Mallorcas Corona-Sommer

Die Bierstraße hat wieder dicht gemacht

26:16 Minuten
Leere Straße auf Mallorca
Die Bars und Restaurants in der Bierstraße auf Mallorca mussten schließen. © Deutschlandradio / Oliver Neuroth
Von Oliver Neuroth |
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Es ist soweit: Nachdem die Corona-Fallzahlen zuletzt auf den Balearen drastisch gestiegen sind, gibt es nun auch für Mallorca eine Reisewarnung. Die Entscheidung trifft die Lieblingsinsel der Deutschen hart. Die Chronik eines Sommers im Ausnahmezustand.
Blauer Himmel, sanfte Wellen, ein leichter Luftzug. Am Stand der Rettungsschwimmer an der Playa de Palma weht am vergangenen Wochenende die grüne Fahne. Das heißt eigentlich: keine Gefahr, bestes Badewetter, Urlaub genießen. Doch das können einige Touristen nicht mehr, ihnen ist die Lust auf ihre Mallorca-Ferien vergangen. Vor wenigen Stunden hat das Auswärtige Amt eine Reisewarnung für Festlandspanien inklusive Balearen ausgegeben, also auch für Mallorca. Ein Schlag für Urlauberin Barbara Neidhardt.
"Also mir war es richtig schlecht. Mein Magen war am rumoren. Ich dachte mir: ‚Das kann jetzt nicht sein!‘ Wir hatten uns vor der Fahrt extra noch erkundigt und gefragt, ob man wirklich fliegen sollte. ‚Nee‘, sagte die Frau, wenn sie könnte, würde sie sofort hierhin fliegen. Und dann kam die Nachricht: Reisewarnung. Also das war schon sehr schockierend."
Eigentlich wären Barbara Neidhardt und ihr Mann noch eine gute Woche auf der Insel geblieben. Doch sie brechen ihren Urlaub ab, fliegen mit der nächsten Maschine zurück nach Deutschland.
"Man weiß ja nicht, wie es noch weitergeht. Es muss ja nur ein Fall in unserem Hotel sein. Ja, was ist dann?! Dann sitzen wir fest und müssten wahrscheinlich 14 Tage dableiben, in Quarantäne. Ich bleib‘ doch keine 14 Tage in dem Hotel in Quarantäne!"
Die Reisewarnung erwischt auch die Veranstalter eiskalt: TUI sagt direkt all seine Mallorca-Reisen ab und nennt die Entscheidung der Bundesregierung "fragwürdig". Die Lufthansa bleibt erst einmal unbeeindruckt. Sie bietet zusammen mit ihrer Tochter Eurowings weiterhin 180 Flüge pro Woche nach Mallorca an.

30.000 deutsche Pauschalurlauber auf der Insel

Zum Zeitpunkt der Reisewarnung befinden sich etwa 30.000 deutsche Pauschalurlauber auf der Insel. Sie können nun selbst entscheiden: Entweder den Urlaub wie geplant zu Ende führen oder frühzeitig abreisen. Der Reiseveranstalter muss auf Wunsch einen früheren Rückflug organisieren. Hildegard Schiller befürchtet, dass viele Urlauber so schnell wie möglich die Insel verlassen werden.
Die Deutsche betreibt seit sechs Jahren ein Bistro im Urlaubsort Peguera, westlich von Palma.
"Als ich von der Reisewarnung erfahren habe, ist mir wirklich die Farbe aus dem Gesicht gefallen. Denn das heißt für uns Gastronomen: Touristen kommen nicht mehr. Es werden auch keine nachkommen aus Deutschland. England ist eh schon gestrichen. Es wird so sein, dass uns das Festland nicht retten kann. Das heißt: Wir werden einfach nur verhungern, weil keine Gäste mehr kommen."
Dabei beginnt diese spezielle Sommersaison im Juni noch mit so viel Zuversicht: Die Balearischen Inseln sind die erste Region Spaniens, die nach der Corona-Zwangspause wieder Touristen empfangen darf. Auch weil die Corona-Fallzahlen in dieser Zeit noch sehr niedrig sind. Knapp 11.000 sogenannte "Pilot-Urlauber" aus Deutschland sollen es sein, die schon vor dem offiziellen Saisonstart Anfang Juli auf den Balearen Ferien machen – und damit gleichzeitig die Sicherheitsprotokolle der Tourismusbetriebe durchspielen. Spaniens Ministerpräsident Sanchez steht voll und ganz hinter dieser Idee.
"Dieses Pilotprojekt bringt uns viel. Wir lernen dadurch für die nächsten Monate. Unser Land hat sich einen Namen als Qualitätsreiseziel gemacht. Wir möchten, dass Spanien gerade jetzt auch für Sicherheit und für Gesundheitsschutz steht."

