Ein Haus für die Pressefreiheit
14 Zimmer und eine lange Warteliste - Das "Haus der Journalisten" in Paris unterstützt Exil-Journalisten, die wegen kritischer Berichterstattung in ihren Ländern verfolgt werden. Hier finden sie vorübergehend Unterschlupf. Und nicht nur das.
Ein langgestrecktes Industriegebäude, Atelierfenster mit Milchglas. Nichts deutet darauf hin, dass die ehemalige Bürstenfabrik am Stadtrand von Paris zur Notunterkunft für verfolgte Journalisten geworden ist. Doch wer die schwere Eisentür aufzieht, sieht sich unvermittelt großen Karikaturen gegenüber. Sie handeln von Presse- und Meinungsfreiheit. Ein Wandrelief zeigt Anna Politkowskaja - die russische Journalistin und Menschenrechtlerin ist 2006 in Moskau ermordet worden.
Vor dem Porträt steht Rowaida Kanaan aus Syrien. Die Frau mit den wirren schwarzen Locken wartet auf Mitbewohner aus Afghanistan und der Türkei. Die Exil-Journalisten wollen gemeinsam ins Quartier Latin fahren, wo sie Französisch-Unterricht erhalten. Rowaida spricht nur Arabisch, ein marokkanischer Kollege übersetzt, was die 40-Jährige sagt.
Das syrische Regime sperrte sie zehn Monate ins Gefängnis
Sie hat für einen Radiosender in Damaskus aus den Konfliktzonen berichtet, unter einem Decknamen. Das Regime hat sie trotzdem identifiziert und zehn Monate lang ins Gefängnis gesperrt. Anschließend floh sie in die Türkei. Aber auch dort wurden syrische Journalisten ermordet, deshalb hat Rowaida Asyl in Frankreich beantragt.
Eine Afrikanerin ruft den Kollegen auf Englisch zu, sie sollten voraus gehen. Thelma Chikwanha ist aus Simbabwe geflohen. Die rundliche Frau mit der Zopffrisur steigt die Treppe hoch, geht einen schmalen Gang entlang. Auf den Türen kleben die Logos verschiedener Medien.
"Das sind Sponsoren. Mein Zimmer wird vom deutsch-französischen Fernsehsender Arte mit finanziert. Neben mir wohnt Rowaida, auf ihrer Tür stehen die Namen der Produktionsfirma Capa und der TV-Anstalten Canal Plus und TF1."
Ihr Beruf hat sie in Simbabwe in Lebensgefahr gebracht
Das "Haus der Journalisten" wurde 2002 von französischen Journalisten gegründet, als Zeichen der Solidarität mit verfolgten Kollegen. Es versorgt 14 ausländische Journalisten mit kostenlosen Zimmern, Zugang zu Telefon und Internet, etwas Geld und umfassender Betreuung. Die beteiligten Medien finanzieren ein Drittel der Kosten, weitere Zuschüsse gewähren die Stadt Paris, der französische Staat und die EU. Thelma betritt ihr Zimmer. Ein schmales Bett, kleiner Schreibtisch, Stuhl, eine Garderobenstange für ihre Kleider. Ihre braune Handtasche hängt über dem Kopfkissen an der Wand, so als ob sie Geld und Papiere auch nachts stets in Greifweite haben müsse. Die 40-Jährige lebt seit Januar 2017 in Frankreich. Ihr Beruf hat sie in Simbabwe in Lebensgefahr gebracht.
"Ich habe als politische Journalistin gearbeitet und ausführlich über die Proteste gegen den damaligen Diktator Robert Mugabe berichtet. Die Lage war für mich sehr heikel. Als Journalist wird man in Simbabwe schnell zum Kriminellen erklärt. Und wer wie ich auch für westliche Medien arbeitet, gilt als Landesverräter. Darauf steht die Todesstrafe."
Thelma konnte ein Touristenvisum für Frankreich ergattern und regulär ausreisen. Die ersten Erlebnisse im Exil versetzten ihr einen Schock: Als sie am Pariser Flughafen erklärte, sie wolle Asyl beantragen, gaben ihr die Grenzpolizisten einen Zettel mit der Adresse der Präfektur von Melun, 70 Kilometer entfernt.
