Lobbyismus - Wie käuflich ist die Politik?
Erst die sogenannte "Mövenpick-Steuer", also die Reduzierung der Mehrwertsteuer für Hotelbetriebe, dann die Laufzeitverlängerung für die deutschen Kernkraftwerke – festgelegt in einem Vertrag zwischen der Bundesregierung und den großen Energieunternehmen. Für viele Bürger ist das Maß voll und sie fragen sich: Wer hat das Sagen in Deutschland – die Wirtschaft oder die Politik? Wie käuflich sind unsere Politiker?
"Ohne Interessenartikulation geht es nicht. Natürlich sollen die Unternehmen mit der Politik kommunizieren. Aber das, was wir mittlerweile an Lobbyismus sehen, ist nicht mehr mit der Demokratie vereinbar","
sagt Heidi Klein, Vorstandsmitglied bei "LobbyControl e.V.""Für die Bürger ist an vielen Stellen nicht sichtbar, wer hat Einfluss auf die Gesetzesentstehung genommen, es mangelt an der Transparenz.""
Der Auftrag des Vereins: "Den Lobbyisten auf die Finger schauen."
Im Berliner Regierungsviertel tummeln sich rund 5000 Lobbyisten. Im Bundestag sind mehr als 2000 Vereine und Verbände registriert. Sie haben nahezu uneingeschränkten Zugang zu den politischen Entscheidungsträgern. Zeitweise hatten mehr als 100 Vertreter deutscher Großkonzerne in den Bundesministerien sogar eigene Schreibtische. Diese "Leihbeamten" arbeiteten an Gesetzen mit, bezahlt wurden sie von den Unternehmen. Mittlerweile werden solche Aufträge vermehrt an Anwaltskanzleien ausgelagert. Heidi Klein:
"Unsere zentrale Forderung ist ein Lobbyregister, das für mehr Transparenz sorgen würde. Zweitens eine Karenzzeit für scheidende Politiker, sie sollte drei Jahre betragen. Drittens bessere Regeln und Transparenz für die Nebentätigkeiten von Politikern. Es ist durchaus von Interesse, zu wissen, wo verdient ein Politiker welches Geld. Und wir fordern, dass Lobbyisten in Ministerien vollständig abgeschafft werden."
"Jeder ist Lobbyist", sagt der SPD-Politiker Michael Hartmann,
"der Bürger, der mich aufsucht, um einen Vorteil für seinen Verein zu bekommen oder eine Firma. Die kommen alle, um ihre Interessen durchzusetzen. Warum sollte das verboten sein. Auch wir Politiker sind Lobbyisten im eigenen Wahlkreis. Das ist normale Interessenwahrnehmung. Etwas heikler wird es, wenn sich jemand nicht zu erkennen gibt. Es gibt die Praxis, dass Externe kommen, aus Anwaltskanzleien, externen Büros, die sich Termine geben lassen."
Der Bundestagsabgeordnete kennt die Methoden der Lobbyisten nur zu gut. Es seien nicht die großen Geldkoffer, die über den Tisch geschoben werden:
"Es geht nicht um Kohle und Gewährung von Vorteilen, es spielt auch Eitelkeit eine Rolle, die Anerkennung, das Schulterklopfen. Man wird eingeladen, wird beim Essen hofiert. Es ist dieses süße Gift, dass man Ihnen hineintröpfelt."
Der Innenpolitikexperte hat den Einfluss der Leihbeamten in seinem eigenen Mainzer Wahlkreis erlebt: Als er gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens und den Fluglärm protestierte, stellte er fest, dass im Verkehrsministerium ein Mitarbeiter des Flughafenbetreibers Fraport saß. Seither verfolgt Michael Hartmann das Thema Lobbyismus und setzt sich für mehr Transparenz im Deutschen Bundestag ein.
"Ich weiß auch nicht als Otto-Normal-Abgeordneter, wer alles an Gesetzesvorlagen mitgestrickt hat. Ich möchte wissen, was all die Anwaltskanzleien machen. Es werden immer mehr Gesetzesvorhaben nach außen verlagert. Hat ein Staat wie die Bundesrepublik das nötig? Haben wir nicht genug kompetente Beamte? Es kann nicht sein, dass wir der öffentlichen Verwaltung weniger Geld geben, um dann die Arbeit an Externe auszulagern!"
Auch er setzt sich seit Langem für ein verbindliches Lobbyregister ein. Und er plädiert für mehr Öffentlichkeit auch für die Bürger:
"Ich will, dass die Berichte über Lobbyarbeit nicht nur im Innenausschuss oder im Parlament debattiert werden. Ich möchte, dass sie im Netz eingesehen werden können. Zweitens, dass die Berichte ausgeweitet werden auf den Kreis der Rückkehrer und auch auf die, die Gutachten erstellen und an Entscheidungen mitarbeiten."
