Constantin Schreiber: Marhaba, Flüchtling!
Im Dialog mit arabischen Flüchtlingen
Hoffmann und Campe Verlag
176 Seiten, 15 Euro (E-Book 10,99 Euro)
Sineb El Masrar: Emanzipation im Islam
Eine Abrechnung mit ihren Feinden
Herder Verlag
320 Seiten, 24,99 Euro (E-Book 19,99 Euro)
Armin Nassehi (Hrsg.): Kursbuch "Fremd sein!"
Murmann Verlag
200 Seiten, 19 Euro
Multikulti oder Kulturkampf?
Wie kann ein Zusammenleben von Einheimischen und Flüchtlingen in Deutschland gelingen? Im "Lesart"-Spezial von der Leipziger Buchmesse gingen wir der Frage nach mit Sineb El Masrar, Armin Nassehi und Constantin Schreiber.
Die einen wähnen sich fremd im eigenen Land, die anderen sind fremd in diesem Land. Wie kann ein Zusammenleben zwischen Flüchtlingen und Einheimischen gelingen? Wie steht es um die Emanzipation im Islam? Und warum ist der oft geforderte Dialog nicht immer die richtige Option? Diesen Fragen ging Moderatorin Maike Albath in der "Lesart" nach – live auf der Leipziger Buchmesse.
Vor allem der Soziologe Armin Nassehi appellierte in der Sendung, weniger "heiß" über die Themen Islam und Integration zu diskutieren und tiefer und in den Diskurs einzudringen. Nicht "der Islam" komme nach Deutschland, sondern durch Flucht und Einwanderung träfen unterschiedliche Lebenspraxen aufeinander, betont er. Zugleich gebe es auch im westlichen Ländern genügend "Schwierigkeiten mit der pluralistischen Kultur".
Oft werde ohne Bezug zu Lebenspraxis und eigenen Erfahrungen über Islam und Einwanderung geredet: "Wir diskutieren über das Problem der Fremdheit als sei das Eigene unproblematisch. Und wenn man dann nachfragt, was das Eigene eigentlich ist, bleibt als Antwort eigentlich nur übrig, dass das Eigene das Eigene und das Andere das Andere ist."
Nackte Menschen sorgen für Kontroversen
Das bestätigte der Fernsehmann Constantin Schreiber, der auf n-tv die Sendung "Marhaba, Flüchtling!" moderiert und von arabisch- wie deutschsprachigen Zuschauern eine Menge kritischer Zuschriften erhält. Für viele Muslime seien Partnerschaften ohne Trauschein, Homosexualität oder Alleinerziehende noch Tabuthemen, sagte er. Das müsse man offen ansprechen. In einer Sendung habe er nackte Menschen im Englischen Garten in München gezeigt. Das habe in arabischen Foren für große Kontroversen gesorgt.
Deutsche Zuschauer hätten wiederum Angst, dass sie nun Arabisch sprechen müssten. Vor allem aus ländlichen Regionen, wo es eher wenig Einwanderung gebe, kämen solche Mitteilungen an ihn, meinte Schreiber. Und das, so der Fernsehmann, hänge durchaus mit der Berichterstattung selbst zusammen: "Die Leute sind besorgt angesichts der Bilder, die die Medien bringen."
"Islamismus ist jugendaffin"
Auf die Frage, was extremistische islamische Strömungen attraktiv mache, stellte Sineb El Masrar die schlichte Einsicht in den Raum, dass sie zumeist "jugendaffin" seien. El Masrar stellte außerdem fest, dass der Islamismus für Frauen auf ein emanzipatorisches Angebot sei, "weil dort für Männer und Frauen die gleichen Regeln gelten". In ihren Familien würden Mädchen viel strenger erzogen als Jungen, die oft gar nicht erzogen würden.
Nassehi wünschte sich für die Zukunft, dass wir anders über die Veränderungen und Ereignisse in unserem Land erzählen: "Wir sind nicht daran gewöhnt, uns als Einwanderungsland zu beschreiben", sagte er. Entweder habe man "naiv" von Multikulti gesprochen oder Kultur-Katastrophen herbei beschworen. Die Lösung liege jedoch darin, dass sich Menschen in ihrer "Lebenspraxis" begegneten.