Machtmissbrauch an deutschen Theatern

"Wir gehen durch eine Katharsis"

09:16 Minuten
Das Maxim Gorki Theater in Berlin ist im Abendlicht von außen rot angestrahlt.
Keine allgemeine Lösung: Konflikte an bestimmten Häusern müssten auch dort gelöst werden, meint Marc Grandmontagne, Direktor des Deutschen Bühnenvereins. © picture alliance/dpa | Annette Riedl
Marc Grandmontagne im Gespräch mit Marietta Schwarz |
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Die Klagen über Machtmissbrauch und Mobbing an deutschen Theatern häufen sich. Für den Direktor des Deutschen Bühnenvereins ist die Aufarbeitung dieser Fälle auch Ausdruck eines Generationswechsels und auch ein Aufräumen mit alten Mythen.
Was sagen die sich häufenden Berichte über Machtmissbrauchs- und Rassismusfälle an deutschen Theatern aus? Allein in Berlin gab es in den vergangenen Monaten gleich mehrere Vorfälle: an der Staatsoper, dem Staatsballett, der Volksbühne und zuletzt dem Maxim Gorki Theater.
Marc Grandmontagne, geschäftsführender Direktor des Deutschen Bühnenvereins, sieht die Debatten als "eine Art Katharsis":
"Wir stehen gerade einer neuen Generation von neuen Künstler:innen und Mitarbeiter:innen gegenüber, die sehr viel selbstbewusster daran gehen, die auch einen bisschen aufräumen mit alten Mythen, die es früher gab, man müsse den Künstler brechen und das allgegenwärtige Genie und so was – das sind Aushandlungsprozesse, da gibt es jede Menge Konflikte, und da gehen wir gerade durch."

Es gibt keine generellen Antworten

Die diskutierten Vorfälle müssten allerdings einzeln betrachtet werden, eine generelle Antwort gebe es nicht. Vielmehr gebe es auch Häuser, an denen alles gut funktionieren würde.
"Die Tatsache, dass es Unzufriedenheiten an manchen Stellen gibt, spricht noch nicht alleine dafür, dass da etwas nicht stimmt. Führungspersonen müssen auch immer unangenehme Entscheidungen treffen, und Sie werden immer jemanden finden, der sagt, er macht seinen Job nicht gut."
Marc Grandmontagne, der geschäftsführende Direktor des Deutschen Bühnenvereins
Marc Grandmontagne, der geschäftsführende Direktor des Deutschen Bühnenvereins, glaubt nicht, dass hinter jedem Konflikt ein Machtmissbrauch steckt. © imago images/F. Kern / Future Image
Allerdings gebe es eine Grenze, so Grandmontagne weiter:
"Wenn es objektiv feststellbare Tatsachen gibt, dass jemand sein Amt missbraucht, dass er sich nicht im Griff hat, dass er nicht gut führen kann, dann muss der Rechtsträger eingreifen und mit der Leitungsperson einen Weg finden, die entsprechenden Kompetenzen entweder nachzuschulen oder wenn das nicht möglich ist, ihn aus der Verantwortung zu lassen oder ihm jemanden zur Seite stellen."
Momentan gebe es neue Anforderungen und neue Sensibilitäten. Deshalb versuche der Bühnenverein, zusammen mit der Politik Instrumente zu entwickeln, um diese Prozesse zu begleiten.
"Es knallt an manchen Stellen, aber wir müssen miteinander im Gespräch bleiben, und zu einer Aushandlung von Strukturen kommen, die funktionieren."

Der Intendant als Buhmann?

Die Kritik, dass sich zu viel Macht auf Einzelpersonen wie Intendanten konzentriert, teilt Grandmontagne nicht: "Sie werden in einem Theaterbetrieb immer arbeitsteilig vorgehen müssen. Arbeitsteilungen beinhalten immer eine Hierarchie. Auch wenn Sie die Macht auf drei oder vier Personen aufteilen, werden Sie die Machtfrage nicht los".
Man arbeite daran, die Strukturen zu verbessern, und habe den Gesprächsbedarf erkannt. Dennoch:
"Ich glaube nicht, dass es so einfach ist zu sagen: 'Der Intendant ist sozusagen der Buhmann, und wenn der weg ist, wird alles besser'. Das glaube ich nicht."

Klima der Angst: Dramaturgin klagt gegen Maxim-Gorki-Theater [AUDIO]
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Blick auf das Namensschild des Maxim-Gorki-Theaters. 
© picture alliance / dpa / Jörg Carstensen
(kpa/abu)
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