Luise, die Königin der Mode

Von Barbara Wiegand |
Königin Luise von Preußen kleidete sich stets im Trend der Zeit. Auf Schloss Paretz bei Potsdam werden nun erstmals ihre noch erhaltenen Kleider gezeigt. Die Schau ist der Abschluss einer Ausstellungsreihe zu Luises 200. Todestag.
"Fashion Victim" steht weiß auf poppig magentafarbenem Grund auf einem Plakat am Eingang des Schlosses zu lesen. "Fashion Queen" wäre wohl der treffendere Ausdruck – denn Luise war sicher mehr eine Königin denn ein Opfer der Mode. In buchdicken Magazinen informierte sie sich über neueste Trends, sie schrieb ihrem Bruder nach Paris, dass sie dringend neue Hüte bräuchte – weil sie doch gar nichts mehr anzuziehen hätte.

Sie ließ sich daheim im Schloss die neuesten, besten und sicher auch teuersten Stoffe vorführen und füllte dann schon mal ihren Kleiderschrank mit einem tiefen Griff in die Staatsschatulle auf – was eine in der Ausstellung präsentierte Rechnung über 10.800 Taler belegt.

Dermaßen ausgestattet wusste sich Luise im Stil und Schnitt der Zeit zu kleiden. Wobei sie sich darüber bewusst war, dass Kleider nicht nur Leute, sondern auch Königinnen machen. Und so verknüpfte sie die persönliche Leidenschaft für die Mode mit der geforderten Repräsentation. Hartmut Dorgerloh, Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten:

"Wenn man heute die Zeitung aufschlägt, dann guckt man schon: Was hat die Kanzlerin an, was hat Michelle Obama, was Carla Bruni an? Und die haben natürlich im 18. Jahrhundert genau das Gleiche gefragt, gerade wenn, wie im Fall Luise, sie so präsent war.

Sie war ja nicht hinter ihrem Mann, sie sind überall zusammen aufgetreten. Sie wurde viel stärker wahrgenommen. Er war zurückhaltend, eher etwas knorzig, während sie die Kinder geküsst hat, auf die Menschen zugegangen ist – und gerade da wurde natürlich gefragt, was hat sie denn bitteschön heute wieder an?"

Mal hatte sie ein orangefarbenes Tunikakleid an, mit goldbestickten Gazeärmeln, mal trug die Pferdeliebhaberin ein an eine Husarenuniform erinnerndes Reitkostüm mit einem Zylinder, den eine Straußenfeder zierte. Morgens empfing sie Gäste im violetten bodenlangen Seidenmantel, abends brillierte sie in blauer Robe nebst Schleppe. Kuratorin Bärbel Hedinger:

"Und wir haben die ganz ganz große Kurrobe von der Burg Hohenzollern. Die wurde nicht in Paretz getragen. Das ist ja ein Landschloss hier. Es ist mit Perlen bestickt und es hat auch wieder den unter dem Busen gegürteten Schnitt."

Diese im an die Antike angelehnten Empire-Stil geschnittenen Kleider zeigen: Egal, was Luise trug - sie traute sich was. Denn die gern tief ausgeschnittenen, unterhalb der Brust locker zu Boden fallenden Kleider umflossen den Körper sehr figurbetont.

Was sich die außerhalb ihrer vielen Schwangerschaften sehr schlanke, für damalige Verhältnisse groß gewachsene Königin durchaus leisten konnte. Und was neben Entrüstung auch kaum verhohlene männliche Bewunderung hervorrief. So beschrieb ein Augenzeuge, der der Königin in einem weißen Chemisenkleid begegnete, nachher verzückt:

"Sie war in weißes Silberlinon gekleidet und der Unterzug des Gewebes war so dünn, dass eine jede Bewegung uns ihre Nymphengestalt zeigte. Das Kleid war sehr weit auf dem Rücken ausgeschnitten und ein runder Schemisenzug bedeckte kaum die Brust."

Gewagt und extravagant waren nicht nur Luises Kleider – sondern auch die vielen Accessoires. Etwa die halstuchartige Kinnbinde, die angeblich eine Schwellung verhüllte. Von der die Kuratorin in Paretz aber vermutet, dass es doch ein purer Modegag war. Die Hauben und Hüte, unter denen ihre Locken hervorschauten, oder auch der orientalische Turban, den die gebürtige Prinzessin Luise von Mecklenburg-Strelitz bei einem Treffen mit Napoleon trug.

So liebevoll wie detailliert lenkt die Schau den Blick auch auf anderes modisches Zubehör. Auf bestickte Taschentücher, Rougetiegel und Quasten, Rezepturen für Schönheitslotions. Und auch die kuscheligen Kaschmirschals sind zu sehen, die sich die Königin oft über die Schultern legte, wohl um sich in den dünnen, oft kurzärmligen Roben etwas warm zu halten.

So seien die zahlreichen Lungenerkrankungen und der frühe Tod Luises auch nicht dem Diktat der leichten Mode geschuldet, meint die Kuratorin. Zumal sie sich gern auch in russische Pelze hüllte. Die sind zwar in der Ausstellung nicht zu sehen. Genauso wie unter den Exponaten auch nur acht originale Kleider sind. Denn vieles von der Garderobe Luises ist zerstört, anderes kann aus konservatorischen Gründen nicht mehr gezeigt werden.

So handelt es sich nicht um eine große, spektakuläre Kostümschau. Vielmehr um eine kleine, fast intime Ausstellung, die in ihrer abwechslungsreichen und lebendigen Gestaltung intensive Einblicke in diese Epoche liefert. Die Luise nicht nur als preußische Herrscherin und historische Persönlichkeit, sondern auch als eine Königin der Mode prägte.

Zum Thema:
Homepage der Ausstellung "Luise. Die Kleider der Königin."
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