"Man kann auch für zehn Millionen ein Schauspielhaus leiten"
Der ehemalige Leiter des Hamburger Schauspielhauses, Frank Baumbauer, hat die kurzfristige Kündigung des aktuellen Intendanten Friedrich Schirmer scharf kritisiert. Die Begründung Schirmers, das Haus sei mit 18 Millionen Euro unterfinanziert, ließ er nicht gelten.
Klaus Pokatzky: Gustaf Gründgens, Rolf Liebermann, Peter Zadek – das sind nur drei der klangvollen Namen, die das Deutsche Schauspielhaus als Intendanten in Hamburg geleitet haben, das im Jahr 1900 gegründet wurde. Es hat 1192 Zuschauerplätze und ist damit das größte deutsche Sprechtheater. Der bisher letzte Intendant amtiert nur noch bis zum Ende des Monats: Aus Protest gegen zu wenig Geld für sein Theater hat Friedrich Schirmer gekündigt. Von 1993 bis 2000 war Frank Baumbauer Intendant des Hamburger Schauspielhauses. Guten Tag, Herr Baumbauer!
Frank Baumbauer: Hallo!
Pokatzky: Herr Baumbauer, wenn wir an den Satz des Hamburger Kultursenators, den wir eben gehört haben im Beitrag von Verena Herb, denken: "Nicht die Intendanten müssten glücklich sein, sondern das Publikum" – wie glücklich oder unglücklich war denn Frank Baumbauer in seiner Hamburger Intendantenzeit?
Baumbauer: Na ja, das lässt sich im Nachhinein natürlich leicht mit Glück formulieren, weil wir eine gute Zeit hatten, und ganz ehrlich gesagt, wenn ich mir dieses ganze ... die ganze Diskussion jetzt von der Ferne anschaue, das ist ja alles so neu nicht. Also ich bin auch seit über 20 Jahren da jetzt in Hamburg gewesen und habe eigentlich mit meinen Kollegen Flimm und Metzmacher und Ruzicka und Neumeier – wir haben immer Sparquoten gehabt. Wir haben angefangen zu sparen, wir haben aufgehört zu sparen, die hießen dann manchmal Konsolidierungen oder wie eben auch immer sie hießen. Das ist Teil des Jobs, das ist Teil des Berufes. Und wir haben das umgesetzt, und wir haben uns konkurrierend und als Solidargemeinschaft gegeben und haben trotzdem aus dem Theater, das finde ich, was ganz Tolles noch rausbekommen.
Also es war eine glückliche Zeit, es ist jetzt – und das ist gleich jetzt die nicht gestellte Frage – auch mein Vorwurf letztlich an Herrn Schirmer, in einer so instabilen Situation, wie sich Hamburg im Augenblick befindet, auch kulturell befindet, wo der eine nicht weiß, was der andere machen soll, mit den Museen, mit den Theatern, mit der Elbphilharmonie, mit den ganzen Sparquoten, in dieser Situation eines der größten deutschen Sprechtheater sozusagen 14 Tage vorher hinzuschmeißen, geht einfach nicht. Also hier verstärkt man ... Wie immer die Gründe von Herrn Schirmer gewesen sein mögen, darüber möchte ich mich gar nicht äußern, wie immer sein Glück war oder Unglück war, aber das geht nicht, weil hier gibt man sozusagen eines der größten Institute sozusagen der Diskussion feil, und Sie sehen ja, jeden Tag wird eine neue Idee durchs Dorf gejagt, und die sind alle so unüberlegt, dass man ... dass einem die Haare zu Berge stehen.
Pokatzky: Bevor ich dann jetzt eine weitere Frage stellen darf, noch ein kleines Zitat, nämlich von Hamburgs Bürgermeister Christoph Ahlhaus, der am Mittwoch in seiner ersten Regierungserklärung den Rücktritt von Schirmer so kommentiert hat: "Ich finde schon, dass es in diesen Zeiten möglich sein muss, mit einem Jahresetat von knapp 18 Millionen Euro ein Schauspielhaus zu führen". Sie, Herr Baumbauer, gelten als knallharter Kaufmann. Kann man mit 18 Millionen Euro ein Schauspielhaus wie das Hamburger wirklich führen?
