Zwischen Gangsta und Queer
Dicke Autos, Goldketten, halbnackte Frauen – das ist das gängige Bild von Rap. Grund genug, mal über Männlichkeit im Hip Hop zu sprechen. Unsere Autorin hat bei der Konferenz "Sex, Money & Respect. Männlichkeit zwischen Gangsta- und Queerrap" zugehört.
Gesa Ufer: Der Sexismus-Vorwurf im Hip Hop ist nicht wirklich brandneu. Wie war das Resümee auf der Konferenz, gibt's da möglicherweise eine höhere Sensibilität für solche Themen?
Azadê Peşmen: Grundsätzlich ist die Sensibilität nicht unbedingt höher, aber es gibt in jedem Fall ein größeres Bedürfnis darüber zu reden, was vermutlich auch daran liegt, dass es mittlerweile im wissenschaftlichen Bereich auch viel mehr Material zu diesen Themen gibt. Was oft untergeht in der ganzen Debatte, ist, dass sich dominante Männlichkeiten nicht nur im Rap finden, sondern auch im Tanz. Das hat die Tänzerin Frieda Frost auf der Konferenz gezeigt. Es hat sich aber da auch einiges geändert in der letzten Zeit. Es gibt mehr Frauen im Breaking, die auch immer mehr vernetzt sind, was natürlich auch sozialen Netzwerken zu verdanken ist. Aber es gibt auch da noch einiges zu tun. Das hat Frieda Frost auch deutlich gemacht. Sie hat von einem aktuellem Beispiel berichtet, wo ein Battle als B Boy-Battle ausgeschrieben war und sie sich als B Girl dementsprechend nicht angesprochen gefühlt hat:
Azadê Peşmen: Grundsätzlich ist die Sensibilität nicht unbedingt höher, aber es gibt in jedem Fall ein größeres Bedürfnis darüber zu reden, was vermutlich auch daran liegt, dass es mittlerweile im wissenschaftlichen Bereich auch viel mehr Material zu diesen Themen gibt. Was oft untergeht in der ganzen Debatte, ist, dass sich dominante Männlichkeiten nicht nur im Rap finden, sondern auch im Tanz. Das hat die Tänzerin Frieda Frost auf der Konferenz gezeigt. Es hat sich aber da auch einiges geändert in der letzten Zeit. Es gibt mehr Frauen im Breaking, die auch immer mehr vernetzt sind, was natürlich auch sozialen Netzwerken zu verdanken ist. Aber es gibt auch da noch einiges zu tun. Das hat Frieda Frost auch deutlich gemacht. Sie hat von einem aktuellem Beispiel berichtet, wo ein Battle als B Boy-Battle ausgeschrieben war und sie sich als B Girl dementsprechend nicht angesprochen gefühlt hat:
Für mich war das natürlich die perfekte Vorlage für heute und ich habe die Beschreibung des Events in der Facebook-Gruppe German B Boy Association in Frage gestellt und darauf hingewiesen, dass es sich eventuell nur an B Boys richtet und ob das nicht diskriminierend wäre. Einige fanden es lustig und haben direkt gesagt, dass es keine gute Namensgebung war, andere haben die Thematik umgedreht und B Girl-Battles in Frage gestellt, als Diskriminierung für Männer.
Peşmen: Eine Erklärung, die Frieda Frost geboten hat, warum von Männern behauptet wird, dass es keine Diskriminierung von Frauen in der Szene gibt, ist dass die Tänzer nach außen hin diese Szene schützen möchten, weil die Akzeptanz in der Gesellschaft von Hip Hop-Künstlern ohnehin so gering ist und die Stereotype so weit verbreitet sind und man deshalb dieses Hip Hop-Motto "Peace, Love and Having Fun", dieses Ideal, dass Hip Hop eine gleichberechtigte Kultur ist, vor sich herträgt.
Frauen fliegen in der ersten Runde raus
Ufer: Obwohl das wahrscheinlich in der Realität nicht immer so gegeben ist, oder?
