Lob der Clique
Die Berliner Musikerin und Autorin Christiane Rösinger hat ein Buch geschrieben, das ein große Thema relativiert: "Liebe wird oft überbewertet" heißt es. So hieß vor vielen Jahren auch schon einmal ein Song der Frauenband Lassie Singers - die Sängerin der Band war Christiane Rösinger.
Eines der wichtigsten Accessoires im Leben der patenten Singlefrau ist die Duftkerze. Zu diesem Schluss kommt die Berliner Autorin und Musikerin Christiane Rösinger, die für ihr Buch "Liebe wird oft überbewertet" mehrere Dutzend Beziehungsratgeber und Singleleitfäden konsultiert hat.
"Lass dir ein Bad ein, mach einen Wellnesstag zu Hause, zünde Duftkerzen an - für dich ganz allein! Kauf dir teure Unterwäsche und trag sie, nur für dich!", zitiert sie - selbstverständlich nur leicht zugespitzt - zum Beispiel das "Kleine Singlewohlfühlbuch für Frauen", das auch in der Zeit zwischen zwei Beziehungen zum tröstende Romantikkonsum rät: für Rösinger ein gefundenes Fressen auf dem Weg zur Demontage des Pärchenwesens.
"Liebe wird oft überbewertet": So hieß Mitte der 90er-Jahre ein fröhlich dahinschrammelnder Song der Lassie Singers, deren Frontfrau und Mitbegründerin Christiane Rösinger war. Seither hat die 1961 geborene Sängerin und Texterin noch eine zweite Band gegründet ("Britta"), gemeinsam mit dem "Ja, Panik"-Gitarristen Andreas Spechtl ein Soloalbum aufgenommen ("Songs of L. and Hate"), ein Plattenlabel betrieben, die "Flittchenbar" am Ostbahnhof begründet und am Kottbusser Tor wiederbelebt.
Zwischendurch hat sie für die Berliner Seiten der "FAZ", für die "taz" und den österreichischen Radiosender FM4 Kolumnen und Konzertkritiken geschrieben - und ist darüber zur Buchautorin geworden. Auf die Textsammlung "Das schöne Leben" (2008) folgt nun ihr erstes "Sachbuch".
Ein reines Sachbuch ist es natürlich nicht geworden. Rösinger hat ihr Buch nonchalant nach den Jahreszeiten strukturiert und mit tagebuchartigen Selbst- und Weltbeobachtungen bestückt, die mal mehr, mal weniger gut zur "Pärchenkritik" passen. Die kritische Auswertung der florierenden Beziehungsratgeberliteratur, die Rösinger treffsicher in ihre ideologischen Bestandteile zerlegt, wird so zwar aufgelockert, zerfasert aber auch ziemlich.
Dennoch vermittelt sich Rösinger Message schnell und unterhaltsam: die RZB (= romantische Zweierbeziehung) ist so etwas wie die letzte im großen Stil betriebene Augenwischerei, eine Art Opium fürs Volk und darin vor allem für Frauen, das von anderen relevanten Dingen abhält.
Umgekehrt wird, wer nicht liiert ist, mindestens mit Mitleid gestraft: Dass Menschen auch ohne Partner und den Trost der Duftkerze erfüllt und zufrieden sein können, ist zumindest im öffentlichen Beziehungsdiskurs kaum vorstellbar.
So anregend sich Rösingers Pärchenkritik auch immer wieder liest: Den überzeugenden Sprung in die Offensive schafft es dann doch nicht.
Trotz kurzem Lob der Clique, der Selbstverantwortung und der Produktivität, die aus dem partnerlosen Dasein resultieren können.
Und noch etwas ist verständlich, aber auch ein bisschen schade: Hätte Christiane Rösinger über die tagebuchartigen Schlaglichter hinaus ihr eigenes Leben stärker zur Disposition gestellt, hätten sich an ihrem eigenen Weg vom badischen Bauernhof in die Kreuzberger Künstlerexistenz, alleinerziehend, knapp bei Kasse, aber kreativ und selbstbestimmt, eine ganze Menge Fürs (vielleicht aber auch interessanter Widers) ins Sachen "RZB" ablesen lassen.