Baumbauer: Also es ist wirklich ... hat wirklich mit der Größe des Hauses zu tun, das muss man einfach mal akzeptieren. Sie haben selbst einleitend im Kommentar gesagt, das ist eins der größten deutschen Sprechtheater, es ist noch dazu verschärft, weil es 1200 Plätze hat, kein Abonnement hat, in der Stadt ein reiches Kulturleben blüht, und natürlich aus dieser Konkurrenz auch was sein kann. Man kann auch für zehn Millionen ein Schauspielhaus leiten, man kann es auch für 20, man kann es auch für 25 leiten. Das hat viel mit Kunst zu tun, und nicht immer nur mit Geld zu tun, es hat viel mit Geschick zu tun. Und ich glaube, dass die Truppe von Schirmer natürlich sehr, sehr gut ist und auch sehr, sehr gut daran gearbeitet hat, aber dieses Gemenge von mangelnder Fortune und jetzt von einem wirklich neuen Senator oder einem bisschen ahnungslosen Senat, die einfach sozusagen diese Tiere durchs Dorf treiben – das ist eine Gemengelage, da hätte Schirmer stehenbleiben müssen.
Pokatzky: Nun gibt es ja auch einen anderen, ja, vorzeitig sich verabschiedenden Intendanten, Peter Zadek.
Baumbauer: Ja, aber die hat es immer gegeben. Wissen Sie, also blättern Sie mal die Geschichte des Schauspielhauses zurück, da flogen Intendanten raus, weil sie zwischenzeitlich mal 250.000 DM ein Minus hatten für ein Jahr. Hatte ich auch vielleicht in den ersten zwei, drei Jahren, ich hatte nur das Glück, Kulturpolitiker auch an der Seite zu haben, die an das geglaubt haben und auch an mich geglaubt haben, und dadurch auf Augenhöhe sozusagen diese Probleme bewältigt haben. Das ist der entscheidende Punkt.
Pokatzky: Also haben sich die Hamburger Kulturpolitiker, haben sich diese berühmten Hamburger Pfeffersäcke da verändert und ihren Geldsack machen sie nicht mehr so offen wie ...
Baumbauer: So kann man es nicht sagen. Du kannst ja ... ich finde, es ist eine Gemengelage, wirklich. Da gehören die künstlerischen Leiter dazu, da gehören die Politiker dazu, da gehören natürlich die Kulturköpfe Hamburgs dazu. Aber das im Moment eben mit der Kultur in Hamburg eine sehr quirlige Situation. Auch die Vorgängerin von Herrn Stuth hat ja nicht unbedingt Fortune gehabt mit ihren Plänen. Also jetzt in dieser Situation, wo die Sparlobbys tagen, jetzt in dieser Situation auf den Schwächsten einzuprügeln, also jetzt hat gerade ein Intendant hingeschmissen, was ja auch so nicht geht – das ist, finde ich, das spielt den Politikern in die Hand, das geht nicht.
Pokatzky: Der Bürgermeister Ahlhaus, der Bürgermeister, erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg einer ja schwarz-grünen Koalition, hat ins Gespräch gebracht, für die beiden ganz wichtigen Theater in Hamburg, ...
Baumbauer: Vergessen Sie es.
Pokatzky: ... Schauspielhaus und Thalia Theater, einen Intendanten, einen Generalintendanten einzusetzen.
Baumbauer: Kommen Sie, wir sind alle so ... fragen Sie mal alle meine Kollegen und Kolleginnen in den großen, in den kleinen Städten, ich kann es Ihnen runterbeten aus dem Schlaf, Sie können mich um zwei in der Nacht aufwecken, also gemeinsame Werkstätten, größere Synergieeffekte, ein großes, ein kleines Haus, einen Intendanten, einen Generalintendanten – meistens ist das ein Ausweichen von Problemen. Das ist nicht ein Anpacken von Problemen, das ist nicht sozusagen ein Sanieren dieser Idee oder geschweige denn, was ich wünschen würde, nicht auffordern, fordern würde: ein Innehalten wenigstens jetzt im Moment mal, bevor man hier wirklich was kaputtmacht. Und Sie sehen es, Sie werden sich erinnern vielleicht an dieses ruhmreiche, große, wunderbare Schillertheater.