Ankunft von Touristen wird zum Medienereignis

Die spanische Regierung vermarktet das Pilotprojekt auf allen Kanälen, die Tourismusbranche ebenfalls. Und so wird die Ankunft der ersten Urlaubermaschine aus Düsseldorf am 15. Juni zum Medienereignis.
Fast 200 Pressevertreter warten am Flughafen Palma auf die Urlaubs-Pioniere 2020. Als die ersten aus der Schiebetür kommen, ist kein Halten mehr. Die Touristen nehmen es gelassen, bei ihnen steht die Freude im Vordergrund, endlich wieder auf ihrer Lieblingsinsel zu sein.
"Das war ganz, ganz toll heute Morgen, endlich wieder abzuheben aus Deutschland. Wir haben uns so sehr auf Mallorca und das Mittelmeer gefreut. Wir haben fünf Monate gewartet, dass wir jetzt hierhin kommen können."
"Also ich denke, in dieser Situation kann man von einem normalen Urlaub – wie die letzten Jahren – gar nicht sprechen. Die Erwartungshaltung ist eine andere und ich denke, wir machen das Beste draus."
"Ganz bestimmt werden wir jetzt die Playa de Palma in einem Zeitpunkt erleben, wo man das gar nicht kennt, dass so wenige Leute auf der Insel sind. Wir waren schon öfter im Juni hier, wenn die Insel brechend voll ist. Das wird sicher jetzt ein schönes Erlebnis werden."
Nachtleben an der Playa de Palma auf der Insel Mallorca: Touristen ohne Sicherheitsabstand und Mund-Nase-Schutz im Juni 2020.
Nachtleben an der Playa de Palma auf der Insel Mallorca: Touristen ohne Sicherheitsabstand und Mund-Nase-Schutz im Juni.© imago images/Chris Emil Janßen
Tatsächlich läuft der Tourismus auf Mallorca entspannt wieder an. Immer mehr Hotels öffnen wieder für Gäste, immer mehr Bars und Restaurants erwachen aus dem Corona-Schlaf. Auch an die Playa de Palma kehrt das Leben zurück, in die Bier- und die Schinkenstraße, eine der Hochburgen des Partytourismus auf der Insel. Jeden Tag kommen mehr Gäste und heizen die Stimmung an. Bis die Lage im Juli schließlich eskaliert.
Hunderte Urlauber stehen dicht gedrängt vor den Lokalen, halten Biergläser in den Händen und singen die Partysongs mit, die durch die Lautsprecher schallen. Szenen, wie sie im Sommer eigentlich normal sind in dieser Ecke Mallorcas – nicht aber in Zeiten des Coronavirus. Kaum ein Tourist trägt Mundschutz oder hält Abstand zu anderen.