"Ich sagte: ich weiß gar nicht, wo das ist. Und ich habe auch kein Geld. Die Polizistin antwortete mir: Sie können ja die Leute draußen auf der Straße anbetteln."
"Der Prozess der Asylsuche beschädigt das Selbstbewusstsein"
Irgendwie schaffte sie es nach Melun, aber die Präfektur war geschlossen. Auf der örtlichen Polizeiwache half ihr eine freundlichere Polizistin, einen Übernachtungsplatz in einer umfunktionierten Sporthalle zu finden. Damit hatte sie sogar Glück – in Frankreich müssen zahlreiche Asylbewerber im Freien kampieren. Später nahm eine freiwillige Helferin Thelma bei sich zuhause auf. Zwei Monate lang. Bis die Journalistin endlich in einem staatlichen Zentrum für Asylbewerber unterkam. Zeitgleich kontaktierte ihre britische Presseagentur das "Maison des Journalistes" in Paris. Im Dezember, fast ein Jahr nach ihrer Ankunft in Frankreich, konnte Thelma dort einziehen.
"Der Prozess der Asylsuche beschädigt das Selbstbewusstsein. Die Art und Weise, wie man mit dir umgeht. Im Haus der Journalisten fühle ich mich endlich sicher. Hier gibt es keine Rassenprobleme, keine Probleme zwischen Frau und Mann – wir sind einfach ein bunter Haufen Journalisten. Auch die Mitarbeiter sind prima, die Stimmung ist kameradschaftlich. Genau das braucht man so sehr, wenn man alles, was einem lieb und vertraut ist, verlassen musste. Einen Ort, den man Zuhause nennen kann."
Auch im Exil journalistisch arbeiten
Inzwischen ist Thelma Chikwanha als politischer Flüchtling anerkannt. Das bedeutet aber auch, dass sie das Haus der Journalisten in Kürze verlassen, einem anderen Exil-Journalisten Platz machen muss. Der Trägerverein hilft ihr nun, eine eigene Wohnung und Arbeit zu finden. Um sich schnell zu integrieren, lernt die Simbabwerin intensiv Französisch. Eine Pariser Hochschule hat für sie und ihre Kollegen dreimal pro Woche Sprachkurse eingerichtet.
"Das ist perfekt, ich bin überglücklich. Außerdem habe ich noch 18 Wochenstunden mit einem anderen Programm. Als Journalistin will ich mit den Menschen draußen sprechen können. Ich bin ganz sicher: Schon bald werde ich fähig sein, Interviews auf Französisch zu führen."
Thelma will auch im Exil journalistisch arbeiten. Deshalb bricht sie nun zur Universität auf.
In einem kleinem Büro gleich hinter dem Eingangsfoyer arbeitet die Leiterin des "Maison des Journalistes", Darline Cothière. Für die Aufnahme gibt es zwei Bedingungen, sagt die gebürtige Haitianerin.
"Die Bewerber müssen nachweisen, dass sie Journalisten sind und aufgrund ihrer Arbeit fliehen mussten. Wenn ein Journalist beispielsweise wegen seiner Religion verfolgt wurde, ist er bei uns nicht an der richtigen Stelle."
Seit seiner Gründung vor 16 Jahren hat das Haus der Journalisten fast 400 Verfolgte aufgenommen. In den letzten Jahren kamen besonders viele Syrer. Derzeit beherbergt es zudem Frauen und Männer aus Afghanistan, Irak, Jemen, Marokko, Mauretanien, Kasachstan, Pakistan, der Türkei.
"En fait c'est un vrai baromètre de la situation de la presse et des conflits dans le monde."
Ein Haus als Barometer für Pressefreiheit und Konflikte
Das Haus sei eine Art Barometer für die Pressefreiheit und Konflikte in der Welt, sagt Cothière. Die meisten Bewohner erhalten innerhalb von sechs bis acht Monaten den Flüchtlingsstatus und können dann ein neues Leben beginnen. Beraat Gökkus aus der Türkei musste allerdings sehr viel länger warten. Der junge Mann hat als Redakteur für die ehemals größte türkische Tageszeitung "Zaman" und ab 2015 für die Tageszeitung Meydan gearbeitet. Während des Putschversuchs im Juli 2016 war er im Italien-Urlaub. Nach vielen Telefonaten mit seinen Kollegen beschloss er, nicht mehr in die Türkei zurückzukehren.
