Agata Loth-Ignaciuk und Bartlomiej Ignaciuk: "14.000 Meilen über das Meer: Mit dem Kajak über den Atlantik"
Übersetzt aus dem Polnischen von Marlena Breuer
Gerstenberg, Hildesheim 2019
88 Seiten, 16 Euro
Ein Mann, sein Kajak und der Ozean
06:51 Minuten
Alleine in seinem Kajak "Ola" überquerte Aleksander Doba den Atlantik. Auf seiner Reise begegneten dem Polen neben Haie und Delphine auch Piraten. Die Geschichte eines wahren Abenteurers, der sich seinen Traum von nichts nehmen lässt.
Dieses Buch ist ein großartiges Abenteuer. Genauso wie die Geschichte, von der es erzählt. Streng in blau, weiß und schwarz illustriert, begleitet man hier Aleksander Doba bei seiner Atlantiküberquerung mit einem Kajak ohne Segel. Taucht ein in seine wagemutige Reise, von den ersten Tagen der Planung bis hin zur Ankunft – und bleibt berauscht zurück. Was für ein Bilderbuch. Selten fließen Text und Bild so stimmig ineinander wie hier, ergänzen sich, erklären anschaulich und machen Lust auf eine eigene spannende Unternehmung.
Los geht es mit der Idee zur Reise, der Planung, der intensiven Vorbereitung, Schritt für Schritt hin zum Bau eines speziellen Kajaks, dem starker Wind, heftige Stürme und haushohe Wellen nichts anhaben können und das Platz hat für den Proviant dieser mehrmonatigen Reise. Plus Stauraum für Ersatzteile. Monatelang tüftelt Doba, der gelernte Ingenieur, an seiner Idee, begeistert schließlich einen Schiffsbauer und sein Team. Irgendwann war "Ola" fertig.
Dreimal wagt er das Abenteur
"Ola" dieses Ozeankajak, das nur noch entfernt an ein Kajak erinnert, das viel größer ist, mit seinen Aufbauten, Kammern und Bügeln, seinen Sonnenkollektoren. Sieben Meter lang und 300 Kilogramm schwer ist es und wird Doba über den Atlantik bringen. Und mit ihm: Gaskocher, Gasflaschen, Kochgeschirr, Thermoskannen, Feuerzeuge, Streichhölzer, Isomatten, GPS-Trackern, Seekarten – und Kiloweise Essen und Trinken. Plus zwei Wasserentsalzungsmaschinen, von denen natürlich eine den Geist aufgibt. Und nicht nur sie.
Es ist eine Wahnsinnsreise, die der Pole da wagte. Und das gleich drei Mal, wie man im Buch lernt. 14.000 Meilen über das Meer nur mit Muskelkraft von einem Kontinent zum anderen. Die erste beginnt am 26. Oktober 2010 in Dakar im Senegal und endet am 2. Februar in Acaráu in Brasilien. Sie ist die kürzeste mit 98 Tagen auf See, die beiden anderen dauerten 167 und 111 Tage. Und so sehr sich die Routen unterscheiden: Jede Tour ist ein großes, gefährliches Abenteuer.
Piraten bedrohen ihn
Der damals 65-Jährige kämpft gegen Schlaflosigkeit, Bewegungsmangel und Blasen an den Händen. Beim Baden begegnen ihm Haie, Delphine schauen vorbei und Piraten bedrohen ihn. Dazu kommen noch riesige, giftige Quallen und Meeresschildkröten. Wie auch so manches Containerschiff, jedes zwanzigmal länger als die "Ola". Stürme setzten ihm zu wie auch hohe Berge und Gräben, denn der Meeresgrund ist ähnlich geformt wie der an Land. Über dem Unterwassergebirge von Sierra Leone saß er prompt tagelang fest.
Wie Aleksander Doba es geschafft hat, was es zu beachten gibt bei so einer Extremreise, wie Navigation funktioniert, welche Fische und andere Seetiere ihm begegnet sind, was sie ausmacht – nichts, aber wirklich gar nichts bleibt in diesem Buch außen vor. Auch nicht die Nahrungszubereitung. Und genau das macht dieses Bilderbuch Agata Loth-Ignaciuk und Bartlomiej Ignaciuk so famos. Sie schreibt. Er ist der Illustrator. Mein Lieblingsbild, das vom über Bord hängende Popo, der ganz nah über dem Maul eines Haies schwebt. Denn klar, auch der Toilettengang gehört zu solcher einer Atlantiküberquerung dazu. Ein großer Spaß also. Toll erzählt und fantastisch anzusehen: Viele der Bilder wirken wie Linolschnitte. Mit ihrer Schraffur geben sie der Geschichte ihre besondere Note. Bravo.