Im Juli gerät die Situation außer Kontrolle

Eine Regionalzeitung titelt: "Chaos!" Die Situation sei völlig außer Kontrolle geraten. Frank Winkler kann dem nur zustimmen. Der Deutsche ist Vorsitzender eines Nachbarschaftsvereins an der Playa de Palma und wohnt nur wenige Straßen von der Partymeile entfernt.
"Es ist eine Situation, die ich einfach nicht verstehen kann. Ich verstehe auch diese Art von Touristen nicht, die hierherkommen und einfach so tun, als wäre nie irgendetwas passiert. Es ist einfach verantwortungslos und es lässt natürlich die Deutschen auch in sehr schlechtem Licht dastehen."
Denn die Playa de Palma ist der Hotspot für deutsche Partytouristen. Immerhin stellt sich in den folgenden Tagen heraus, dass der Exzess nicht zu einem Anstieg der Corona-Fallzahlen geführt hat. Der Tourismusminister der Balearen, Iago Negueruela, findet für die Partyurlauber dennoch drastische Worte.
"Wir wollen keine asozialen Touristen auf unseren Inseln."
"Wir können das fragwürdige Verhalten einiger nicht tolerieren und werden das auch nicht tun." Die Konsequenz der Regionalregierung: Sie schließt sämtliche Lokale an der Bier- und Schinkenstraße – ebenso die Partymeile in Magaluf, einem Urlaubsort, der bei Briten beliebt ist.
Ein Schlag, wie er für die Wirte härter nicht hätte sein können. Gerade haben sie die wochenlange Corona-Zwangspause hinter sich gelassen, schon müssen sie wieder schließen. Jesus Sánchez macht das wütend. Der Präsident des Verbandes der Nachtlokal-Betreiber auf den Balearen vertritt etwa 20.000 Beschäftigte.
"Für unsere Branche war die Schließung eine Beleidigung. Die Regierung beleidigt uns schon lange, indem sie Regelungen in Kraft setzt, ohne vorher darüber mit uns zu sprechen oder uns gar nicht erst zu informieren."
Sein Verband hat deshalb noch im Juli Klage gegen die Anordnung der Regierung eingereicht; sein Ziel: Die Lokale sollen wieder öffnen dürfen.

Das vorläufige Aus der Bierstraße

Für Joan Miquel Ferrer hat das vorläufige Aus der Bierstraße vor allem etwas mit Emotionen zu tun. Er verbindet mit der Straße einen Großteil seines Lebens. Sein Vater hatte hier Ende der 70er-Jahre die allererste Kneipe mit deutschem Bier vom Fass eröffnet. Ein unerwarteter Erfolg.
"An einem Tag kam er und sagte: Die Leute kommen nicht mehr rein, die Terrasse ist überfüllt. Viele standen draußen auf der Straße. Dann gab mein Vater den Befehl: ‚Jungs, fangt an, Bier an der Straße zu verkaufen!‘ Und damit hatte sich die Bierstraße von alleine gegründet."
Feiern und trinken draußen im Freien – das Konzept der Bierstraße entwickelte sich fast von selbst. Dass jetzt erst einmal Schluss damit ist, nach gut 40 Jahren, stellt für Joan Miquels Familie vor allem symbolisch einen Wendepunkt dar.
"Weil die Bierstraße ist schon gestorben vor sieben Jahren. Wir haben die Beerdigung schon gehabt."
Porträt von Joan Miquel Ferrer vor einem Platz mit Palmen
Joan Miquel Ferrers Vater eröffnete Ende der 70er-Jahre die allererste Kneipe mit deutschem Bier vom Fass.© Deutschlandradio / Oliver Neuroth
2013. Damals entschied sich Joan Miquel schon, auf eine andere Art von Gastronomie an der Playa de Palma zu setzen. Weniger ausschweifende Partynächte, mehr Lounge-Atmosphäre mit Cocktails. "Palma Beach" hieß die Idee. Heute betreibt Joan Miquel sechs Lokale nach diesem Modell. Deshalb weint er der alten Bierstraße nicht so richtig nach.
Wie auch viele Touristen: Silvia und Thomas aus Hamburg halten den Sauftourismus schon lange für überholt. Die Schließung der Partylokale sei überfällig – gerade jetzt in Zeiten des Coronavirus, sagen sie.
"Ich find’s einfach gut. Weil das Virus sich sonst noch verbreiten könnte."
"Weniger Menschenmassen und ich finde, der Strand ist entspannt. Er ist zwar voll, aber nicht so voll wie sonst."