"Die Regierung hat Zaman genau wie fast 200 weitere Medien geschlossen. Ein Teil meiner Kollegen sitzt jetzt im Gefängnis, andere verstecken sich in der Türkei, weil sie Angst haben."
Im Herbst 2016 beantragte Beraat politisches Asyl in Frankreich, im August 2017 zog er im Haus der Journalisten ein. Sein Asylantrag lag monatelang auf Eis – deshalb wohnt er immer noch dort.
"Am 14. Februar hat mich die französische Asylbehörde OFPRA endlich als Flüchtling anerkannt. Ich musste anderthalb Jahre auf die Antwort warten, dreimal Rede und Antwort stehen. Nun haben sie also entschieden, dass es für mich als Journalisten in der Türkei gefährlich ist, weil es dort keine Meinungsfreiheit gibt."
Einem türkischen Kollegen erging es ähnlich und auch bei zwei marokkanischen Journalisten dauerte das Verfahren ungewöhnlich lang. Bei diesen Herkunftsländern kämen offenbar auch diplomatische Erwägungen ins Spiel, meint Darline Cothière.
Beraat Gökkus setzt sich kreativ mit seiner Situation und seinem neuem Zuhause Frankreich auseinander. Der 31-Jährige, ein schmaler Mann mit einer wilden braunen Haarmähne, ist nicht nur Journalist, er dreht auch Filme. Zum Beispiel im Norden von Paris, an der Metrostation Jean Jaurès, wo ein verglastes Bürohaus die erste Anlaufstelle für Asylbewerber ist. 2016 stand Beraat dort selbst in der Schlange und filmte mit seinem Handy.
Flüchtlingscamps als Touristenattaktion?
"Ich war um sechs Uhr früh hier und dachte, ich würde ganz vorne in der Warteschlange sein – tatsächlich aber stand ich weit hinten. Drei Stunden später hat die Behörde geöffnet, dann aber nach zehn Minuten schon wieder geschlossen. Die meisten Leute können also gar keinen Termin ergattern, um ihren Antrag zu stellen. Sie wissen nicht, wo sie bleiben sollen. Dabei stehen hier gar nicht so viele Menschen an. Ein entwickeltes Land wie Frankreich sollte das bewältigen können."
Gleich neben der Behörde verläuft der Kanal Saint-Martin. Auf dem Kopfsteinpflaster zu beiden Seiten des Wasserbeckens reihen sich gut einhundert Zelte aneinander. Junge Männer hocken in Grüppchen zusammen, vermutlich Afghanen und Pakistaner. Auf einer Leine trocknet Wäsche. Beraat hat auch die Zelte gefilmt und das Engagement von Freiwilligen, die hier jeden Morgen Frühstück ausgeben.
"Immer, wenn ich herkomme, kampieren hier Flüchtlinge. Ich glaube, das wird ewig so bleiben. Offenbar stört es die verantwortlichen Politiker nicht. Vielleicht wird es sogar zu einer Touristenattraktion, nach dem Eiffelturm... "
Sein Kurzfilm hat beim deutschen Filmfestival für unabhängige Filme, dem "Berlin Independent Film Festival", einen Preis erhalten. Beraat arbeitet schon am nächsten Film, er soll im Maison des Journalistes spielen.
"Mein neues Projekt heißt 'Verlorener Stift' und handelt von einem syrischen Journalisten und Dichter, der nur mit einem ganz bestimmten Kuli schreibt, den er verloren hat. Er sucht überall im Haus der Journalisten – bis er ihn schließlich findet."
Beraat Gökkus hat einen Weg gefunden, das Trauma des Exils, den Verlust von Heimat, Familie und Beruf zu verarbeiten. Aber wie den meisten Kollegen gelingt es auch ihm nicht, in Frankreich journalistische Aufträge zu erhalten. Französische und europäische Medien sind an den Kompetenzen und Erfahrungen der Ausländer wenig interessiert. Um ihnen trotzdem ein Sprachrohr zu verschaffen, hat das "Maison des Journalistes" eine Internet-Zeitung gegründet, sagt die Leiterin, Darline Cothère.