Pokatzky: In Berlin.
Baumbauer: Das haben die auch dicht gemacht. Ja, warum? Da war auch gerade eine Schwäche in der Leitung – das hat mit uns zu tun –, dann war eine ausnutzende Situation sozusagen der Politik und ein Nicht-Wissen, wie kann man so und so viele Opernhäuser und Schauspielhäuser halten? Das hat alles miteinander zu tun. Ein Haus opfert sich schnell, das machen sie nie wieder auf! Und ich meine, ganz ehrlich gesagt: Das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg ist eines der größten, schönsten und ruhmreichsten Theater. Soll jetzt da plötzlich irgendwie der Schwanz mit dem Hund wedeln? Das geht doch nicht.
Pokatzky: Nennen Sie uns nicht den Namen eines Hundes, nennen Sie uns den Namen eines für Sie geeigneten Kandidaten, der das Deutsche Schauspielhaus wieder auf Kurs bringen könnte.
Baumbauer: Das wäre sehr leichtsinnig und sehr leichtfertig. Ich habe durchaus Ideen, aber das sind jetzt keine Vorschläge, sondern ich denke, man muss sich zusammensetzen und bedenken, was die Hamburger Kultur will. Und daraufhin ... der muss gemeint sein, das darf jetzt nicht nur ein Vorschlag sein, der verbrannt wird morgen auf der nächsten Straßenecke, sondern es muss auch gemeint sein und da muss auch die Politik sozusagen mit Etat und mit Zutrauen sozusagen dem Kollegen oder der Kollegin dann den Rücken stärken. Das geht, es findet sich auch. Das ist so ein tolles Haus, das wäre doch ein Jammer!
Pokatzky: Unser Kollege Rüdiger Schaper vom "Tagesspiegel" hat in der vergangenen Woche quasi flehentlich gerufen: Wir brauchen wieder jemand wie Frank Baumbauer im Theater. Herr Baumbauer, etwas indiskret: Sie sind vor drei Wochen 65 Jahre alt geworden. Können Sie sich vorstellen, noch einmal nach Hamburg zu gehen und das Schauspielhaus noch einmal zu Höhen zu bringen?
Baumbauer: Natürlich nicht, natürlich nicht. Das wäre genau der gleiche Fehler, den man macht, indem man sich an was erinnert, was vielleicht mal schön war. Auch das würde eine Erneuerung bedeuten, auch das würde sozusagen auf die Höhe der Zeit kommen wollen. Ich war vor zehn Jahren dort, vergessen Sie es.
Pokatzky: Ich bedanke mich, nicht für diese Antwort, eine optimistischere wäre schöner gewesen, aber ganz herzlichen Dank für das Gespräch!
Baumbauer: Okay!
Pokatzky: Das war Frank Baumbauer über die Lage der Hamburger Theaterszene nach dem Rücktritt des Schauspielhausintendanten Friedrich Schirmer.
Frank Baumbauer: Hallo!
Pokatzky: Herr Baumbauer, wenn wir an den Satz des Hamburger Kultursenators, den wir eben gehört haben im Beitrag von Verena Herb, denken: "Nicht die Intendanten müssten glücklich sein, sondern das Publikum" – wie glücklich oder unglücklich war denn Frank Baumbauer in seiner Hamburger Intendantenzeit?
