Corona

Lockern trotz hoher Infektionszahlen?

83:01 Minuten
Illustration einer blauen Hand, die eine Tüte mit Maske und Handschuhen in einen Mülleimer wirft.
Das Leben soll jetzt neu beginnen: ohne Masken. Es könnte allerdings sein, dass uns zu viel Freiheit auf die Füße fallen wird. © Getty Images / iStock / Denis Novikov
Moderation: Katrin Heise |
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Am 20. März entfallen bundesweit die meisten Corona-Beschränkungen, obwohl die Infektionszahlen derzeit stark steigen. Das sorgt für Verunsicherung und Kritik. Können wir uns die Lockerungen leisten? Wie soll es weitergehen?
Der 20. März ist als Tag der Erleichterung geplant: Mit dem neuen Infektionsschutzgesetz gelten bundesweit nur noch „Basisschutzmaßnahmen“. Die Maskenpflicht entfällt weitgehend; erhalten bleiben soll sie in Kliniken, Pflegeheimen, im Nah- und Fernverkehr sowie auf Flügen. Schärfere Maßnahmen können die nun verantwortlichen Bundesländer nur in „Hotspots“ verhängen.
Doch die Aussicht auf Normalität wird getrübt durch die rasant steigenden Infektionszahlen: Sie nähern sich der Marke von 300.000 Ansteckungen täglich, die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei über 1700. Das ist europäischer Rekord. Nach deutlicher Kritik an den Plänen nutzen einige Bundesländer nun die Möglichkeit, die bisherigen Maßnahmen bis zum zweiten April zu verlängern.  

„Zu viel Freiheit auf einmal“

„Dass jetzt die Maskenpflicht zur Disposition gestellt wird, sehe ich mit großer Sorge“, sagt Johannes Nießen. „Dabei wissen wir, dass die Masken gerade in Innenräumen vor Infektionen schützen.“
Der Allgemeinmediziner sitzt im Corona-Expert*innenrat der Bundesregierung und leitet das größte Gesundheitsamt Deutschlands in Köln. „Es ist zu viel Freiheit auf einmal. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren viel erreicht, auch durch eigenverantwortliches Verhalten.“ Nießen fürchtet, dass die Abschaffung der Maskenpflicht "uns wieder zurückwerfen wird“. Eine Kontrolle sei kaum mehr möglich.

Die Angst verlieren – den Respekt aber nicht

„Ich sehe die Öffnung mit gemischten Gefühlen“, sagt Carsten Watzl, Immunologe am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund. „Alle, die geimpft und geboostert sind, können deutlich entspannter sein, die Angst ein bisschen verlieren, (müssen) aber den Respekt behalten.“
Denn auch wer geimpft sei, könne sich mit der Omikron-Variante anstecken, so der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Die Impfung schütze aber vor schweren Verläufen: „Gerade für die Geimpften ist Omikron kein großes Problem.“
Junge Menschen stehen auf einem Bahnsteig und tragen Masken und Rucksäcke, im Hintergrund ist ein Zug zu sehen.
Im ÖPNV soll weiter Maskenpflicht gelten. © picture alliance / dpa / Robin Utrecht
Sorgen bereitet Watzl die hohe Zahl der Ungeimpften. Wenn jetzt nahezu alle Maßnahmen wegfielen, seien sie umso gefährdeter. Das Virus könne sich zudem effektiver verbreiten und mutieren: „Wenn wir mit der Immunlücke, die wir im Moment haben, in den Herbst gehen, und wir bekommen eine Variante, die nicht Omikron heißt, aber krankmacht wie Delta, dann haben wir wieder schwere Verläufe.“

Corona: Lockern trotz steigender Infektionszahlen?
Darüber diskutiert Katrin Heise am 19. März 2022 von 9.05 bis 11 Uhr mit dem Leiter des Kölner Gesundheitsamtes, Johannes Nießen, und dem Immunologen Carsten Watzl. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 0800 2254 2254 sowie per E-Mail unter gespraech@deutschlandfunkkultur.de.

(sus)
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