Die Soulqueen im Hintergrund
Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist die Londoner Sängerin Eska Mtungwazi im Musikbusiness auf der Insel aktiv, hat mit Stars wie Grace Jones oder Bobby McFerrin gearbeitet. Aber erst jetzt bringt sie ihr erstes eigenes Album heraus.
Auf 150 Alben hat sie bis heute mitgewirkt, und zwar nicht nur als Sängerin, sondern auch als Stückeschreiberin und Produzentin. Als "Rückgrat der britischen Musikszene" beschrieb sie jüngst ein bekanntes Magazin, ein anderes würdigte sie schon vor längerer Zeit als "Queen of Soul".
Eska ist mittlerweile 44 und gilt als eines der bestgehüteten Pop-Geheimnisse Englands. Seit über zwei Jahrzehnten ist sie erfolgreich im Musikgeschäft - gab es nicht schon früher den Wunsch, eine eigene Platte herauszubringen?
"Doch, ich denke schon lange darüber nach. Ich habe ja mit sehr vielen Musikern und Produzenten zusammengearbeitet und ich hatte immer den Eindruck, da müsste jemand kommen und sagen: Eska, ich mache jetzt eine Platte mit dir! Aber das ist nie passiert. Ich hatte ganz einfach Angst davor, alles alleine zu meistern. Es ist im Musikgeschäft nach wie vor nicht üblich, dass Frauen auch als Produzenten auftreten.
Aber mich interessiert auch diese technische Seite: wie verändert sich der Klang, wenn man die Mikrofone verstellt? Zum Glück bin ich ein Kontrollfreak, ich möchte alles verstehen und es beeinflussen können. Und ich weiß nicht, warum wir Frauen uns das nicht viel öfter zugestehen."
Schon als Kind talentiert
Die Liebe zur Musik entdeckte Eska schon als Kind. Mit ihren Eltern kam sie aus Zimbabwe nach England, ihr Talent wurde schnell erkannt und gefördert – zunächst an der Geige, dann vor allem mit ihrer Stimme. Sie sang klassisches Material im Madrigalchor und gründete an ihrer Gemeinde sogar einen eigenen Kirchenchor.
Ihren Abschluss machte sie in Mathematik, aber danach widmet sie sich fast ausschließlich der Musik. Über Anfragen konnte sie sich nie beklagen. Aber um ihre eigene künstlerische Stimme zu finden, hat sie sich dann doch erst einmal aus dem aktiven Musikgeschäft zurückgezogen. Sie arbeitete als Lehrerin, um in Ruhe ihre Ideen zu entwickeln.
"Als ich dann konkret anfing, über ein eigenes Album nachzudenken, habe ich erstmal alles gesammelt, was ich schon gemacht und geschrieben hatte. Aber dann habe ich die alten Songs aussortiert. Sie erinnerten mich zu sehr an die Musiker und Stars, mit denen ich gearbeitet hatte, es war zu viel Äußerlichkeit dabei, Stil ohne Inhalt. Ich ging zurück zu meinen Wurzeln: Folk, Blues, auch Jazz und Klassik, es sollte integer und ehrlich werden."
Ehrlichkeit, Integrität, Authentizität, das sind Begriffe, die gut zum Debütalbum der Londoner Sängerin Eska passen. Transportiert werden sie vor allem über die bezaubernde Stimme, als wichtigste Einflüsse nennt sie hier Joni Mitchell und Kate Bush.
Sie geht über Genregrenzen
Interessant wird das selbstbetitelte Album von Eska aber auch durch den vielfältigen Einsatz der Instrumente: die Chefin spielt Geige, Cello, Klarinette, Harmonium und eine südamerikanische Gitarre namens "Cuatro". Dazu kommen natürlich Bass, Schlagzeug, Gitarre sowie weitere Streicher und diverse Percussion-Instrumente. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, was übrigens auch für die Texte gilt.
"Einige meiner Texte sind sehr kryptisch, es ist fast schon Nonsens, so als ob eine Figur aus einem Märchen in unbekannten Lauten zu uns sprechen würde. Andere Texte haben den Gesprächsstil einer Joni Mitchell. Aber egal, worum es geht, es darf nicht zu direkt werden, ich möchte dem Hörer Raum für seine eigene Vorstellungskraft lassen.
Und Mythologie spielt eine Rolle. Ich habe jüngst ein Buch des amerikanischen Mythenforschers Joseph Campbell gelesen, darin zeigt er, dass alle Mythen, egal ob aus Griechenland oder Afrika, eine ähnliche Grundstruktur aufweisen. Deshalb mögen wir ja auch alle die Filme der Krieg-der-Sterne-Saga so gerne."
Als moderne Märchenerzählerin taugt Eska allemal - als starke Frau, die sich mit ihrer eindringlichen Stimme in der nach wie vor von Männern dominierten Musikbranche durchsetzt. Als schwarze Frau im multikulturellen London, bei der Klänge aus grauer Vorzeit mit moderner Elektronik ganz selbstverständlich zusammen passen.
Vor allem aber ist sie eine Künstlerin, die auf das hört und vertraut, was in ihr steckt. Furchtlos geht sie über Genregrenzen hinweg und präsentiert ein Album, das durch fantasievolle Musikalität besticht.