Im ganzen Land unterwegs
Klaus Darrelmann ist Location-Scout, er fährt durch das Land und sucht nach geeigneten Drehorten. Er macht seine Arbeit so gut, dass er sogar schon dafür ausgezeichnet wurde. Das bedeutet aber auch, dass er seine Familie nur selten sieht.
Nein, wir sind nicht im Grand Budapest Hotel im fiktiven Land Zubrowka, sondern mitten in Berlin unter den Brücken am U-Bahnhof Gleisdreieck. Ein schlanker, hochgewachsener Mann mit Vollbart und verwuschelt gestylten Haaren betritt die Szene.
Location Manager Klaus Darrelmann: "Sie sehen schon, das erste Problem, was Sie hier haben, wenn Sie hier einen Film drehen wollen, da kommen im 5-Minuten-Takt die U-Bahnen rübergefahren, und wenn Sie da Text aufnehmen wollen, müssen Sie immer mal wieder Pause machen."
Für Regisseur Steven Spielberg hat er diesen Drehort unter der Eisenbahnbrücke gefunden, für "Bridge of Spies", ein Agententhriller, der im Kalten Krieg spielt und Ende des Jahres in die Kinos kommen wird. Darrelmann verwandelte die Bahnunterführung in den Grenzübergang Friedrichstraße der 60er-Jahre.
"Wir haben diverse Lampen und Schilder entfernt, wir haben einen Behindertenfahrstuhl verkleidet, wir haben Kunstschnee ausgebracht, Spanische Reiter, Stacheldraht in Mengen, damit es unfreundlich, martialisch aussieht."
Durch Autos zum Film gekommen
Die Dreharbeiten sind längst vorbei, Klaus Darrelmann will nur noch kontrollieren, ob auf dem Gelände der Berliner Verkehrsgesellschaft wirklich alles "zurückgebaut" wurde. Der 49-jährige, der wie Mitte 30 wirkt, ist in seinem Element – drei Poller fehlen offenbar noch.
"Das heißt, wo diese Autos stehen, sollten diese Poller eingebaut werden, sind sie aber noch nicht."
Klaus Darrelmann wird später wegen der Poller telefonieren, Job erledigt, wir steigen in seinen gepflegten Mercedes-Kombi, Baujahr '93.
"Meine Frau wird Ihnen bestimmt bestätigen, dass ich viel zu viel Zeit mit Autos rummache."
"Meine Frau wird Ihnen bestimmt bestätigen, dass ich viel zu viel Zeit mit Autos rummache."
Da ist es nur konsequent, dass der gebürtige Niedersachse durch Autos zum Film gekommen ist: Mit 21 Jahren kam er aus einem kleinen Ort bei Osnabrück nach Berlin, hat Medizin studiert und nebenbei als Fahrer für eine Filmproduktion gearbeitet. Und kurz als medizinischer Fachberater für die Fernsehserie:
"OP ruft Dr. Bruckner, war das glaube ich, genau."
Als Arzt wollte er aber nie arbeiten. Darrelmann biegt in eine kleine Seitenstraße. Er nimmt gerne mal andere Wege, um neue Drehorte zu finden. In Berlin wird das zunehmend schwieriger.
"Dadurch, dass die Stadt sich so weiterentwickelt hat. Selbst in Bezirken, die vorher noch ein bisschen ranzig aussahen, dass inzwischen jede Fassade durchrenoviert wird, zumindest gestrichen wird, und das macht es extrem schwierig, so ein verranztes Berlin zu finden, wie es zum Beispiel Mitte der 80er-Jahre ausgesehen hat."
Zu Hause in der Charlottenburger Altbauwohnung. Die ist bemerkenswert aufgeräumt, dafür, dass hier zwei kleine Kinder wohnen. Klaus Darrelmann nimmt seinen einjährigen Sohn auf den Arm – er genießt die freie Zeit als Familienvater "in between jobs", zwischen zwei Filmprojekten.
"Mirjam, nimmst du mir den kleinen Hosenkacker ab, hier? Tschüss, sag Papa bye bye."
Seine Frau Mirjam hat er im Filmgeschäft kennengelernt, im Studio Babelsberg.
"Das ist nicht unüblich in der Branche, das hält sonst keiner aus." (lacht)
Eine Auszeichnung für seine Arbeit
Beim Dreh für "The Grand Budapest Hotel" war er eine Woche lang mit Wes Anderson auf Motivsuche quer durch Deutschland unterwegs. Dabei profitierten beide von Darrelmanns guten Kontakten nach Görlitz. Dort hatte er schon "In 80 Tagen um die Welt" gedreht.
"Durch die gute Verbindung zur Stadt konnte man anrufen: Können wir noch da rein? Noch da rein? Bei so einem Scout mit Wes Anderson ist es auch anders, weil sie quasi mit ihm eins zu eins die Motive finden, es ist nicht, dass sie Monate vorher was vorbereiten, es ist eher, sie setzen sich in ein Auto und los geht's, anschnallen und viel Spaß."
Der Preis, den er von der amerikanischen Zunft der Location Manager für "The Grand Budapest Hotel" bekommen hat, steht unscheinbar im Bücherregal.
(lacht) "Schöner Briefbeschwerer."
Ein Mini-Oscar? Klaus Darrelmann winkt ab – nein, nur ein brancheninterner Preis. Aber dann freut er sich doch.
"Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich diese Auszeichnung bekomme, aber ich fand das dann aber sehr nett, gerade weil eine amerikanische berufsständische Organisation über den Tellerrand guckt und einen deutschen oder in Deutschland hergestellten Film so wahrnimmt. Das finde ich schon beeindruckend."
Bescheiden ist er, der prämierte Location-Scout und Manager, angenehm zurückhaltend, humorvoll und gelassen. Sicherlich gute Eigenschaften für diesen Beruf. Und welche sollte man noch mitbringen?
"Sie müssen immer versuchen, vorauszudenken, da geht es um Arbeitssicherheit, wenn Sie an einem Drehort sind, was kann mich hier stören, was kann da passieren? Und das Dritte: ruhig bleiben, es lohnt nicht, sich aufzuregen, ist nur ein Film." (lacht)