"Wir verteidigen die Presse- und Meinungsfreiheit"
"Unsere Online-Zeitung heißt L'Oeil de l'Exilé, das Auge des Exilanten. Darin können sich die ausländischen Journalisten völlig frei äußern. Denn wenn sie im Exil nicht mehr journalistisch tätig sein können, bedeutet das: Die Unterdrückung dauert an. Wir verteidigen hier die Presse- und Meinungsfreiheit."
Eine Afrikanerin mit rotbraunen Zöpfen und peppigem rosa Lippenstift arbeitet in der Bibliothek des Hauses am Computer. Elyse Ngabire stammt aus Burundi, sie schreibt einen Artikel über ihren ehemaligen Kollegen Jean Bigiriman. Der Journalist wurde im Juli 2016 entführt und ist seither spurlos verschwunden.
"Niemand weiß, wo er ist. Für mich steht fest: Er ist tot. Wäre ich im Land geblieben, hätte mich das gleiche Schicksal ereilt."
Als Chefredakteurin im Gefängnis
Elyse Ngabire wirft Regierung und Justiz in Burundi vor, dass sie das Verbrechen komplett ignorieren und nichts zu seiner Aufklärung unternehmen. Bis zu ihrer Flucht im Herbst 2015 war sie selbst Chefredakteurin für Politik bei der Pressegruppe Iwacu - einer der letzten unabhängigen Informationsquellen des Landes, für die auch der entführte Kollege gearbeitet hatte.
"Das war keine leichte Aufgabe. Schon 2010 musste ich ins Gefängnis, weil ich einen Oppositionspolitiker interviewt hatte. Ich habe meinen Beruf trotzdem weiter ausgeübt. Später haben sich die Beziehungen zwischen den unabhängigen Medien und der Regierung noch verschärft."
Ein politischer Kommentar brachte Elyse 2015 in Lebensgefahr: Ihre Analyse habe den Machthabern missfallen. Regierungsstellen hätten ihre Zeitung daraufhin im Internet als Lügenpresse verunglimpft und auf ihren Namen hingewiesen, Angehörige einer regierungstreuen Miliz hätten ihr dann nachgestellt.
"Dans les jours qui ont suivi, j'ai été poursuivie, j'ai échappé à trois tentatives d'assassinats."
Elyse entkam drei Mordanschlägen
Elyse berichtet, dass sie drei Mordanschlägen entkommen ist. Dann gelang ihr die Flucht nach Frankreich, wo sie Anfang 2016 im Maison des Journalistes Aufnahme fand. Inzwischen wohnt die 42-Jährige mit ihren drei Kindern in einer Übergangsstruktur für anerkannte Flüchtlinge, ihren Unterhalt verdient sie mühsam als Aushilfskraft in einem Vorortbahnhof. Das Haus der Journalisten bleibt für sie der wichtigste Ort in der Fremde.
"Das Maison des Journalistes ist weltweit einzigartig. Es hat mir ermöglicht, mein Exil positiv zu leben. Außerdem schreibe ich weiterhin Artikel wie jetzt über das Verbrechen an meinem Kollegen. Sie werden in der Internet-Zeitung L'Oeil de l'Exilé publiziert. Meine Stimme verstummt also nicht, wie es die Machthaber in Burundi gewollt haben. Es freut mich sehr, dass ich von Frankreich aus weiterhin über die Vorgänge in Burundi informieren kann."
Sichtbar sein in französischen Presselandschaft
Das Haus der Journalisten bemüht sich, in der französischen Presselandschaft sichtbar zu sein. Es schickt seine Bewohner zu allen Tagungen, die zum Thema Journalismus und Pressefreiheit veranstaltet werden. Der Trägerverein engagiert sich aber auch in der Bildungsarbeit. Dazu hat er ein Programm namens "Renvoyé spécial" entwickelt. Der Name ist ein Wortspiel, zusammengesetzt aus "envoyé spécial", auf Deutsch "Sonderkorrespondent" , und "renvoyé", was "abgelehnt, ausgewiesen" bedeutet. Das Programm sieht vor, dass die verfolgten Journalisten in Schulen auftreten und Zeugnis ablegen. Neuerdings treffen sie auch junge Strafgefangene.