Baumbauer: Na ja, das lässt sich im Nachhinein natürlich leicht mit Glück formulieren, weil wir eine gute Zeit hatten, und ganz ehrlich gesagt, wenn ich mir dieses ganze ... die ganze Diskussion jetzt von der Ferne anschaue, das ist ja alles so neu nicht. Also ich bin auch seit über 20 Jahren da jetzt in Hamburg gewesen und habe eigentlich mit meinen Kollegen Flimm und Metzmacher und Ruzicka und Neumeier – wir haben immer Sparquoten gehabt. Wir haben angefangen zu sparen, wir haben aufgehört zu sparen, die hießen dann manchmal Konsolidierungen oder wie eben auch immer sie hießen. Das ist Teil des Jobs, das ist Teil des Berufes. Und wir haben das umgesetzt, und wir haben uns konkurrierend und als Solidargemeinschaft gegeben und haben trotzdem aus dem Theater, das finde ich, was ganz Tolles noch rausbekommen.
Also es war eine glückliche Zeit, es ist jetzt – und das ist gleich jetzt die nicht gestellte Frage – auch mein Vorwurf letztlich an Herrn Schirmer, in einer so instabilen Situation, wie sich Hamburg im Augenblick befindet, auch kulturell befindet, wo der eine nicht weiß, was der andere machen soll, mit den Museen, mit den Theatern, mit der Elbphilharmonie, mit den ganzen Sparquoten, in dieser Situation eines der größten deutschen Sprechtheater sozusagen 14 Tage vorher hinzuschmeißen, geht einfach nicht. Also hier verstärkt man ... Wie immer die Gründe von Herrn Schirmer gewesen sein mögen, darüber möchte ich mich gar nicht äußern, wie immer sein Glück war oder Unglück war, aber das geht nicht, weil hier gibt man sozusagen eines der größten Institute sozusagen der Diskussion feil, und Sie sehen ja, jeden Tag wird eine neue Idee durchs Dorf gejagt, und die sind alle so unüberlegt, dass man ... dass einem die Haare zu Berge stehen.
Pokatzky: Bevor ich dann jetzt eine weitere Frage stellen darf, noch ein kleines Zitat, nämlich von Hamburgs Bürgermeister Christoph Ahlhaus, der am Mittwoch in seiner ersten Regierungserklärung den Rücktritt von Schirmer so kommentiert hat: "Ich finde schon, dass es in diesen Zeiten möglich sein muss, mit einem Jahresetat von knapp 18 Millionen Euro ein Schauspielhaus zu führen". Sie, Herr Baumbauer, gelten als knallharter Kaufmann. Kann man mit 18 Millionen Euro ein Schauspielhaus wie das Hamburger wirklich führen?
Baumbauer: Also es ist wirklich ... hat wirklich mit der Größe des Hauses zu tun, das muss man einfach mal akzeptieren. Sie haben selbst einleitend im Kommentar gesagt, das ist eins der größten deutschen Sprechtheater, es ist noch dazu verschärft, weil es 1200 Plätze hat, kein Abonnement hat, in der Stadt ein reiches Kulturleben blüht, und natürlich aus dieser Konkurrenz auch was sein kann. Man kann auch für zehn Millionen ein Schauspielhaus leiten, man kann es auch für 20, man kann es auch für 25 leiten. Das hat viel mit Kunst zu tun, und nicht immer nur mit Geld zu tun, es hat viel mit Geschick zu tun. Und ich glaube, dass die Truppe von Schirmer natürlich sehr, sehr gut ist und auch sehr, sehr gut daran gearbeitet hat, aber dieses Gemenge von mangelnder Fortune und jetzt von einem wirklich neuen Senator oder einem bisschen ahnungslosen Senat, die einfach sozusagen diese Tiere durchs Dorf treiben – das ist eine Gemengelage, da hätte Schirmer stehenbleiben müssen.
Pokatzky: Nun gibt es ja auch einen anderen, ja, vorzeitig sich verabschiedenden Intendanten, Peter Zadek.
Baumbauer: Ja, aber die hat es immer gegeben. Wissen Sie, also blättern Sie mal die Geschichte des Schauspielhauses zurück, da flogen Intendanten raus, weil sie zwischenzeitlich mal 250.000 DM ein Minus hatten für ein Jahr. Hatte ich auch vielleicht in den ersten zwei, drei Jahren, ich hatte nur das Glück, Kulturpolitiker auch an der Seite zu haben, die an das geglaubt haben und auch an mich geglaubt haben, und dadurch auf Augenhöhe sozusagen diese Probleme bewältigt haben. Das ist der entscheidende Punkt.
