Liane Bednarz ist Publizistin und promovierte Juristin mit dem Schwerpunkt Neue Rechte, Populismus und religiöse Bewegungen. Sie ist regelmäßige Gastkommentatorin (online) beim SPIEGEL und betreibt gemeinsam mit dem Publizisten Alan Posener den Blog "Starke Meinungen". Weitere Texte wurden in der NZZ, der FAS und dem "Freitag" publiziert. Im Frühjahr 2018 erschien im Droemer-Verlag ihr Buch "Die Angstprediger – Wie rechte Christen Gesellschaft und Kirchen unterwandern".
Keine Aussicht auf eine Aussöhnung in der Partei
06:28 Minuten
Die Auseinandersetzung um die Mitgliedschaft des Rechtsextremisten Andreas Kalbitz in der AfD werde feige geführt, kritisiert die Publizistin Liane Bednarz. Es gebe keine echte Abgrenzung von den radikalen Kräften.
Die AfD ringt um ihr Profil. Dabei stellt sich die Frage, wie weit rechts die Partei eigentlich steht. Der Brandenburger Fraktionschef Andreas Kalbitz will unbedingt Parteimitglied bleiben, aber ob das dem Vertreter des inzwischen aufgelösten rechtsextremen "Flügels" gelingt, ist weiter unklar.
Die Entscheidung in einem Eilverfahren des Schiedsgerichts der AfD, das Kalbitz aus der Partei ausschließen sollte, sei "juristisch nicht überzeugend", sagt unser Studiogast, die Juristin und Publizistin Liane Bednarz. Kalbitz sei vorläufig weiter AfD-Mitglied.
Angesichts der Lagerbildung in der AfD erwartet Bednarz nicht, dass sich die beiden Seiten nochmal versöhnen. Die AfD möge von sich behaupten, sie sei bürgerlich, aber Rhetorik und Inhalte zeigten, sie sei eine "rechte Partei". Einige Leute darin seien völkisch und rechtsradikal, andere wie Kalbitz oder der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke nach Auffassung des Verfassungsschutzes sogar Rechtsextremisten. "Das hat sich über Jahre perpetuiert und im Grunde hat die AfD auf dieser Klaviatur mit dieser Janusköpfigkeit gespielt."
Es habe einerseits diese gemäßigte Seite gegeben, andererseits die "Scharfmacher vor allem aus dem Osten", die auch viele Stimmen geholt hätten. "Jetzt merkt man plötzlich, das führt in eine Sackgasse durch den Druck des Verfassungsschutzes." Die Umfragewerte der AfD gingen runter wegen Corona, aber auch durch die Einstufung durch den Verfassungsschutz. Das bringe Probleme für verbeamtete AfD-Mitglieder mit sich. "Das hat diesen Streit getriggert."
Feige Auseinandersetzung
Gleichzeitig werde die Auseinandersetzung sehr feige geführt, sagt Bednarz. Das Schiedsgericht habe sich auf eine formale Argumentation zurückgezogen. Auf diese Weise wolle die Partei der eigentlichen Auseinandersetzung aus dem Weg gehen. Denn wenn man Kalbitz ein parteischädigendes Verhalten zur Last legen würde, müsste man das auch bei Höcke und anderen AfD-Politikern tun. "Diesen Konflikt hat man bisher gescheut."
Co-Parteichef Jörg Meuthen habe sich dem Flügel lange angedient. Jetzt gehe ihm das alles plötzlich zu weit. "Das macht ihn natürlich nicht besonders glaubwürdig", so die Publizistin. "Wir reden über eine Partei, die von sich behauptet, sie sei bürgerlich und es nicht hinbekommt, Rechtsextremisten auszuschließen."
Der Einfluss der Radikalen
Auch sie hänge der These an, dass radikale Kräfte aus solchen Machtkämpfen oft erfolgreich hervorgingen, sagt Bednarz. Radikale seien Eiferer, die lauter seien und viel stärker versuchten, ihre Mehrheiten zu organisieren. Der Flügel habe es in vielen Landesverbänden geschafft, erheblich Einfluss zu nehmen, beispielsweise bei der Besetzung der Parteilisten. "Da haben es Gemäßigte schwer." Sie zögen sich auch zunehmend zurück, weil sie es nicht ertrügen, mit diesen Radikalen zusammenarbeiten zu müssen, beobachtet Bednarz.
(gem)
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