"Magnum Chronicles" der Fotoagentur Magnum

"So hat man das Phänomen 'Islamischer Staat' noch nie gesehen"

Great Britain. Wales. Llandudno. 2013. Bank Holiday. Martin Parr
Querbezüge in andere Welten: "We'll bomb Syria" steht auf dieser Zeitung © Martin Parr
Lotta Wieden im Gespräch mit Gesa Ufer |
Die weltbekannte Fotoagentur Magnum hat eine erste Ausgabe ihrer "Magnum Chronicles" herausgeben - eine Zeitung, in der es viel Platz für großformatige Bilder gibt. Der Journalistin Lotta Wieden gefällt das Ergebnis.
Die Fotografen der Agentur Magnum berichten seit mehr als 70 Jahren aus den Krisengebieten der Welt. Nun gibt die Agentur erstmals eine Foto-Zeitung heraus, "Magnum Chronicles" heißt sie. Die erste Ausgabe widmet sich dem sogenannten "Islamischen Staat", die Auflage liegt bei 10.000 Stück weltweit, in Deutschland sind 100 Exemplare angekommen.
Auf den ersten Blick wirke die Zeitung fast ein bisschen unscheinbar, meint die Journalistin Lotta Wieden. Die Publikation sei so groß wie ein iPad und auch in etwa so dick, erklärt sie. "Was diese Zeitung dann verhandelt sind eben Fotos; Fotos vor allem aus Syrien, Libyen und dem Irak. Alle ganzseitig gedruckt - also trotz des eher kleinen Zeitungsformats haben diese Fotos nichts Popeliges. Die sind großzügig aufgemacht. Und vor allem sind sie von herausragender Qualität - also so hat man dieses Phänomen 'Islamischer Staat' und dieses Konfliktgebiet noch nie gesehen."

Das zweite oder dritte Foto machen

Es seien andere Bilder als die, die man aus der aktuellen Berichterstattung kennt, sagt Wieden. "Die Fotografen machen nicht das Foto, das sich aufdrängt, sondern treten ein Stück zurück und machen dann das zweite oder dritte Foto." So wie der Fotograf Lorenzo Meloni, der dem "Islamischen Staat" hinterher reist. Wieden berichtet von einer vieldeutigen Aufnahme des italienischen Fotografen, der 2016 einen Fußboden in Sirte in Libyen aufnahm, auf dem abrasierte Bartbüschel liegen. "Barthaare", steht darunter. Was ist mit den Männern passiert, die sie sich abrasierten? Leben sie noch? Haben sie sich unter die Zivilisten gemischt?

Die Agentur schlägt einen großen Bogen

Mit dieser Zeitung schlägt Magnum einen großen Bogen - und das gelingt durchaus, ist Wieden überzeugt. Das liege auch an den Querbezügen zu unserer Welt - die funktionieren und auch nicht plump wirken. Wie das Farbfoto von der Strandszene in Wales auf einem Bild von Martin Parr aus dem Jahr 2013: Es zeigt ein älteres Paar, sie schaut ihn an, er versteckt sich hinter einer Zeitung. Darauf die Schlagzeile in großen Lettern: "We'll bomb Syria".
Die Zeitung "Magnum Chronicles" sei für Magnum auch Teil des Versuches, ein neues Geschäftsmodell aufzubauen, da ja niemand mehr so lange Fotostrecken wie früher drucke. Sie wollten damit auch zeigen, was Bildjournalismus leisten kann, so Wieden. Und: "Es ist natürlich auch eine elegante Eigenwerbung", sagt sie. Wie es weitergehe und ob es eine neue Ausgabe geben werde, sei aber noch offen.
(inh)

Auf der Homepage von Magnum kann man die Zeitung herunterladen und anschauen.

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