"Seit den Pariser Attentaten haben wir besonders viele Anfragen. Renvoyé spécial füllt eine echte Lücke. Viele Jugendliche haben sich damals als "Anti-Charlie" bezeichnet, als Gegner des Satiremagazins Charlie-Hebdo, viele hingen Verschwörungstheorien an. Manche halten rein gar nichts von den französischen Journalisten. Wenn ihnen die verfolgten Journalisten berichten, welche Risiken sie eingegangen sind, um zu berichten, kann das ihre Sichtweise verändern."
Halgurd Samad steht in der Bibliothek der Berufsschule von Bezons, 15 Kilometer vor Paris. Vor ihm sitzen Schüler der Fachrichtung Industriemechanik, junge Männer um die Zwanzig. Der Journalist baut einen großen Plakatständer mit der Aufschrift "Maison des Journalistes" auf, projiziert die Karte des Iraks an die Wand, und stellt sich vor.
Er stammt aus der Autonomen Region Kurdistan, ist 34 Jahre alt. Schon mit 18 hat Halgurd begonnen, als Journalist und Fotoreporter zu arbeiten. 2010 ist er nach Frankreich geflüchtet. Er zeigt nun eine Karte zum Stand der Pressefreiheit in der Welt. Irak gehört zu den Schlusslichtern, weil Journalisten dort gezielt eingeschüchtert und ermordet werden. Er habe zwei Kollegen verloren, sagt Halgurd. Und auch für ihn wurde es gefährlich.
"Ich bekam große Probleme mit der kurdischen Regionalregierung. Weil ich über die Korruption berichtet, die Regierung und führende Politiker kritisiert habe. Ich erhielt Drohungen, per Email und SMS, über Facebook und telefonisch. Fünf Jahre lang habe ich das ausgehalten, danach riet mir die Hilfsorganisation "Reporter ohne Grenzen", den Irak zu verlassen. Aber wo sollte ich hingehen? Im August 2010 habe ich mich versteckt, weil die Drohungen noch gezielter wurden."
Halgurd flüchtete schließlich in die Türkei. Dort verhalf ihm "Reporter ohne Grenzen" zu einem Visum für Frankreich, wo er im "Maison des Journalistes" aufgenommen wurde und rasch den Flüchtlingsstatus bekam. Anschließend schlug er sich mit Jobs durch, arbeitete in einem Zeitungskiosk.
"Dann bekam ich einen Vertrag bei einem kurdischen Fernsehsender in Paris. 2016 und 2017 habe ich für das Fernsehen gearbeitet. Im September habe ich gekündigt, weil der Besitzer seine eigene Partei gegründet hat und bei den anstehenden Parlamentswahlen im Irak antreten will. Journalist sein bedeutet für mich: unabhängig und frei sein."
Die Informationsfreiheit ist heilig
Jetzt ist er arbeitslos und bewirbt sich wieder um den Job als Kioskbetreiber. Die Schüler hören gebannt zu, stellen viele Fragen. Zum Beispiel, warum Halgurd Samad trotz Lebensgefahr weiter geschrieben hat.
"Weil wir Widerstand leisten und unsere Werte verteidigen müssen. Für mich wie für die meisten Journalisten in der Welt ist die Informationsfreiheit heilig."
Halgurd tritt zweimal pro Monat vor Schülern auf. Mit diesem Engagement setze er seinen Kampf für die Pressefreiheit fort, sagt er auf dem Rückweg nach Paris. Außerdem verbinde ihn das Programm "Renvoyé Spécial" mit dem "Maison des Journalistes", das ihn vor sieben Jahren aufgefangen hat. Der nächste Schulbesuch führt ihn in die nordfranz-ösische Stadt Amiens. Vorher holt sich er im "Haus der Journalisten" den Plakatständer und die Zugtickets ab. Dabei trifft er die Mitarbeiter, plaudert mit den Bewohnern. Nicht nur für Halgurd Samad ist sein ehemaliger Zufluchtsort auch heute noch ein zu Hause im Pariser Exil.