Viele Tourismusbetriebe öffnen erst gar nicht

Mallorca füllt sich in diesem Juli nur langsam. Langsamer als Hoteliers und Restaurantbetreiber es gehofft hatten. Santo macht sein Restaurant an der Playa de Palma zwar jeden Tag auf, empfängt aber kaum Gäste, erzählt er.
"Ich nehme nur 30 Prozent von dem ein, was im Sommer üblich ist. Das ist echt mager. Hier am Strand liegen ja fast nur Mallorquiner, die in Kurzarbeit sind. Aber kaum Urlauber."
Viele Tourismusbetriebe haben deshalb entschieden, in diesem Sommer ihr Geschäft gar nicht erst zu öffnen. Und das hat bittere Konsequenzen für die Beschäftigten: Arbeitslosigkeit, Armut. Die soziale Absicherung in Spanien ist deutlich schlechter als die in Deutschland.
Antonina steht mit Megaphon in der Hand auf der Plaza España im Herzen von Palma. Um sie herum laufen ein Urlauber, kaum jemand beachtet die Frau mit weißem T-Shirt. Nur ein paar Kolleginnen von ihr hören zu. Sie alle sind Zimmermädchen, die meisten haben wegen der Coronakrise aktuell keine Arbeit.
"Die Hotelbetreiber haben nur ihre Festangestellten in Kurzarbeit geschickt. Wer aber einen Zeitvertrag hat, wie ich und etwa 40 bis 50 Prozent aller Zimmermädchen auf den Balearen, wird im Stich gelassen und hat keinerlei Einkünfte."
Reporter interviewt ein Zimmermädchen auf einer kleinen Demonstration 
Demonstration von Zimmermädchen, die um ihre Exitenz fürchten müssen.© Deutschlandradio / Oliver Neuroth
Geld vom Staat bekomme sie nicht, sagt Antonina. Ihr Mann verdient knapp 1000 Euro im Monat, die Familie kommt damit über das Limit für die Sozialhilfe. Doch das Leben in Palma de Mallorca ist teurer als in den meisten Städten auf dem spanischen Festland. Dieses Problem bekommt gerade auch Ivette zu spüren. Die 26-Jährige hatte bis Anfang des Jahres noch zwei Jobs: den einen in einem Hotel in Palma, den anderen in einem Restaurant. Doch wegen der Coronakrise und der vergleichsweise wenigen Touristen auf der Insel haben beide Betriebe entschieden, erst einmal nicht zu öffnen.
"Ich bekomme kein Kurzarbeitergeld, weil ich meine Jobs aufgegeben habe. Das Kurzarbeitergeld wäre in meinem Fall etwas mehr als 100 Euro gewesen. Das Arbeitslosengeld, das ich stattdessen bekomme, ist höher. Doch wer hätte gedacht, dass sich diese Krise derart hinzieht: Nun läuft mein Arbeitslosengeld aus, ich habe gar keine Einkünfte mehr."

