Monika Niehaus/ Andrea Pfuhl: "Die Psycho-Trojaner – Wie Parasiten uns steuern"
Hirzel Verlag 2016
238 Seiten, 24,90 Euro
Die Macht der Parasiten
Monika Niehaus und Andrea Pfuhl lassen den Leser erschaudern. In "Die Psycho-Trojaner" schildern sie, wie winzige Parasiten unser Hirn befallen und unsere Psyche beeinflussen können. Und zwar so geschickt, dass viele Ärzte die falsche Diagnose stellen.
An Bakterien und Viren fehlt es uns nicht. Billionen sitzen seit Urzeiten in unserem Darm und helfen uns bei der Verdauung. Einige allerdings begnügen sich nicht mit dieser dienenden Rolle und drehen den Spieß um: Sie dringen ins Gehirn vor und machen uns zu ihren Dienern.
Das klingt wie aus einem Science Fiction Film, ist aber leider Realität. Die beiden Autorinnen Monika Niehaus und Andrea Pfuhl benennen in ihrem Buch eine Handvoll Parasiten, die unseren Körper gekapert haben und ihn so lenken, dass er ihrer Vermehrung dient. Das beginnt bei Läusen und endet im Buch bei dem Toxoplasma-Virus.
Die Autorinnen haben bei ihren Recherchen manche kuriose Geschichte entdeckt. So beherrschten Läuse bis ins 19. Jahrhundert hinein die europäischen Königshöfe. Da man sich nicht wusch, fanden sie bei Hofe ideale Lebensverhältnisse vor. Sie galten als Zeichen strotzender Gesundheit und Manneskraft, weil sie dem Körper angeblich schädliche Säfte entzögen. Dass Läuse auch tödliche Krankheiten wie das Fleckfieber übertrugen, entdeckte man erst 1903.
Winzige Fadenwürmer können das Immunsystem manipulieren
Auch Flöhe galten als lästig, aber harmlos, obwohl sie neben Fleckfieber auch den Pesterreger verbreiteten. Doch auch das entdeckte man erst sehr viel später. Dank erheblich verbesserter Hygiene sind Flöhe und Läuse und die von ihnen übertragenen Krankheiten in Europa kein Thema mehr, allerdings noch in den Entwicklungsländern.
Nicht weniger heimtückisch sind Würmer. Fast ein Viertel der Menschheit beherbergt diese Parasiten, die sich im Darm einnisten und mitessen. Bedrohlicher sind die Wuchereria, winzige Fadenwürmer, die das Lymphsystem entern und das Immunsystem so manipulieren, dass es sie ignoriert. In der Folge kann es zu dramatischen Ansammlungen von Lymphflüssigkeit führen. Die Gliedmaßen schwellen monströs an. Diese Elephantiasis ist in Entwicklungsländern noch weit verbreitet.
Toxoplasma lässt Ratten auf Katzen stehen
Im zweiten Teil ihres Buches beschreiben die Autorinnen dann Parasiten wie das Syphilis-Bakterium, das Bornavirus oder das Toxoplasma, die in das menschliche Gehirn eindringen und die Psyche verändern. Besonders raffiniert ist der Einzeller Toxoplasma. Der manipuliert das Rattengehirn so, dass es den Duft einer Katze unwiderstehlich finden. Sinn des selbstmörderischen Verhaltens: In der Katze kann sich der Erreger prächtig vermehren. Beim Menschen beeinflusst das Toxoplasma über mehrere chemische Zwischenschritte den Dopaminausstoß im Gehirn. Ein erhöhter Dopaminspiegel aber wird für Wahnvorstellungen und Halluzinationen, für Schizophreniesymptome verantwortlich gemacht.
Man liest die Geschichten über Läuse- und Flohparasiten sowie Würmer noch relativ gelassen und amüsiert, denn die übertragenen Krankheiten sind kurierbar und zumindest im Westen so gut wie ausgestorben. Doch bei den Parasiten, die die Psyche befallen, gruselt es einen. Die maskieren sich dermaßen geschickt, dass die meisten Ärzte gar nicht auf die Idee eines Parasitenbefalls kommen. Vielleicht hilft das Buch, den einen oder anderen Mediziner und auch betroffenen Patienten aufzuwecken, so dass er bei entsprechenden Symptomen zukünftig auch nach Parasiten suchen lässt. Ein ebenso aufregender wie anregender Bericht über die Macht der Parasiten.