Lucy Fricke: "Töchter"

"Viele verpassen den Moment, mit ihren Eltern aufrichtig zu reden"

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"Wir erklärten ihnen das Internet und sie uns das Wetter", heißt es über die Väter im Buch "Töchter" von Lucy Fricke. © Deutschlandradio / Stefan Fischer
Moderation: Dorothea Westphal |
Zwei Frauen um die 40 begeben sich in Lucy Frickes neuem Roman "Töchter" auf die Suche nach ihren Vätern, die lange abwesend waren. Gemeinsam unternehmen sie mit einem von ihnen eine letzte Reise. Das Buch im Stil eines Roadmovies steht auf der "Spiegel"-Bestsellerliste.
Ein Roman über zwei beste Freundinnen, beide um die 40 - das klingt nach klassischem Frauenroman mit Prosecco, Torschlusspanik und Männerproblemen. Doch genau das ist Lucy Frickes Buch "Töchter" nicht.
Es geht in dem Roman, der auf der "Spiegel"-Bestsellerliste steht, um Väter bzw. um die Leerstelle, die durch Vaterlosigkeit entsteht, so Lucy Fricke im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur. Denn beide Hauptfiguren, Betty und Martha, sind ohne Vater aufgewachsen. Das sei "eine Lücke im Leben, die gewaltige Ausmaße annehmen kann", sagt die Autorin. "Man ist ständig auf der Suche, man ist auch auf der Suche nach Halt."

Ein Buch, das Illusionen zertrümmert

So sehnt sich Betty nach ihrem Ziehvater, der tot sein soll und will sein Grab in Italien aufsuchen. Marthas leiblicher Vater ist schwer krank und meldet sich nach vielen Jahren wieder bei seiner Tochter: "Er möchte von seiner Tochter in die Schweiz gefahren werden zur Sterbehilfe, und das ist für sie allein nicht machbar", sagt Lucy Fricke. "Dafür braucht sie ihre beste Freundin." Zu dritt machen sie sich auf in Richtung Schweiz, wo sie nie ankommen. Auf dieser Reise entpuppt sich die Idealisierung des abwesenden Vaters als Illusion, die "ziemlich zertrümmert" wird, so die Autorin.

Eine Leerstelle, die ein Leben lang bleibt

Ihre Motivation, "Töchter" zu schreiben, sei die Frage des Umgangs damit gewesen, dass die eigenen Eltern älter werden. "Wir sind jetzt in einem Alter, mit um die 40, wo die Eltern krank werden oder sterben, sich die Verhältnisse auch umkehren, die Eltern zu Kindern werden, man sich wieder kümmern muss, man die Eltern auch noch mal ganz anders wahrnimmt." Und viele verpassten den Moment, mit ihren Eltern aufrichtig zu reden. "Und das bleibt ja dann ein Leben lang auch eine andere Leerstelle, dass man dieses Gespräch oder diese Nähe nicht mehr herstellen konnte."
Für Lucy Fricke, Jahrgang 1974, sei "Töchter" insofern auch eine Vorbereitung: "Mit diesem Buch gebe ich mir selbst die Möglichkeit zu reden und auch mit den eigenen Eltern zu reden."
(uko)

Lucy Fricke: "Töchter"
Rowohlt-Verlag 2018
240 Seiten, 20 Euro

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