"Malcolm & Marie" von Sam Levinson

Visueller Hochgenuss mit Tiefgang

05:42 Minuten
Schwarzweiß Standbild in dem Malcolm Marie von hinten umarmt
Szene aus der Netflix-Serie "Malcolm & Marie" mit Zendaya und John David Washington. © NETFLIX, 2021
Von Jörg Taszman |
Audio herunterladen
Eigentlich möchte Malcolm mit Marie nur seinen neuen Film feiern. Der Abend wird hingegen eine Reflexion über Schwarze Künstler in einem weißen Amerika und die Beziehung zwischen einem egoistischen Filmemacher zu seiner "Muse".

Um was geht es?

Nach einer erfolgreichen Premiere seines neuen Films, möchte der afroamerikanische Regisseur Malcolm einfach nur mit seiner Freundin feiern. Aber Marie ist verletzt, weil er sie in seiner langen Dankesrede nicht einmal erwähnte oder ihr dankte. Dabei bediente sich Malcolm in seinem gefeierten Frauenporträt ziemlich ungeniert an ihrer Lebens- und Drogengeschichte. Die Nacht wird zu einer gnadenlosen Abrechnung zwischen den beiden Liebenden, die sich verbal gegenseitig verletzen.

Was ist das Besondere?

Dieses Kammerspiel mit den beiden ebenso fotogenen wie großartig aufspielenden Jungstars Zendaya ("Euphoria") und John David Washington ("Tenet") spielt in einer Nacht in einer Luxusvilla und besticht durch exquisite Schwarzweißbilder des genialen ungarischen Kameramannes Marcell Rév. Die Eleganz und Schönheit der Bilder geht in den besten Momenten einher mit der Leinwandpräsenz zweier Darsteller, die sich ebenso elegant und stilvoll in diesen Innenwelten bewegen, obwohl hinter dieser Fassade der Schönen und Erfolgreichen Abgründe lauern.


Thematisch erinnert diese Konstellation teilweise von der zerstörerischen Intensität her an Paare wie Blanche und Stanley Kowalski aus der Tennessee Williams Verfilmung "Endstation Sehnsucht" mit Vivian Leigh und Marlon Brando oder an Richard Burton und Elizabeth Taylor in "Wer hat Angst vor Virginia Woolf".

Bewertung

Visuell ist der Film eine Augenweide und betört mit einer fast sieben Minuten langen ungeschnittenen Sequenz zu Beginn des Films, wenn Malcolm noch fast trunken seinen Erfolg feiert, Marie dabei raucht und ihn ab und zu bremst. Auch die Darsteller überzeugen im Wechselspiel zwischen Verletzlichkeit und Angriffslust. Regisseur Sam Levinson gehört zu den besten und interessantesten Filmemachern derzeit, das beweist er nach "Assassination Nation" und der HBO Serie "Euphoria" erneut.

Dennoch ist dieses Beziehungsdrama bei aller Meisterschaft mitunter zu dicht, zu heftig und zu dialoglastig. Dann sehnt man sich als Betrachter nach etwas Abstand. Aber das sind entschuldbare Schwächen in dieser für Hollywoodverhältnisse radikalen und gewagten Reflexion über Schwarze Künstler in einem weißen Amerika und die Beziehung zwischen einem egoistischen Filmemacher zu seiner "Muse", die er nicht zu schätzen weiß.

"Malcolm & Marie"
Regie: Sam Levinson
Mit Zendaya und John David Washington
USA 2020, Netflix
Erscheinungstermin: 5. Februar

Mehr zum Thema