Zahl der Arbeitslosen stark gestiegen

Ivette hat sich an die Caritas gewandt. Das Hilfswerk der Katholischen Kirche unterstützt sie bei der Suche nach einem Job. Doch das gestaltet sich aktuell als äußerst schwierig: Die Balearischen Inseln sind die Region in Spanien, in der die Zahl der Arbeitslosen am stärksten gestiegen ist: Im Juli waren fast 72.000 Menschen arbeitslos gemeldet, 91 Prozent mehr als vor einem Jahr. Entsprechend hoch ist auch die Nachfrage bei der Caritas, sagt Sprecherin Noemi Estarás.
"Im ganzen Jahr 2019 haben wir rund 8800 Menschen auf Mallorca betreut. Seit Beginn der Coronakrise sind es schon mehr als 5500. Die meisten Menschen fragen bei uns nach Lebensmitteln und nach einer Wohnung. Denn Wohnraum ist hier sehr teuer."
Besonders viele Menschen mit Gelegenheitsjob im Tourismus hofften auf Hilfe von der Caritas, sagt Noemi. Oft seien es Ausländer ohne spanische Papiere, die jetzt nicht einmal mehr mit dem Verkauf von Wasserflaschen an Urlauber auf der Straße über die Runden kämen.
Die Coronakrise zeigt deutlich: Mallorca und seine Nachbarinseln sind vom Tourismus abhängig. Bricht er noch mehr weg, wie nach der aktuellen Reisewarnung - stürzen Wirtschaft und Gesellschaft in eine schwere Krise. Laut Caritas lebt schon jetzt jeder Fünfte auf den Balearen in schwierigen sozialen Verhältnissen. Für die Regionalregierung ist klar: ein Umdenken muss her.
"Wir erleben gerade, dass es fatale Folgen haben kann, fast ausschließlich von einem Wirtschaftszweig zu leben, nämlich vom Tourismus", sagt Umweltminister Miquel Mir. "Diese Situation sollte uns als Gesellschaft und uns als Regierung zum Nachdenken bringen: Wie soll die Zukunft für die nächsten Generationen auf unseren Inseln aussehen?!"
Ivette meint, dass sich mittelfristig am Wirtschaftsmodell der Balearen nichts ändern wird. Mallorca habe dem Tourismus schließlich seinen Reichtum zu verdanken. Sie hofft, dass die Urlauber den Balearen die Treue halten und ihr somit bald wieder Arbeit verschaffen.
"Die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber die Touristen sollen bitte die Corona-Regeln einhalten. Sonst geht’s hier nicht vorwärts, eher einen Schritt zurück."

Ferienhausvermietung boomt

Ein paar tausend treue Touristen hat Mallorca, die trotz Corona auf die Insel kommen. Aber viele von ihnen wollen ihren Urlaub nicht in einem vollen Hotel verbringen, in dem sie Kontakt zu hunderten anderen Gästen haben und damit auch zu potenziellen Virusträgern. In diesem speziellen Sommer boomt daher das Geschäft von Ferienhausvermietern. Marco Bauer aus Düsseldorf hat sich mit seiner Familie in eines eingebucht.
"Ich habe ein Ferienhaus gemietet. Weil das mit dem Hotel war mir zu unsicher. Man hat ja im Winter gesehen, dass ganze Hotels abgesperrt wurden, als es einen Coronafall gab. Ich wollte nicht, dass mir das passiert. Hier im Ferienhaus hat man keine fremden Menschen um sich herum und man fühlt sich sicherer."
Marco sitzt mit seiner Familie auf der Terrasse ihrer Finca bei Santanyí im Südosten Mallorcas und genießt den Sonnenuntergang. Zum nächsten Strand sind es zehn Minuten mit dem Mietwagen.
Bild vom spärlich gefüllten Strand in Es Caragol
Am Strand liegen viel weniger Touristen als sonst.© Deutschlandradio / Oliver Neuroth
In diesem speziellen Sommer setzen überraschend viele Urlauber auf diese Art des Individualtourismus, sagt Maria Gibert, die Chefin von Habtur, dem Verband der Ferienhausvermieter auf den Balearen. Nach ihren Worten bieten Ferienhäuser und -Wohnungen mehr Sicherheit als Hotels. Denn das Ein- und Auschecken laufe komplett kontaktlos ab.
"Die Besitzer schicken dem Mieter normalerweise den exakten Standort des Hauses per Mail oder aufs Handy. In der Unterkunft liegt dann der Anmeldebogen für die Urlauber bereit. In diesen Zeiten ist es sehr wichtig, dass er sorgfältig ausgefüllt wird. Die Schlüssel sind meistens in kleinen Safes deponiert, die per Pin-Code geöffnet werden. Manchmal geht auch die Tür per Code auf, also ohne Schlüssel. All das sorgt für Sicherheit für den Tourist."
Von den rund 15.000 Ferienhäusern und Ferienwohnungen, die auf Mallorca offiziell Touristen angeboten werden, waren im Juli 75 Prozent belegt. Von einer solchen Quote träumen Hoteliers zurzeit, sie kommen höchstens auf 30 bis 40 Prozent Auslastung.
"Im Vergleich zu den Hotels sind unsere Zahlen großartig. Aber bei uns knallen jetzt nicht die Sektkorken. Der Tourismus lag schließlich monatelang brach. Auch wenn wir jetzt zwei Monate eine sehr gute Nachfrage haben – das Geschäftsjahr ist trotzdem verloren."

