Befangenheitsanträge gegen Richterin
Fast fünf Jahre nach der Loveparade-Katastrophe sollen nun endlich die Strafprozesse gegen die Betreiber losgehen. Doch jetzt droht eine weitere Verschiebung, denn: Die zuständige Richterin muss eventuell abgelöst werden, denn sie gilt als befangen.
Ab September soll die Klage eines 53-jährigen Feuerwehrmannes verhandelt werden, der die Veranstalterfirma Lopavent, deren Geschäftsführer Rainer Schaller sowie das Land NRW auf Schadenersatz und Schmerzensgeld verklagt hat. Für November wurden zudem vier Verfahren terminiert, in denen Klägerinnen zusätzlich noch die Stadt Duisburg ebenfalls auf Schadenersatz und Schmerzensgeld verklagt haben.
Doch diese Termine könnten sich nun verzögern. Der Grund: Die zuständige Richterin ist mit einem Anwalt einer Kanzlei verheiratet, die ein entlastendes Gutachten für die Stadt Duisburg erstellt hat. Für Opferanwältin Bärbel Schönhof Grund, einen Antrag wegen Besorgnis der Befangenheit zu stellen, da…
"Letztendlich diese private Verknüpfung für mich Anhaltspunkt genug ist, um einen solchen Antrag zu stellen. Weil hierdurch der Eindruck entsteht, entstehen kann, dass eine unbefangene und neutrale Bearbeitung dieser Verfahren nicht mehr gegeben ist."
Ehemann der Richterin an entlastendem Gutachten beteiligt
Der Ehemann der Richterin habe zwar das Gutachten nicht höchstpersönlich verfasst, allerdings sei er Partner in der Kanzlei, die nach Medienberichten für die Erstellung rund 420.000 Euro erhalten haben soll. Alle Partner würden von Honoraren profitieren. Zudem, so heißt es in dem Befangenheitsantrag, der diesem Sender vorliegt, sei das Mandat der Sozietät erteilt worden, wodurch es eben auch dem Ehemann der Richterin übertragen worden sei, so Schönhof.
Die Opferanwältin, die rund 30 Personen in verschiedenen Loveparade-Prozessen vertritt, ist vor allem durch die Abläufe irritiert:
"Also ich kann diesen Zeitpunkt der Bekanntgabe nicht ganz nachvollziehen. Meines Erachtens wäre es sachgerechter gewesen, sofort bei Übernahme dieser Verfahren, also sprich bei Klageeinreichung und Zuweisung an die jeweiligen Kammern, sofort bekannt zu geben, dass hier eine private Verknüpfung gegeben ist, um einfach den Beteiligten auch rechtzeitig die Möglichkeit zu geben, darauf zu reagieren."
Obwohl die Klage bereits vor über einem dreiviertel Jahr eingereicht worden sei, hatte die Richterin allen Parteien erst Ende vergangener Woche über diese Zusammenhänge informiert, gleichzeitig aber betont, dass sie sich nicht befangen fühle. Zitat: "Die Parteien mögen entscheiden, welche Bedeutung der Hinweis für sie hat." Für Rechtsanwältin Schönhof nicht nachvollziehbar:
"Zum jetzigen Zeitpunkt ist eher schädlich für das Verfahren, aber auch für das Ansehen der Justiz in der Öffentlichkeit, weil einfach zu lange gewartet wurde."
Stellvertreter könnte übernehmen
Vor allem sei eine Besorgnis zur Befangenheit alleine dadurch gegeben, dass das Gutachten auch Teil des Verfahrens sei. Schönhof verwundert vor allem, dass die Richterin, die bereits stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Richter und Staatsanwälte war, wohl die öffentliche Wirkung in diesem höchst sensiblen Verfahren unterschätzt habe. Sie geht fest davon aus, dass ihrem Antrag stattgegeben wird. Nun ist das Landgericht Duisburg gefragt, das sich seit Wochenbeginn damit beschäftigt – Gerichtssprecher Bernhard Kuchler:
"Das übliche Verfahren, das jetzt auch schon angelaufen ist, sieht vor, dass eine dienstliche Stellungnahme der Kollegin eingeholt wird, die dann nochmal schildert, wie die Zusammenhänge sind. Diese dienstlichen Stellungnahmen werden dann allen Beteiligten zur Stellungnahme zur Verfügung gestellt und anschließend muss das Gericht – ohne Beteiligung der abgelehnten Kollegin – darüber entscheidend, ob die Besorgnis der Befangenheit gerechtfertigt ist oder nicht."
Gerichtssprecher Kuchler gab sich zudem zuversichtlich, dass dies innerhalb der nächsten Wochen geschehe. Sollte die Richterin abberufen werden, so könnte ihr Stellvertreter übernehmen und ein Nachfolger müsste sich nicht extra neu einarbeiten. Das wäre eine gute Nachricht. Denn: Der Prozessbeginn im Herbst wäre damit dann nicht gefährdet.