Lyriksommer - Dichter empfehlen Gedichte (8)

    Joanna Müller: zaranna

    Die Tastatur einer alten Schreibmaschine.
    "dolmetsche dich in die stille" © imago / McPHOTO
    Dagmara Kraus empfiehlt Joanna Müller, weil sie in ihren experimentellen Gedichten "die Grenzen der polnischen Sprache und Grammatik auslotet".
    (Übersetzung Dagmara Kraus)
    matutinchen
    willkommen, Agnieszka!
    du triffst mählich ein, im rhythmus der brandung
    in mir späten, getriebenen, längst nicht bereiten
    zu viele worte wehen noch im durchzug am boden
    wenn ich so dasteh im auslaut, bunt wie die litfaß
    sperrangelweit offen mit ringsum den postervisagen
    du mienchen, nicht zu ermitteln: erstehst, wo ich nicht bestehe
    weißes blatt du, ringelchen, früheling
    schneebeerchen, lämmchen im purpur
    sei stark wie der schlaf der nachtschichthebamme
    stimme mich mit mir gleich, morgensternige, zerre mich ins helle
    schrumpfe mich zur topographie von urhöhen und -tälern
    von allen sinnen übe mich im schauen
    schnapp ein in die körperkapsel, dolmetsche dich in die stille
    atmen • ich veräußere mich ins bleiche laken
    atmen • ich winde mich, das grelle gehäuse nach innen
    atmen • ich spule lockeres rot auf dich über
    jetzt kannst du mich schon mit deiner blässe eröffnen
    (Verlag Biuro Literackie, Wrocław 2015, Übersetzung noch unveröffentlicht, erscheint in der Reihe inter_poems)