Mahnmal für polnische NS-Opfer in Berlin

Spätes Gedenken an einen weißen Fleck deutscher Geschichte

06:50 Minuten
Dietmar Woidke, Brandenburgs Ministerpräsident, und Andrzej Przylebski, der polnische Botschafter in der Bundesrepublik, nehmen an einer Kranzniederlegung auf dem britischen Soldatenfriedhof an der Heerstraße teil.
Auf dem britischen Soldatenfriedhof: Noch gibt es in Berlin keinen Ort, der an die polnischen Opfer von Krieg und deutscher Besatzung erinnert. © picture alliance /dpa/Wolfgang Kumm
Florian Kellermann im Gespräch mit Britta Bürger |
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Der Bundestag hat einem Gedenkort für die polnischen NS-Opfer zugestimmt. Die Reaktionen aus Polen darauf sind positiv, berichtet unser Korrespondent Florian Kellermann. Das Land war als erstes von den Nazis im Zweiten Weltkrieg angegriffen worden.
Schon Anfang Oktober hat der Bundestag die Einrichtung eines neuen Dokumentationszentrums zur Erinnerung an die NS-Besatzungspolitik in Europa beschlossen. Nun gab es mit großer Mehrheit die Zustimmung für einen eigenen Gedenkort für die polnischen NS-Opfer. Union, SPD, FDP und die Grünen hatten einen gemeinsamen Antrag formuliert.
Auch die Linke stimmte dafür. Die AfD enthielt sich. Der Entscheidung war eine kontroverse Debatte vorausgegangen. Mit sechs Millionen Toten war Polen das erste "Experimentierfeld" der NS-Vernichtungspolitik in Europa.

Positive Reaktionen aus Polen

Nahezu alle politischen Lager in Polen befürworten ein solches Denkmal, berichtet unser Korrespondent Florian Kellermann. Das gelte nicht nur für die rechtskonservative Regierungspartei PiS, sondern auch für ihre Gegner. Auch der polnische Botschafter in Berlin, Andrzej Przyłębski, hat es als wichtigen Schritt bezeichnet. Es gehe darum, weiße Flecken in der deutschen Geschichtswahrnehmung zu füllen.
Polen ist im Zweiten Weltkrieg von Deutschland als erstes Land angegriffen worden. Der Krieg in Polen gilt in dem Land als ein besonderer Krieg, berichtet Kellermann. Zwar hätten nicht alle Polen getötet werden sollen, Polen aber als Staat und Nation ausgelöscht werden. "Das heißt der Krieg in Polen war ein anderer, als er in Frankreich war, das ist weiterhin als Kulturnation betrachtet worden", so Kellermann. Der Krieg in Polen sei auch ein besonders grausamer gewesen.
Ein weiteres Argument für das Denkmal ist laut Kellermann die deutsch-polnische Geschichte. "Schon zuvor hat Deutschland immer wieder darauf hingearbeitet, Polen von der Karte zu tilgen, was auch im 19. Jahrhundert gelungen ist. Auch in der Weimarer Republik gab es eine stark antipolnische Stimmung."

Die Forderung nach Reparationszahlungen

Kellermann geht davon aus, dass die polnische Regierungspartei den eingeschlagenen Weg weitergehen und auch vom Reparationsthema nicht ablassen wird. Sie könne damit nach innen zeigen, "wir sind ein starkes Polen". Die Entscheidung des Bundestages könne Kellermanns Meinung nach auch von der polnischen Regierung genutzt werden, um zu belegen, bereits etwas bewegt zu haben.
In Belarus und der Ukraine spielt das Thema kaum eine Rolle, berichtet Kellermann. Trotzdem habe der Botschafter der Ukraine in Deutschland darauf hingewiesen, dass es nicht wichtige und weniger wichtige Opfer gibt und Polen jetzt einen Sonderstatus bekäme. "Das heißt, die Diskussion dort hat erst begonnen."
(mfied)
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