"Lobbyismus - Wie käuflich ist die Politik?"
Darüber diskutiert Dieter Kassel heute von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr mit Heidi Klein von LobbyControl und dem SPD-Politiker Michael Hartmann. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 00800 / 2254 2254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.
Informationen im Internet
Homepage von LobbyControl
Homepage von Michael Hartmann
sagt Heidi Klein, Vorstandsmitglied bei "LobbyControl e.V.""Für die Bürger ist an vielen Stellen nicht sichtbar, wer hat Einfluss auf die Gesetzesentstehung genommen, es mangelt an der Transparenz.""
Der Auftrag des Vereins: "Den Lobbyisten auf die Finger schauen."
Im Berliner Regierungsviertel tummeln sich rund 5000 Lobbyisten. Im Bundestag sind mehr als 2000 Vereine und Verbände registriert. Sie haben nahezu uneingeschränkten Zugang zu den politischen Entscheidungsträgern. Zeitweise hatten mehr als 100 Vertreter deutscher Großkonzerne in den Bundesministerien sogar eigene Schreibtische. Diese "Leihbeamten" arbeiteten an Gesetzen mit, bezahlt wurden sie von den Unternehmen. Mittlerweile werden solche Aufträge vermehrt an Anwaltskanzleien ausgelagert. Heidi Klein:
"Unsere zentrale Forderung ist ein Lobbyregister, das für mehr Transparenz sorgen würde. Zweitens eine Karenzzeit für scheidende Politiker, sie sollte drei Jahre betragen. Drittens bessere Regeln und Transparenz für die Nebentätigkeiten von Politikern. Es ist durchaus von Interesse, zu wissen, wo verdient ein Politiker welches Geld. Und wir fordern, dass Lobbyisten in Ministerien vollständig abgeschafft werden."
"Jeder ist Lobbyist", sagt der SPD-Politiker Michael Hartmann,
"der Bürger, der mich aufsucht, um einen Vorteil für seinen Verein zu bekommen oder eine Firma. Die kommen alle, um ihre Interessen durchzusetzen. Warum sollte das verboten sein. Auch wir Politiker sind Lobbyisten im eigenen Wahlkreis. Das ist normale Interessenwahrnehmung. Etwas heikler wird es, wenn sich jemand nicht zu erkennen gibt. Es gibt die Praxis, dass Externe kommen, aus Anwaltskanzleien, externen Büros, die sich Termine geben lassen."
Der Bundestagsabgeordnete kennt die Methoden der Lobbyisten nur zu gut. Es seien nicht die großen Geldkoffer, die über den Tisch geschoben werden:
"Es geht nicht um Kohle und Gewährung von Vorteilen, es spielt auch Eitelkeit eine Rolle, die Anerkennung, das Schulterklopfen. Man wird eingeladen, wird beim Essen hofiert. Es ist dieses süße Gift, dass man Ihnen hineintröpfelt."
Der Innenpolitikexperte hat den Einfluss der Leihbeamten in seinem eigenen Mainzer Wahlkreis erlebt: Als er gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens und den Fluglärm protestierte, stellte er fest, dass im Verkehrsministerium ein Mitarbeiter des Flughafenbetreibers Fraport saß. Seither verfolgt Michael Hartmann das Thema Lobbyismus und setzt sich für mehr Transparenz im Deutschen Bundestag ein.
"Ich weiß auch nicht als Otto-Normal-Abgeordneter, wer alles an Gesetzesvorlagen mitgestrickt hat. Ich möchte wissen, was all die Anwaltskanzleien machen. Es werden immer mehr Gesetzesvorhaben nach außen verlagert. Hat ein Staat wie die Bundesrepublik das nötig? Haben wir nicht genug kompetente Beamte? Es kann nicht sein, dass wir der öffentlichen Verwaltung weniger Geld geben, um dann die Arbeit an Externe auszulagern!"
Auch er setzt sich seit Langem für ein verbindliches Lobbyregister ein. Und er plädiert für mehr Öffentlichkeit auch für die Bürger:
"Ich will, dass die Berichte über Lobbyarbeit nicht nur im Innenausschuss oder im Parlament debattiert werden. Ich möchte, dass sie im Netz eingesehen werden können. Zweitens, dass die Berichte ausgeweitet werden auf den Kreis der Rückkehrer und auch auf die, die Gutachten erstellen und an Entscheidungen mitarbeiten."
"Lobbyismus - Wie käuflich ist die Politik?"
Darüber diskutiert Dieter Kassel heute von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr mit Heidi Klein von LobbyControl und dem SPD-Politiker Michael Hartmann. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 00800 / 2254 2254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.
Informationen im Internet
Homepage von LobbyControl
Homepage von Michael Hartmann