WHO-Leitlinien zur Luftqualität

Wie Luftverschmutzung krank macht

09:25 Minuten
Aus den Türmen des mit Braunkohle betriebenen Kraftwerks Niederaussem bei Bergheim in Nordrhein-Westfalen, steigt dichter Rauch auf.
Luftverschmutzung entstehe auch durch Industrieabgase, sagt der Lungenarzt Christian Gogoll. © picture alliance / Zoonar
Christian Gogoll im Gespräch mit Julius Stucke |
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Die WHO hat neue Leitlinien zur Luftqualität veröffentlicht. Diese sind aber nicht bindend. Dabei ist der Zusammenhang zwischen Schadstoffbelastung und Erkrankungen sehr deutlich, sagt der Arzt Christian Gogoll.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass weltweit jährlich sieben Millionen Menschen an den Folgen von Luftverschmutzung frühzeitig versterben. Nach mehr als 15 Jahren hat die WHO heute neue Leitlinien zur Luftqualität veröffentlicht. Allerdings sind diese Leitlinien lediglich Empfehlungen. Das heißt, sie sind keine rechtlich verbindlichen Grenzwerte, sondern dienen der Europäischen Union nur zur Orientierung.
Die EU hat eigene Grenzwerte formuliert und will bis zum Herbst 2022 über mögliche Veränderungen beraten. Deutschland halte, so das Umweltbundesamt, seine Feinstaubwerte aktuell ein.

Schlechte Luft und Krankheit

Es sei nicht einfach zu sagen, welche Luftverschmutzung zu welcher Krankheit führe, sagt der Lungenfacharzt Christian Gogoll . Aber alleine Feinstaubbelastung führe zu einem „ganzen Potpourri an Erkrankungen“, so der Oberarzt an einer Berliner Lungenklinik.
Dazu zählten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, unter anderem auch steigendes Schlaganfallrisiko; Herzerkrankungen – und natürlich Atemwegserkrankungen wie Asthma. Es entstünden auch Tumorerkrankungen der Lunge. Und eine Bronchitis könne sich durch die Belastung verschlechtern.
Bei Schwangeren führe Feinstaubbelastung „zu einer verkürzten Schwangerschaft, zu einem kleineren Geburtsgewicht und auch zu einer höheren Anfälligkeit des Kindes“.
Der Zusammenhang zwischen Schadstoffbelastung und Erkrankungen sei deutlich, sagt Gogoll. „Wir sehen in Umgebungen, die deutlich schadstoffexponiert sind, deutlich höhere Raten an Verschlechterung zum Beispiel des Asthmas unter ungünstigen Umweltbedingungen.“ Doch zu diesen ungünstigen Umweltbedingungen gehöre etwa auch unser urbanes Klima mit trockeneren und heißeren Sommern.

Mehr öffentlicher Nahverkehr reicht nicht

Wie wichtig eine gute Lungengesundheit ist, hat man auch in der Corona-Pandemie gesehen. Denn an Covid sind vermehrt Menschen gestorben in Regionen, in denen die Luft belastet ist. Allerdings steige in Metropolregionen durch die Bevölkerungsdichte auch die Ansteckungsgefahr. „Der eigentliche Faktor ist die Infektion, ganz klar.“
Aber wenn die Atemwege, die Lunge nicht ganz gesund seien, „ist es auch wahrscheinlich, dass man sich rascher anstecken kann mit einem Virus. Andererseits ist es so, dass der Asthmatiker, nur weil er Asthma hat, nicht typischerweise gefährdeter ist, eine Covid-19-Erkrankung zu bekommen.“
Was also kann die Luftqualität zu verbessern? Christian Gogoll setzt vor allem darauf, den öffentlichen Nahverkehr attraktiver zu machen. Aber das alleine reiche nicht, betont er: „Abgase entstehen auch durch die vielen Paketlieferanten, durch die Lkw- und Industrieabgase.“

Forderung nach Böllerverbot

Auch Stefan Detjen, Leiter des Deutschlandradio-Hauptstadtstudios sieht besonders bei den Kommunen den Schlüssel zur Senkung der Feinstaubemissionen. Zum Beispiel durch Verkehrslenkung könnten sie in diesem Bereich sehr viel tun. Es sei ein internationaler Wettbewerb eröffnet worden. Etwa durch die Pariser Bürgermeisterin, die in ihrer Stadt flächendeckend Tempo 30 eingeführt hat.
Die deutsche Umwelthilfe sieht vor allem den Bund in der Pflicht: Sie hat heute ein frühzeitiges, bundesweites Verkaufsverbot für Silvesterböller und Raketen gefordert. Diese führten jedes Jahr zu einer hohen Luftbelastung, schädigten Millionen Tiere, verschmutzten die Umwelt und sorgten für tausende Verletzungen, so die Kritik der Umwelthilfe.

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