Le Pen gegen Le Pen
Lange hatte sie die rassistischen und antisemitischen Äußerungen ihres Vaters Jean-Marie Le Pen geduldet. Mit einem neuen Anlauf versucht Front-National-Chefin Marine Le Pen nun ihren Vater aus der Partei auszuschließen. Der hat Klage angekündigt.
Der Streit der Le Pens ist nicht vorbei. Nach drei Stunden Anhörung in der Parteizentrale der französischen Extremisten gestern Nachmittag, hatte die Parteispitze am Abend mitgeteilt, das Exekutivbüro habe beschlossen, Jean-Marie Le Pen aus dem Front National auszuschließen. In der Nacht schob der Parteisprecher, Alain Vizier, eine Erklärung hinterher: Die Entscheidung werde den Mitgliedern des Disziplinargremiums heute zur Unterschrift vorgelegt.
"Das war eine Maskerade, ein Hinterhalt"
Der Front National ist bemüht, Formfehler zu vermeiden, aber die Juristen von Vater Le Pen reiben sich bereits die Hände. Sie hatten schon gestern erste Verfahrensfehler angedeutet und gaben sich auch heute siegessicher. Drei Verfahren gegen die Partei hatten sie zuletzt in derselben Sache gewonnen. Und auch der Ausgestoßene selbst gibt nicht auf.
"Das war eine Maskerade, ein Hinterhalt",
sagte Jean-Marie Le Pen heute früh im Sender RTL.
"Ich habe die dreimal verklagt, ich habe in drei Fällen drei Urteile gegen sie erwirkt, und ich werde sie ein viertes Mal erfolgreich verklagen."
Auch der Streit um Inhalte geht weiter
Die juristische Schlacht geht also weiter, aber auch der Streit um Inhalte. Durch den Versuch, ihn zu verstoßen, sagte Jean-Marie Le Pen, spiele die Tochter, getrieben vom Parteivize, Florian Philippot, den bürgerlich-konservativen Kräften in die Karten. Außerdem, so Vater Le Pen, erfahre er in diesen Stunden viel Sympathie aus der Partei, viele Mitglieder seien auf seiner Seite.
"Ich bin als Mitglied ausgeschlossen, nicht als Ehrenpräsident."
Und deshalb werde er natürlich zur Sommeruniversität des Front National Anfang September nach Marseille reisen. "Das wird er nicht!" , konterte Parteivize Philippot auf einem anderen Kanal, im Sender BFM TV:
"Er ist nicht Mitglied des Front National, also hat er nicht zu kommen, er hat nicht zu kommen",
wiederholte ein etwas verzweifelt wirkender Vize-Parteichef. Die Parteichefin selbst, Marine Le Pen, hatte es am Abend bei einer kurzen Bemerkung gegenüber der Nachrichtenagentur AFP belassen. Die Entscheidung, den Vater aus der Partei auszuschließen, sei die logische Folge seines wiederholten Fehlverhaltens.
"Der Front National, das bin ich"
Marine Le Pen , die jahrelang, ohne Konsequenzen zu ziehen, die antisemitischen und rassistischen Bemerkungen des Parteigründers geduldet hatte, versucht, ihre Autorität also wieder herzustellen – aber auch der neuerliche Versuch, die Altlasten in Gestalt ihres leiblichen und politischen Vaters abzuschütteln, scheitern an eben diesem. Die Tochter hatte an der Sitzung nicht teilgenommen. Und, doch, so sagte Jean-Marie Le Pen heute früh, habe die Tochter den Dolch geführt:
"Sie hat Papa nicht direkt getötet, sondern ihn durch Handlanger töten lassen, durch Leute, die eine Komödie aufgeführt haben."
Jean-Marie Le Pen zieht also vor Gericht, der Medienrummel zur Sommeruniversität in Marseille Anfang September ist ihm sicher. Er will aber auch politisch der Tochter das Feld und die Partei nicht überlassen, deren Führung er 2011 nach 39 Jahren an der Parteispitze in die Hände von Marine Le Pen gelegt hatte, die seither von Wahlsieg zu Wahlsieg eilt. Ganz im Stile des "Monarchen", wie ihn seine Anhänger, aber auch seine Kritiker nennen, stellte Jean-Marie Le Pen heute klar:
"Der Front National, das bin ich. Ich bin im Front National zu Hause."