keine Routine. Natürlich gab es ja die Songs. Die haben wir auch nicht jedes Mal komplett verändert. Ich spielte mehr oder weniger die gleichen Grooves, habe dann eher im Detail Dinge verändert. Über die Jahre haben sich dann die Teile zwischen den Songs immer mehr ausgedehnt. Aber ansonsten waren unsere Stücke oft sehr prägnant, im Grunde wie Popsongs. Wir wollten sie daher immer so gut wie möglich spielen und interpretieren.
"Auf den Schultern der Leute, die schon vorher da waren"
Wegner: Sie haben viele nachfolgende Musiker und vor allem Trios inspiriert und sie haben mit E.S.T. damals ganz entscheidend mit zur Revitalisierung des Piano-Trios-Formates beigetragen. Spüren Sie da heute immer noch? Bekommen Sie immer noch so gute Resonanzen?
Öström: Das kann man durchaus so sagen. Als es die Band noch gab, hat man nicht unbedingt realisiert, wie einflussreich unser Trio war. Aber mit etwas Abstand war es sicher so. Das haben mir die Leute zumindest immer wieder bestätigt. Man kann das bei einigen Bands ja auch hören. Aber so soll es sein. Wir wurden ja auch beeinflusst und inspiriert von anderen. Man steht immer auf den Schultern der Leute, die schon vorher da waren. Das hat ja auch mit Respekt zu tun, den wir bis heute auch noch bekommen. An Anfang ist man noch sehr nah an seinen Einflüssen dran, doch dann muss man seinen eigenen Weg finden. Darum geht es in der Musik.
Wegner: Ihr Trio ist ja auch nicht einfach so vom Himmel gefallen, auch sie hatten selbstverständlich Referenzgrößen. Woher bekamen sie damals – in den 90er Jahren ihre Inspirationen?
Öström: Wir sind mit ganz verschiedener Musik aufgewachsen. Aber wenn ich an Piano-Trios denke, bekamen wir natürlich auch von Leuten wie Bill Evans oder Keith Jarrett wichtige Inspirationen. Speziell das Keith Jarrett Trio mit Charlie Haden und Paul Motian war sehr wichtig für uns. Aber Esbjörn hat zum Beispiel auch ganz viel klassische Musik gehört. Bartok, Schostakowitsch und solche Sachen. Wir waren offen für ganz viele Dinge und natürlich auch für andere Dinge. Ein ganz besonderes Erlebnis hatte ich einmal in einem Bus, in dem ich mitfuhr. Es war ein alter Bus und immer wenn wir an einer roten Ampel hielten, hörte man den Motor besonders gut. Er war so groovy. Vermutlich war irgendetwas an dem Motor nicht ganz in Ordnung, aber er hat phantastisch geswingt. Also auch solche Dinge haben Spuren bei uns hinterlassen. Und auch die Live-Konzerte haben uns immer wieder inspiriert.
Wegner: Es wurde ja immer wieder gerne mal gesagt, E.ST. war eine Rockband, die Jazz spielen würde. War das auch in Ihrem Sinn?
Öström: Ich weiß nicht, das ist schwer zu sagen. Es ist immer einfacher, wenn man das von außen betrachtet. Aber wir stammen ja nun aus einer Generation, die mit Pop und Rockmusik aufgewachsen ist – und in diesem Sinne mag das stimmen. Wir haben uns auch immer bemüht, unsere Sachen zu transportieren. Wir wussten immer: Es gibt Leute, die unsere Musik mögen, die aber nicht in einen Jazzclub gehen würden. Was haben wir gemacht? Wir haben an ganz vielen verschiedenen Orten gespielt. Wir gingen in Cafes, Kirchen, überall hin. Wir wollten unsere Musik verbreiten. Vor allem am Anfang spielten wir überall. Wir haben uns nicht gesagt, unsere Musik ist so toll, dass die Leute zu uns kommen werden. Wir haben die Musik vielmehr zu den Menschen hingebracht. Ich glaube, nur so funktionierte das auch.
Öström: Das kann man durchaus so sagen. Als es die Band noch gab, hat man nicht unbedingt realisiert, wie einflussreich unser Trio war. Aber mit etwas Abstand war es sicher so. Das haben mir die Leute zumindest immer wieder bestätigt. Man kann das bei einigen Bands ja auch hören. Aber so soll es sein. Wir wurden ja auch beeinflusst und inspiriert von anderen. Man steht immer auf den Schultern der Leute, die schon vorher da waren. Das hat ja auch mit Respekt zu tun, den wir bis heute auch noch bekommen. An Anfang ist man noch sehr nah an seinen Einflüssen dran, doch dann muss man seinen eigenen Weg finden. Darum geht es in der Musik.
Wegner: Ihr Trio ist ja auch nicht einfach so vom Himmel gefallen, auch sie hatten selbstverständlich Referenzgrößen. Woher bekamen sie damals – in den 90er Jahren ihre Inspirationen?
Öström: Wir sind mit ganz verschiedener Musik aufgewachsen. Aber wenn ich an Piano-Trios denke, bekamen wir natürlich auch von Leuten wie Bill Evans oder Keith Jarrett wichtige Inspirationen. Speziell das Keith Jarrett Trio mit Charlie Haden und Paul Motian war sehr wichtig für uns. Aber Esbjörn hat zum Beispiel auch ganz viel klassische Musik gehört. Bartok, Schostakowitsch und solche Sachen. Wir waren offen für ganz viele Dinge und natürlich auch für andere Dinge. Ein ganz besonderes Erlebnis hatte ich einmal in einem Bus, in dem ich mitfuhr. Es war ein alter Bus und immer wenn wir an einer roten Ampel hielten, hörte man den Motor besonders gut. Er war so groovy. Vermutlich war irgendetwas an dem Motor nicht ganz in Ordnung, aber er hat phantastisch geswingt. Also auch solche Dinge haben Spuren bei uns hinterlassen. Und auch die Live-Konzerte haben uns immer wieder inspiriert.
Wegner: Es wurde ja immer wieder gerne mal gesagt, E.ST. war eine Rockband, die Jazz spielen würde. War das auch in Ihrem Sinn?
Öström: Ich weiß nicht, das ist schwer zu sagen. Es ist immer einfacher, wenn man das von außen betrachtet. Aber wir stammen ja nun aus einer Generation, die mit Pop und Rockmusik aufgewachsen ist – und in diesem Sinne mag das stimmen. Wir haben uns auch immer bemüht, unsere Sachen zu transportieren. Wir wussten immer: Es gibt Leute, die unsere Musik mögen, die aber nicht in einen Jazzclub gehen würden. Was haben wir gemacht? Wir haben an ganz vielen verschiedenen Orten gespielt. Wir gingen in Cafes, Kirchen, überall hin. Wir wollten unsere Musik verbreiten. Vor allem am Anfang spielten wir überall. Wir haben uns nicht gesagt, unsere Musik ist so toll, dass die Leute zu uns kommen werden. Wir haben die Musik vielmehr zu den Menschen hingebracht. Ich glaube, nur so funktionierte das auch.