Jaime Hernandez: "Love and Rockets" - Der Tod von Speedy
übersetzt von Oliver Kröll
Reprodukt Verlag, Berlin 2016
128 Seiten, 24 Euro
Jaime Hernandez: "Love and Rockets" - Liebe und Versagen
übersetzt von Conny Lösch
Reprodukt Verlag, Berlin 2016
112 Seiten, 24 Euro
Alternde, aber aufmüpfige Comic-Helden
Als vor 25 Jahren die Graphic Novel "Der Tod von Speedy" auf Deutsch erschien, wurde über Comics noch die Nase gerümpft. Inzwischen sind die Protagonisten der "Love and Rockets"-Reihe mit den Leserinnen und Lesern gealtert, aber zum Glück noch genauso aufmüpfig und anarchisch.
"Zwei-Dollar Kleid... filziges Haar... Kampfstiefel... wichtige Verabredung, Floh?"
"Warum hältst du nicht dein blödes Maul?"
"Hopey, du Arsch, wie konntest du mir das antun?"
"Warum hältst du nicht dein blödes Maul?"
"Hopey, du Arsch, wie konntest du mir das antun?"
Schon im allerersten Dialog geht es saftig zur Sache.
Die lateinamerikanische Teenagerin Maggie stapft wütend aus dem Haus ihrer Tante, barfuß mit schweren Stiefeln in der Hand, sie trägt ein schwarzes Kleid mit weißem Gürtel, darüber ein kariertes Holzfällerhemd. Ihre sprunghafte Flamme Hopey hat Maggie in einem abgewrackten Vorort von L.A. sitzen lassen, um mit ihrer Punkband auf Tournee zu gehen.
Das ungefilterte Lebensgefühl sozial abgehängter Jugendlicher in Südkalifornien schlägt einem aus diesem Buch entgegen: "Der Tod von Speedy" wurde 1987 im US-amerikanischen Comicmagazin "Love and Rockets" veröffentlicht. Zu einer Zeit, als sich die Comicszene unter dem Label "Indie/Alternative" etablierte und dennoch keine Rücksicht auf bürgerliche und feuilletonistische Maßstäbe nahm.
Das ungefilterte Lebensgefühl sozial abgehängter Jugendlicher in Südkalifornien schlägt einem aus diesem Buch entgegen: "Der Tod von Speedy" wurde 1987 im US-amerikanischen Comicmagazin "Love and Rockets" veröffentlicht. Zu einer Zeit, als sich die Comicszene unter dem Label "Indie/Alternative" etablierte und dennoch keine Rücksicht auf bürgerliche und feuilletonistische Maßstäbe nahm.
Wie erfrischend! Jaime Hernandez entwirft ein Feuerwerk an menschlicher, ethnischer und sexueller Vielfalt, das den Mikrokosmos der Hauptfigur Maggie prägt: Die lesbische Bassistin Hopey mit Halbglatze unter ihrer Basecap, die Afroamerikanerin Danita, die mit ihrem Sohn bei den Eltern wohnt oder die titelgebende Nebenfigur Speedy, ein attraktiver Macho, der durch eine Bettgeschichte zwischen die Fronten zweier Jugendgangs gerät und stirbt.
Das klingt nach hartem Alltag in den Suburbs - und ist es auch. Doch selten wurde diese Lebensrealität empathisch auf Augenhöhe, ohne sozialvoyeuristisches Ausstellen einer prekären Jugend in derart stilvolle Bilder gegossen: Schwarz-Weiß, mit extrem ausdrucksstarken Protagonisten und einfachen Bildräumen, die durch schwarze Flächen begrenzt werden.
Vor genau 25 Jahren startete der Reprodukt Verlag mit einer Übersetzung von "Der Tod von Speedy". Jetzt kommen zum Jubiläum gleich zwei Bände der "Love and Rockets"-Reihe auf Deutsch heraus: Neben der Neuerscheinung von "Der Tod von Speedy" der Band "Liebe und Versagen", der 30 Jahre später spielt. Jaime Hernandez hat den Stoff bis heute weitergesponnen, doch anstelle ewiger Jugend sind die Protagonisten mit den Lesern gealtert.
Vor genau 25 Jahren startete der Reprodukt Verlag mit einer Übersetzung von "Der Tod von Speedy". Jetzt kommen zum Jubiläum gleich zwei Bände der "Love and Rockets"-Reihe auf Deutsch heraus: Neben der Neuerscheinung von "Der Tod von Speedy" der Band "Liebe und Versagen", der 30 Jahre später spielt. Jaime Hernandez hat den Stoff bis heute weitergesponnen, doch anstelle ewiger Jugend sind die Protagonisten mit den Lesern gealtert.
Im aktuellen Band schlägt sich Maggie als Mittvierzigerin durchs Leben und trifft auf altbekannte Freunde – neben Hopey, die in einer festen Beziehung lebt und nach einem Samenspender für ihre lesbische Familie sucht, kreuzen sich Maggies Wege mit Ray, der seit Schulzeiten in sie verliebt ist (und ja, es gibt ein Happy End!).
Da "Liebe und Versagen" in mehreren Rückblenden die Fäden von Maggies Kindheit und Jugend wieder aufnimmt, ist die Geschichte auch für Neueinsteiger verständlich, die nicht seit den 1980er Jahren "Love and Rockets"-Fans waren. Die aufmüpfigen Texte samt anarchischer, manchmal auch pornographischer Bilder erinnern an Zeiten, in denen noch über Comics die Nase gerümpft wurde. Doch vielleicht macht genau diese kompromisslose Ästhetik "Love and Rockets" zu der großen Indie-Comic-Kunst, die sie ohne Zweifel ist. Eine überfällige (Wieder-)Entdeckung!