Comic wird bestes Jugendbuch
Es ist sowohl politisch als auch künstlerisch ein bemerkenswerte Entscheidung: Die Graphic Novel "Der Traum von Olympia", ein Comic also, wurde auf der Leipziger Buchmesse mit dem Luchs Kinder- und Jugendbuchpreis 2015 prämiert.
Autor der Bildergeschichte ist der Berliner Künstler Reinhard Kleist, der sich auch wegen seiner sorgfältigen Recherchen einen Namen gemacht hat.
Hintergrund des mit schwarzer Tusche, sehr emotional erzählten Comics ist die noch gar nicht lange zurückliegende tödliche Reise der bei ihrem Aufbruch erst 20 Jahre alten Samia Yusuf Omar aus Somalia. Sie hatte als Leichtathletin bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking teilgenommen. Dort war sie beim 200-Meter-Lauf weit abgeschlagen ins Ziel gelaufen und wollte anschließend endlich richtig trainieren, um dann erneut bei Olympia 2012 in London durchzustarten.
Ihren Traum bezahlte die junge Somalierin mit dem Leben. Weil es in Mogadischu für sie keine Trainingsmöglichkeiten gab, floh sie aus ihrer von Islamisten beherrschten Heimat und ertrank im April 2012 bei einer Mittelmeer-Überfahrt, als sie ein überfülltes Schlauchboot von Libyen nach Italien bringen sollte.
Mit 8000 Euro prämierter Preis
Kleist, der prämierte Zeichner und Erzähler, muss nun mit der eigenwilligen Tatsache leben, dass ihm – dem "weißen männlichen Mittvierziger", wie er sagte – die tragische Geschichte dieser willens- und hoffnungsstarken Sportlerin den mit 8000 Euro prämierten Luchs-Preis eingebracht hat, während die ehrgeizige junge Frau nicht mehr lebt.
Das wurde auch Thema bei der Preisverleihung. Ob ihm das Projekt manchmal emotional zu nahe gegangen sei, wurde er gefragt. Worauf Kleist antwortete: Diesmal nicht, aber es sei ihm durchaus schon passiert, dass er bei einer Recherche heulend vor dem Rechner gesessen habe. Mittlerweile nehme er aber so etwas wie professionelle Distanz für sich in Anspruch.
Recherchiert hatte Kleist das Leben von Samia Yusuf Omar unter anderem, indem er deren in Helsinki lebende Schwester lange interviewt hatte. Viele Details und Dialoge im Comic sind allerdings fiktiv, sie wurden vom Autor einfühlend rekonstruiert.
Der Luchs Kinder- und Jugendbuchpreis wird seit 30 Jahren von der Wochenzeitung "Die ZEIT" und Radio Bremen vergeben. (huc)