Maarten't Hart:"Die grüne Hölle"

Vom Triumph der Brennnessel

Frau transportiert Gartenabfälle mit einer Schubkarre
Der Titel "Die grüne Hölle" stammt von einer Kolumne, die Maarten't Harts für eine Zeitschrift verfasste, von der er nie wieder belästigt werden wollte. © imago/Redeleit-L.
Von Hans von Trotha |
Die unter dem Titel "Die grüne Hölle" auf Deutsch erschienenen Garten-Kolumnen des niederländischen Erfolgsautors Maarten t'Hart sind meinungsstarke Plädoyers etwa für Vegetarismus und das Klonen. Man muss sich allerdings durch viel Unkraut kämpfen - und der Titel ist irreführend.
Maarten't Hart, Sohn eines Totengräbers und einer Gärtnerstochter, ist einer der meistgelesenen niederländischen Autoren. Als "Die Grüne Hölle" sind jetzt Garten-Kolumnen auf Deutsch erschienen, die er um die Jahrtausendwende für das NRC Handelsblad schrieb. Der Titel ist irreführend, bezieht er sich doch auf eine angehängte Kolumne, die Hart für eine Gartenzeitschrift verfasste, von der er nie wieder belästigt werden wollte und die deswegen vom Triumph der Brennnessel handelt.
In Wahrheit ist Hart dem Hektar Land hinter seinem Haus verfallen. Ja, bisweilen beschleicht einen das Gefühl, der Garten mitsamt den Pflanzen und Tieren, die ihn beleben, ist womöglich das einzig Irdische, was noch die Sympathie des alternden Literaten zu wecken vermag.
Nun kann man lamentieren, dass 15 Jahre alte Kolumnen, die zudem in einem Land erschienen sind, dessen Probleme und politisches Personal wir nicht kennen, kein Buch sind, und dass schon Chuzpe dazu gehört, das einfach so unkommentiert zu drucken.
Mit einer guten Portion Wohlwollen kann man das krude Feld, das sich da - parzelliert in Kolumnenhappen - auftut, aber auch auf das Genießbare hin abgrasen, was es bereithält – so wie der gärtnernde Autor dem zickigen Kleiboden Kartoffeln und Spinat abtrotzt.

Eigenwillige Theologie für's Ende des Lebens

Die Texte enthalten meinungsstarke Plädoyers für und gegen alles Mögliche: für Vegetarismus und gegen "das Dreckszeug aus dem Supermarkt"; gegen das Keulen von kranken Tieren (die Regierung sei da "vollkommen unzurechnungsfähig. Also Sicherungsverwahrung und Zwangstherapie"), nicht aber von Kritikern von J.S. Bach ("Das Gesetz verbietet es leider, jemanden, der solche dämlichen Ansichten veröffentlicht, zu keulen, so gerne man dies auch täte"); gegen den "Schurken Michel Montaigne" (der mag keinen Dicken Bohnen und keine neuen Kartoffeln) und für das Klonen ("Es ist vollkommen lächerlich sich vor dem Klonen zu grausen").
Unentschieden ist Hart eigentlich nur beim Gelbspötter, dem "Strawinsky unter den Singvögeln":
"Durchdringend, frech, dominierend, hin und wieder verblüffend schön, meistens jedoch scheußlich, schrill und scheppernd".
Zwischen viel Unkraut gibt Harts Grüne Hölle, womöglich gegen die Intention des Autors, der gern Fachliteratur zitiert, weniger praktische Hinweise für das eigene Stück Land frei als Momente poetischer ("Doch wenn man Gott als Gärtner anstellt, dann zeigt sich sehr bald dass er … auffallend faul ist"), philosophischer ("Wer gärtnert, ist Futorologe") und allgemeinmenschlicher Natur ("wenn ich gärtnere, überfällt mich das Memento-mori-Bewusstsein mit aller Heftigkeit").
"Pietistischer Typ, allerdings mit einem Minuszeichen davor", der er ist, mischt Hart dem Ganzen als eine Art Humus eine eigenwillige Theologie für's Ende des Lebens unter, die einen hart erarbeiteten Frieden mit der Welt durchscheinen lässt. Beim Anblick eines Sperbers, der einen schreienden Spatz bei lebendigem Leib frisst, befindet der glühende Atheist:
"Wenn ich Zeuge dieses Schauspiels werde, denke ich immer an das, was mein Vater so oft sagte: 'Wie schön ist Gottes wunderbare Schöpfung doch'."

Maarten't Hart: Die Grüne Hölle
Aus dem Niederländischen von Gregor Seferenz
Piper Verlag, München 2016
208 Seiten, 14 Euro