Besprochen von Eva Behrendt
Christiane Rösinger: Liebe wird oft überbewertet. Ein Sachbuch
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2012
199 Seiten, 13,99 Euro
"Lass dir ein Bad ein, mach einen Wellnesstag zu Hause, zünde Duftkerzen an - für dich ganz allein! Kauf dir teure Unterwäsche und trag sie, nur für dich!", zitiert sie - selbstverständlich nur leicht zugespitzt - zum Beispiel das "Kleine Singlewohlfühlbuch für Frauen", das auch in der Zeit zwischen zwei Beziehungen zum tröstende Romantikkonsum rät: für Rösinger ein gefundenes Fressen auf dem Weg zur Demontage des Pärchenwesens.
"Liebe wird oft überbewertet": So hieß Mitte der 90er-Jahre ein fröhlich dahinschrammelnder Song der Lassie Singers, deren Frontfrau und Mitbegründerin Christiane Rösinger war. Seither hat die 1961 geborene Sängerin und Texterin noch eine zweite Band gegründet ("Britta"), gemeinsam mit dem "Ja, Panik"-Gitarristen Andreas Spechtl ein Soloalbum aufgenommen ("Songs of L. and Hate"), ein Plattenlabel betrieben, die "Flittchenbar" am Ostbahnhof begründet und am Kottbusser Tor wiederbelebt.
Zwischendurch hat sie für die Berliner Seiten der "FAZ", für die "taz" und den österreichischen Radiosender FM4 Kolumnen und Konzertkritiken geschrieben - und ist darüber zur Buchautorin geworden. Auf die Textsammlung "Das schöne Leben" (2008) folgt nun ihr erstes "Sachbuch".
Ein reines Sachbuch ist es natürlich nicht geworden. Rösinger hat ihr Buch nonchalant nach den Jahreszeiten strukturiert und mit tagebuchartigen Selbst- und Weltbeobachtungen bestückt, die mal mehr, mal weniger gut zur "Pärchenkritik" passen. Die kritische Auswertung der florierenden Beziehungsratgeberliteratur, die Rösinger treffsicher in ihre ideologischen Bestandteile zerlegt, wird so zwar aufgelockert, zerfasert aber auch ziemlich.
Dennoch vermittelt sich Rösinger Message schnell und unterhaltsam: die RZB (= romantische Zweierbeziehung) ist so etwas wie die letzte im großen Stil betriebene Augenwischerei, eine Art Opium fürs Volk und darin vor allem für Frauen, das von anderen relevanten Dingen abhält.
Umgekehrt wird, wer nicht liiert ist, mindestens mit Mitleid gestraft: Dass Menschen auch ohne Partner und den Trost der Duftkerze erfüllt und zufrieden sein können, ist zumindest im öffentlichen Beziehungsdiskurs kaum vorstellbar.
So anregend sich Rösingers Pärchenkritik auch immer wieder liest: Den überzeugenden Sprung in die Offensive schafft es dann doch nicht.
Trotz kurzem Lob der Clique, der Selbstverantwortung und der Produktivität, die aus dem partnerlosen Dasein resultieren können.
Und noch etwas ist verständlich, aber auch ein bisschen schade: Hätte Christiane Rösinger über die tagebuchartigen Schlaglichter hinaus ihr eigenes Leben stärker zur Disposition gestellt, hätten sich an ihrem eigenen Weg vom badischen Bauernhof in die Kreuzberger Künstlerexistenz, alleinerziehend, knapp bei Kasse, aber kreativ und selbstbestimmt, eine ganze Menge Fürs (vielleicht aber auch interessanter Widers) ins Sachen "RZB" ablesen lassen.
Besprochen von Eva Behrendt
Christiane Rösinger: Liebe wird oft überbewertet. Ein Sachbuch
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2012
199 Seiten, 13,99 Euro