Ein deutscher "Western" - Das Interview mit Regisseurin Valeska Griesebach:
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Von Certain Regard bis Virtual Reality
Wie inszeniert man einen Western an der bulgarisch-griechischen Grenze? Wie erlebt man das wichtigste Filmfestival der Welt als Filmstudent? Und wie sieht die Zukunft des Kinos aus? Diese und andere Fragen sind Thema in "Vollbild" live von den Filmfestspielen in Cannes.
In einer Sondersendung mit Susanne Burg und Patrick Wellinski sendet "Vollbild" live aus Cannes von der 70. Auflage der Internationalen Filmfestspiele.
Valeska Grisebach und ihr Film "Western"
Die deutsche Regisseurin Valeska Grisebach haben wir über ihren dritten Spielfilm "Western" gesprochen, den sie über einen langen Zeitraum gemeinsam mit nicht-professionellen Darstellern konzipiert hat. Er wurde in Cannes in der renommierten Nebenreihe Un Certain Regard gezeigt.
Der Film folgt deutschen Bauarbeiten in die bulgarische Fremde. Er erzählt mit den Mustern des Western-Genres von der schwierigen Annäherung zwischen Dorfbevölkerung und den Arbeitern. Er reflektiert auch, was es bedeutet im heutigen Europa deutsch zu sein.
Die Premiere ihres Films schildert Grisebach als "bewegenden Moment". Sie schätze das Filmfestival in Cannes, wo großartige Filme liefen und "sehr zeitgenössisches" Kino verhandelt werde:
"Von daher ist es ganz großartig, dass Western da jetzt auch dabei sein dürfen."
"Abenteuerstimmung" an der bulgarisch-griechischen Grenze
"Western" spielt an der bulgarisch-griechischen Grenze, wo die Bauarbeiter ein Wasserwerk errichten sollen. Sie habe bei ihren Reisen durch Rumänien und Bulgarien gezielt nach einem bestimmten Ort gesucht, sagt die Regisseurin - dort sollten zwei unterschiedliche Perspektiven auf Europa zusammentreffen:
"Auf der anderen Seite war es mir auch wichtig, dass dieser Ort, diese Landschaft so etwas wie eine Abenteuerstimmung kreiert, so eine Erwartungshaltung, die die Männer dann da auch vor Ort haben. Und dass sie erst einmal denken: 'Da ist nichts.' Sie können diesen Ort auch nicht in Besitz nehmen."
"Auf der anderen Seite war es mir auch wichtig, dass dieser Ort, diese Landschaft so etwas wie eine Abenteuerstimmung kreiert, so eine Erwartungshaltung, die die Männer dann da auch vor Ort haben. Und dass sie erst einmal denken: 'Da ist nichts.' Sie können diesen Ort auch nicht in Besitz nehmen."
Kein "Western" ohne Duell
Die unterschiedlichen Haltungen dem Fremden gegenüber kulminieren in dem Duell zwischen den Hauptfiguren Meinhard und Vincent. An ihren Konflikten habe sie auch verschiedene Motive des Genres Western ausspielen können, erzählt Grisebach:
"Was ich an diesem Genre besonders spannend finde, ist diese Ambivalenz. Es gibt zum einen diesen Moment von der Suche nach Freiheit und Unabhängigkeit. Und gleichzeitig schlummert darin auch vielleicht der Wunsch, doch irgendwo anzukommen und zu Hause zu sein."
"Was ich an diesem Genre besonders spannend finde, ist diese Ambivalenz. Es gibt zum einen diesen Moment von der Suche nach Freiheit und Unabhängigkeit. Und gleichzeitig schlummert darin auch vielleicht der Wunsch, doch irgendwo anzukommen und zu Hause zu sein."
Der Deutsche und die Behauptung des "Hochstatus"
Grisebach verfolgte bei ihrem Film weitere Fragestellungen: Was bedeutet es, ein Deutscher in der Fremde zu sein? Denn die Herkunft sage schließlich auch etwas über bestimmte Kräfteverhältnisse aus, meint Grisebach – und Deutschland befinde sich in Europa sicherlich in einem Hochstatus. In dieser Konstellation müssen ihre Figuren bestimmte Erfahrungen machen:
"Mich hat das Bedürfnis dieser Figuren interessiert, auch diesen Hochstatus zu behaupten. Da anzukommen: Man bringt nicht nur die großen Maschinen mit, sondern man hängt – auch wenn es nur Spaß oder Provokation ist – auch mal die deutsche Fahne auf. Und dieser Impuls, sich, wenn man sich kennenlernt oder wenn man sich eben noch nicht kennt – so zu positionieren, das war für mich ein ganz interessanter und wichtiger Moment innerhalb der Geschichte."
"Mich hat das Bedürfnis dieser Figuren interessiert, auch diesen Hochstatus zu behaupten. Da anzukommen: Man bringt nicht nur die großen Maschinen mit, sondern man hängt – auch wenn es nur Spaß oder Provokation ist – auch mal die deutsche Fahne auf. Und dieser Impuls, sich, wenn man sich kennenlernt oder wenn man sich eben noch nicht kennt – so zu positionieren, das war für mich ein ganz interessanter und wichtiger Moment innerhalb der Geschichte."
Oliver Kusio - Ein Filmstudent vor der Kurzfilmpremiere
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Innaritus Virtual-Reality-Installation im Selbsttest
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Erste Flops und Favoriten
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