Loveparade-Prozess zu Ende

Viele Fragen bleiben offen

06:26 Minuten
Menschen stehen dichtgedrängt vor und auf einer Treppe an einem Tunnelausgang in Duisburg.
Im Juli 2010 kamen bei der Duisburger Loveparade 21 Menschen ums Leben. © Daniel Naupold / picture alliance / dpa
Julius Reiter im Gespräch mit Stephan Karkowsky |
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Im Loveparade-Prozess hat das Landgericht Duisburg heute die Einstellung des Verfahrens bekannt gegeben. Dass Corona als Grund dafür herhalten soll, ist für den Nebenkläger-Anwalt Julius Reiter nicht nachvollziehbar.
Knapp zehn Jahre ist es her, dass bei einer Massenpanik während der Loveparade in Duisburg 21 Menschen ums Leben kamen, mindestens 650 wurden verletzt. In einem der aufwändigsten Prozesse der deutschen Nachkriegsgeschichte sollte geklärt werden, wer die Schuld an der Katastrophe trägt – ohne Ergebnis.
Nun soll der Prozess eingestellt werden. Der Fortgang des Verfahrens werde durch die Corona-Pandemie behindert, begründete das Gericht seinen Vorschlag.

Genug Platz im Gerichtssaal

Eine solche Erklärung sei für Angehörigen nicht nachvollziehbar, sagt Julius Reiter, der in dem Prozess die Nebenkläger vertritt. "Es wirkt wie vorgeschoben." Der Gerichtssaal fasse 500 Leute, einen idealeren Ort könne er sich nicht vorstellen.
Man sitze dort "mit gebührendem Abstand, mit Mikrofonen ausgestattet, voll vernetzt, mit drei Leinwänden vorne. Das ist auch irgendwie ein unwürdiger Abschluss des Ganzen, dann mit so einer Begründung zu kommen."

Es bleiben offene Fragen

Aufklärung sei das Wichtigste für die Betroffenen, um einen Abschluss zu finden, so Reiter. Der Prozess habe zwar durchaus "viel gebracht" und das vorliegende Gutachten sei mit 3800 Seiten auch sehr umfangreich.
Allerdings komme der Gutachter zu einem anderen Ergebnis als der, der zuvor eingesetzt gewesen sei. So gebe es etwa unterschiedliche Einschätzungen bezüglich der Mitverantwortung der Polizei. Insofern habe sich hier "hinsichtlich der Wahrheitsfindung doch einiges verschoben."

Abschlussdebatte im Landtag sinnvoll

Reiter sprach sich außerdem für eine politische Aufarbeitung aus. Im nordrhein-westfälischen Landtag müsse eine Abschlussdebatte zur Duisburger Loveparade geben, sagt der Anwalt.
Auch müsse die Landesregierung Stellung beziehen, welche Konsequenzen aus der Katastophe gezogen würden und was getan werde, damit die Opfer nicht allein gelassen würden. "Das sind Fragen, die muss die Politik jetzt lösen."
(ckü)
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