Straßen von Palma einmal nicht überfüllt

In der Inselhauptstadt Palma ist Urlaub allerdings nur im Hotel möglich. Seit drei Jahren gibt es keine offiziellen Ferienwohnungen oder Ferienhäuser mehr. Die Stadt hat den Betrieb verboten – nach heftigen Protesten der Anwohner. Sie hatten beklagt, dass Einheimische kaum mehr eine bezahlbare Wohnung in der Innenstadt finden, dass die Ferienvermietung die Mieten für Normalverdiener hochtreibt.
"Heute haben die Bewohner von Palma deutlich bessere Chancen, eine Wohnung zu bekommen. Zum einen sind die Kauf- oder Mietpreise niedriger, zum anderen sind einfach mehr Objekte auf dem Markt. Das wäre vor kurzem noch undenkbar gewesen", sagt Joan Forteza, Präsident des Verbandes der Nachbarschaftsvereine Palma.
Joan freut sich Anfang August darüber, dass die Straßen von Palma in diesem Sommer nicht überfüllt sind. Dass nicht täglich zwei oder drei Kreuzfahrtschiffe im Hafen anlegen und tausende Tagestouristen ausspucken.
"Hier, diese Straße, in der wir stehen, zwischen Kathedrale und Rathaus, bricht unter dem Massentourismus im Sommer normalerweise fast zusammen. Es ist so voll, dass Du nur kleine Schritte machen kannst, überholen von anderen: ausgeschlossen. Heute ist die Lage ganz anders."
Heute, gut zwei Wochen nach diesem Gespräch, hat sich die Lage allerdings noch einmal verändert. Und zwar in eine Richtung, die auch Joan nicht gut findet. Mallorca rast innerhalb weniger Monate vom "Overtourism" in den "Undertourism". Die Zahl der Urlauber auf den Straßen wird nun wohl von Tag zu Tag abnehmen.
Die Regierungen der beiden größten Tourismusmärkte haben Restriktionen erlassen: Briten müssen nach einer Rückkehr von Mallorca in eine Quarantäne, Deutsche ebenfalls, zumindest bis das negative Ergebnis eines Corona-Tests vorliegt. Das schreckt Gäste ab. Briten und Deutsche haben im vergangenen Jahr zusammen knapp zehn Millionen Urlauber auf den Balearen ausgemacht. Dass einheimische Touristen diese gewaltige Zahl auch nur ansatzweise kompensieren – unmöglich.

Tourismus für viele Mallorquiner eine Hassliebe

Für viele Mallorquiner ist es eine Hassliebe: Sie wissen, dass die Urlauber Geld auf die Insel bringen. Doch das Coronavirus sollen sie bitte nicht verbreiten. Für die Insel bleibt zu hoffen, dass sich die Corona-Fallzahlen schnell erholen. Und zumindest Deutschland seine Reisewarnung bald wieder zurücknimmt. Doch selbst wenn es so kommt: ein Beigeschmack bleibt.
Viele Touristen werden wohl so wie Barbara Neidhardt denken und zum Thema Mallorca in diesem Jahr sagen: "Das ist uns hier zu heiß."
Und auch Wirtin Hildegard Schiller aus Peguera sieht die Pleitewelle in der Tourismusbranche schon auf Mallorca zurollen. Sie verabschiedet sich gedanklich von ihrer Trauminsel.
"Ich will nicht nach Deutschland zurück, um Hartz IV beantragen zu müssen. Aber das wird auf lange Sicht die Folge sein."
Die Hoffnung liegt auf 2021. Auf einem wirksamen Corona-Impfstoff und der Rückkehr des Tourismus nach Mallorca.
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