"Lamb"-Sängerin auf Folk-Pfaden
Lou Rhodes ist als Sängerin der britischen Band Lamb bekannt. Deren Musik wird gerne in die Schublade "Trip Hop" gepackt. Wenn Lou Rhodes allerdings als Solokünstlerin Musik macht, dann ist das im weitesten Sinne Folk - und in den meisten Liedern geht es um Liebe.
"Es war einer dieser seltenen heißen Tage in England. Ich griff meine Gitarre, setzte mich ins Gras und fing an, diesen Song zu schreiben. Es war so heiß, dass ich Angst hatte, das Holz meiner Gitarre könnte Schaden nehmen. Aber gleichzeitig wollte ich an so einem schönen Tag nicht drinnen sitzen."
"Wenn man sich in jemanden verliebt, dann ist es oft so, als würde man sich in alles Mögliche verlieben. Darum geht es in diesem Song. Man verliebt sich in diese eine Person, aber das beeinflusst den Blick auf alles andere auch. Als würde man sich in die ganze Welt verlieben."
Manchmal reichen schon ein wenig Sonnenschein, eine Wiese und Zeit, um Musik entstehen zu lassen. Und fast immer wird es ein Liebeslied sein, wenn Lou Rhodes auf dieser Wiese im Sonnenschein sitzt. Es ist kein Geheimnis, dass Lou Rhodes ein Faible für Liebeslieder hat. Wobei sie auf ihrem neuen Album "theyesandeye" auch politisch wird, aber dazu später. Erstmal ging es ihr um einen neuen Klang. In eine leicht psychedelische Richtung wollte sie gehen. Das Wort "Vintage" verwendet Lou Rhodes oft, wenn sie über ihr neues Album spricht.
"Heutzutage kann man ein Album auf einem Laptop im Schlafzimmer produzieren und man hört kaum einen Unterschied zu einem Album, das im Studio aufgenommen wurde. Ich wollte mich aber mehr mit den alten Aufnahmemöglichkeiten beschäftigen, die 1970er, Crosby, Stills and Nash. In deren Aufnahmen gab es einfach einen Zauber. Und diesen Zauber wollte ich in meine Musik bringen, ohne dass es zu retro ist."
Ein Mikrophon, das schon Sinatra verwendet hat
Einen großen Anteil am Klang des Albums hat das Studio, in dem es aufgenommen wurde. Mit riesigen Fensterfronten und Blick ins Grüne und ausschließlich analoger Technik. Da steht zum Beispiel ein Mischpult mit dem bereits die Beach Boys produziert wurden, oder ein Mikrophon, das schon Frank Sinatra verwendet hat. In diesem Studio trafen sich eher zufällig Lou Rohdes und Simon Byrt. Die beiden stellten schnell fest, dass sie ähnliche musikalische Vorstellungen haben. Außerdem hat Simon Byrt eine große Leidenschaft für Hall-Effekte und eine riesige Sammlung an Effekt-Geräten. Byrt wurde Co-Produzent und Hall ein tragender Bestandteil des Albums
"Hall-Effekte bringen uns zu verschiedenen Orten. Mit einem großen, langen Hall klingt es so, als würde man in einer großen Halle singen und mit einem kleinen Hall klingt es, als wäre man in einem Minibus. Es bringt die Zuhörer an neue Orte und das macht es so spannend."
Tatsächlich hat der Hall einen großen Einfluss auf den Klang der Stücke, erzeugt Wärme, Räumlichkeit oder auch Intimität. Interessanterweise klingen diese Effekte nie künstlich oder irritierend, ganz im Gegenteil: Wenn der Hall plötzlich rausgenommen wird, wie im Song "Angels" fehlt etwas, und das Stück klingt merkwürdig nackt.
Auf dem Album "theyesandeye" geht es um Liebe
In den meisten Liedern des Albums "theyesandeye" geht es um Liebe. Liebe zu Menschen, zwischen Menschen, Liebe zur Natur und am Leben. Diesmal jedoch wird Lou Rhodes auch politisch. Die Bombenanschläge beim Bostoner Marathon vor drei Jahren haben sie zu dem Lied "Them" inspiriert. Es geht um Verschwörungstheorien, Schuldzuweisungen und Machtspiele. Gedanken, die für sie auch auf die aktuelle politische Situation in Großbritannien passen:
"Jeder sucht gerade irgendeine Schuld bei Immigranten, Terroristen, Muslime. Aber ganz oft liegt die Quelle dieser Schuld bei uns selbst. Im Refrain des Liedes heißt es: Wenn man mit dem Finger auf jemand anderes zeigt, dann zeigen die restlichen Finger auf dich selbst. Das ist eine Metapher: Wenn man mit dem Finger auf jemanden zeigt, um ihn zu beschuldigen, sollte man sich mal ansehen, auf wen die anderen Finger zeigen und selbst Verantwortung für die Situation übernehmen."
Lou Rhodes´ Plan, den warmen, knisternden Sound der 70er ins musikalische Heute zu transportieren, geht auf. Das Ergebnis ist kein verstaubter, alter Klang, sondern wundervoll-aktuelle akustische Songs, die nicht auf die Gitarre reduziert sind. Da ist zum Beispiel die Harfe, gespielt von Tom Moth von der Band Florence and the Machine. Außerdem Glockenspiel, Streicher, Klavier und Gitarre. Mit der Musik, die sie sonst bei dem Trip Hop Duo Lamb macht, hat das rein gar nichts zu tun. Manchmal ist es geben gut, klare Trennungslinien zu ziehen.