Peşmen: Die Realität sieht tatsächlich anders aus. Das sieht man dann vor allem in den Battles, wenn Frauen und Männer gleichzeitig gegeneinander antreten. Da ist mir aufgefallen, dass Frauen relativ selten weiterkommen und ich habe Frieda Frost gefragt, ob das Ausnahmeerscheinung oder eher die Regel ist:
Dass Frauen gegen Männer verlieren, obwohl sie nicht unbedingt verloren hätten, passiert leider immer noch und es ist dann halt auch immer diese Stereotype, dass man sagt: Ja, das sind halt die Frauen, die kommen in der ersten Runde raus, passt schon. Da beschwert sich keiner. Das ist ganz oft das Argument, es beschwert sich keiner, interessiert keinen. In der nächsten Runde haben sie vielleicht eh nicht genug Repertoire, um Jungs zu schlagen, also es ist schon so, dass du als Frau etwas mehr zeigen musst, als ein B Boy um ihn schlagen zu können. Das ist die Regel.
Ufer: Das klingt ja doch ziemlich verheerend. Wurden auf der Konferenz auch Vorschläge geboten, was man gegen diese Strukturen tun kann?
Peşmen: Ja, Frieda Frost hat auch selbst berichtet, dass sich da was ändert. In den Battles sind es zwar meistens Männer, die darüber entscheiden, wer weiterkommt und wer gewinnt, aber in der letzten Zeit wird diese Männerdomäne aufgebrochen und es sitzen immer mehr Frauen in der Jury.
Ufer: Das klingt nach Friede, Freude, Muschelsuchen, also alles freundlich? War das die Stimmung auf der Konferenz?
Feminismus zu "hardline-mäßig"?
Peşmen: Nicht ganz. Das war auch mein persönliches Highlight – eine Veranstaltung, die wahrscheinlich auch am schnellsten ausverkauft war – das Streitgespräch zwischen dem Straßenrapper Celo und Sookee, die sich eher im Queerrap verortet. Dadurch, dass eben diese beiden Welten aufeinander prallen, hat man natürlich erwartet, dass es da nochmal ganz schön knallt. Nicht nur die Musik ist sehr unterschiedlich, auch der Werdegang – Sokee hat Gender Studies studiert, Celo hat versucht, zu studieren, aber immer wieder abgebrochen – und dass er in Sachen Feminismus nicht ganz so wortgewandt ist wie Sokee, wurde dann auch relativ schnell klar. Einerseits findet Celo es zwar schwachsinnig, dass es Frauen- und Männer-Sachen gibt und er sagt auch von sich selbst, dass er Frauen respektiert, aber als Feminist will er sich auf gar keinen Fall bezeichnen, weil er das zu sehr "hardline-mäßig" findet.
Sookee: Aber wo ist jetzt die Hardline beim Feminismus?
Celo: Guck mal, ich hab dir eben gesagt, Ladies first und da hast dann so geguckt. Das ist einfach ein charmanter Spruch.
Sookee: Ist ja in Ordnung, ich habe mich nicht beschwert, ich bin einfach vorgegangen.
Celo: Ja aber du warst schon so'n bisschen...Oder wo du auf die Männertoilette gegangen bist und ich dir gesagt habe, hey, das ist aber eine Männertoilette, aber ich hab ja vergessen, du scheißt ja auf sowas ne?
Peşmen: Sookee hat noch ergänzt, dass sie aus pragmatischen Gründen auf die Männertoilette gegangen ist, weil sie schnell auf die Bühne musste und die Männertoilette einfach näher dran war. Also im Grunde kann man sagen, wurden auf der Bühne die gleichen Themen verhandelt, wie jetzt einige Kommentatoren nach der #metoo-Debatte auch fragen: Wie verhalte ich mich denn jetzt Frauen gegenüber?
Ufer: Also einen hohen Unterhaltungswert konnte ich da gerade schon einmal ganz klar raushören. Aber würdest du sagen, es gab auch ein Resümee, was jeder mit nach Hause nehmen konnte, einen Erkenntnisgewinn?
Peşmen: Nicht so richtig. Ich würde sagen, die meisten sind auf ihrem Standpunkt geblieben. So richtig zueinander gekommen ist man in Sachen Männlichkeit jetzt nicht. Aber es war alles in allem eine unterhaltsame Veranstaltung und eine gut gelungene Konferenz.