Shakespeares Globe Theatre kämpft ums Überleben
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In London ist die Sorge groß, das legendäre Globe Theatre könnte nach Corona und Kurzarbeit nicht wieder öffnen. Der britische Kulturpolitiker Julian Knight warnt vor einer "Tragödie" und einem verarmten Kulturleben.
Eine Jugendaufführung von "Macbeth" für britische Schulklassen im Globe Theatre. Das Globe in London bringt den Nationaldichter Shakespeare gerade auch der jüngeren Generation nahe. Eintrittskarten gibt es schon ab fünf Pfund, um für junge Leute den Theaterbesuch erschwinglich zu gestalten.
Das Besondere an dem Neubau ist seine Geschichte: Er ist ein getreuer Nachbau der Spielstätte, wo Shakespeares Stücke vor 400 Jahren uraufgeführt wurden. Ein Ende des Globe, warnt Nancy Durrant, die Kulturredakteurin der Londoner Zeitung "Evening Standard", wäre unvorstellbar. "Es ist Teil des kulturellen Gewebes Londons", sagt sie. "Nur sehr wenige Theater können das von sich behaupten. Selbst das National Theatre hat nicht diesen historischen Sexappeal und die Magie wie das Globe."
Unklare Perspektive nach der Kurzarbeit
Das Globe ist ein Open Air-Theater. Die Schüler stehen bei der Mac Beth-Aufführung im strömenden Regen, die Kapuzen hochgezogen. Einige Sitzplätze gibt es auch auf den umlaufenden Emporen aus Eichenholzbalken. Stehplätze im Theater – so haben die meisten um 1600 die Aufführungen im Original-Globe gesehen, das erst abbrannte und dann von den Puritanern geschlossen wurde.
Die Mitarbeiter des Globe sind bis Oktober auf Kurzarbeit und erhalten 80 Prozent ihres Gehalts. Was aber kommt danach, fragt die künstlerische Leiterin der Spielstätte, Michelle Terry. "Wir haben wunderbare Autoren, Theatermacher, Designer und Schauspieler", sagt Terry. "Sie werden uns helfen, wie wir uns die Welt nach dem Lockdown vorstellen können. Nur dazu müssen dann die Theater auch noch existieren, in die sie zurückkehren können, um ihre Geschichten zu erzählen."
Das Globe steht am Südufer der Themse 200 Meter versetzt von der Stelle, wo das Original vor Jahrhunderten stand. Ins Theater zu gehen, war damals so populär wie heute der Kinobesuch. Man aß und trank auf den billigen Plätzen. Dem Globe gelingt es heute prinzipiell ohne jede staatliche Unterstützung auszukommen und nur von Eintrittskarten, Führungen und ein wenig Sponsoring zu leben.
13.500 Hilfsanträge aus der Kulturwelt
Julian Knight, Vorsitzender des Kulturausschusses im Unterhaus, fordert in dieser Ausnahmesituation Hilfe von der Regierung, auch für andere Einrichtungen wie die Veranstaltungshalle Royal Albert Hall oder das Theater Old Vic.
Er sagt: "Diese Institutionen haben keine Einnahmen mehr, möglicherweise ein ganzes Jahr lang nicht. Das ist niederschmetternd. Wenn wir diese großartigen Institutionen verlieren, dann werden wir künftig für Touristen nicht mehr so attraktiv sein. Und unser Kulturleben wird erheblich ärmer sein."
Wann aber wird es wieder möglich sein, dass die Zuschauer dicht an dicht im Innenraum des Globe unter freiem Himmel stehen und Shakespeare-Stücke sehen? Die Stiftung Arts Council England winkt ab, sie erstickt schon jetzt unter 13.500 Hilfsanträgen aus der Kulturwelt.
Knight warnt vor einer "Tragödie". Nicht vor einer aus der Feder des großen Barden, sondern vor einer realen Tragödie, sollte ausgerechnet im Globe tatsächlich der Vorhang für immer fallen.