Pokatzky: Also haben sich die Hamburger Kulturpolitiker, haben sich diese berühmten Hamburger Pfeffersäcke da verändert und ihren Geldsack machen sie nicht mehr so offen wie ...
Baumbauer: So kann man es nicht sagen. Du kannst ja ... ich finde, es ist eine Gemengelage, wirklich. Da gehören die künstlerischen Leiter dazu, da gehören die Politiker dazu, da gehören natürlich die Kulturköpfe Hamburgs dazu. Aber das im Moment eben mit der Kultur in Hamburg eine sehr quirlige Situation. Auch die Vorgängerin von Herrn Stuth hat ja nicht unbedingt Fortune gehabt mit ihren Plänen. Also jetzt in dieser Situation, wo die Sparlobbys tagen, jetzt in dieser Situation auf den Schwächsten einzuprügeln, also jetzt hat gerade ein Intendant hingeschmissen, was ja auch so nicht geht – das ist, finde ich, das spielt den Politikern in die Hand, das geht nicht.
Pokatzky: Der Bürgermeister Ahlhaus, der Bürgermeister, erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg einer ja schwarz-grünen Koalition, hat ins Gespräch gebracht, für die beiden ganz wichtigen Theater in Hamburg, ...
Baumbauer: Vergessen Sie es.
Pokatzky: ... Schauspielhaus und Thalia Theater, einen Intendanten, einen Generalintendanten einzusetzen.
Baumbauer: Kommen Sie, wir sind alle so ... fragen Sie mal alle meine Kollegen und Kolleginnen in den großen, in den kleinen Städten, ich kann es Ihnen runterbeten aus dem Schlaf, Sie können mich um zwei in der Nacht aufwecken, also gemeinsame Werkstätten, größere Synergieeffekte, ein großes, ein kleines Haus, einen Intendanten, einen Generalintendanten – meistens ist das ein Ausweichen von Problemen. Das ist nicht ein Anpacken von Problemen, das ist nicht sozusagen ein Sanieren dieser Idee oder geschweige denn, was ich wünschen würde, nicht auffordern, fordern würde: ein Innehalten wenigstens jetzt im Moment mal, bevor man hier wirklich was kaputtmacht. Und Sie sehen es, Sie werden sich erinnern vielleicht an dieses ruhmreiche, große, wunderbare Schillertheater.
Pokatzky: In Berlin.
Baumbauer: Das haben die auch dicht gemacht. Ja, warum? Da war auch gerade eine Schwäche in der Leitung – das hat mit uns zu tun –, dann war eine ausnutzende Situation sozusagen der Politik und ein Nicht-Wissen, wie kann man so und so viele Opernhäuser und Schauspielhäuser halten? Das hat alles miteinander zu tun. Ein Haus opfert sich schnell, das machen sie nie wieder auf! Und ich meine, ganz ehrlich gesagt: Das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg ist eines der größten, schönsten und ruhmreichsten Theater. Soll jetzt da plötzlich irgendwie der Schwanz mit dem Hund wedeln? Das geht doch nicht.
Pokatzky: Nennen Sie uns nicht den Namen eines Hundes, nennen Sie uns den Namen eines für Sie geeigneten Kandidaten, der das Deutsche Schauspielhaus wieder auf Kurs bringen könnte.
Baumbauer: Das wäre sehr leichtsinnig und sehr leichtfertig. Ich habe durchaus Ideen, aber das sind jetzt keine Vorschläge, sondern ich denke, man muss sich zusammensetzen und bedenken, was die Hamburger Kultur will. Und daraufhin ... der muss gemeint sein, das darf jetzt nicht nur ein Vorschlag sein, der verbrannt wird morgen auf der nächsten Straßenecke, sondern es muss auch gemeint sein und da muss auch die Politik sozusagen mit Etat und mit Zutrauen sozusagen dem Kollegen oder der Kollegin dann den Rücken stärken. Das geht, es findet sich auch. Das ist so ein tolles Haus, das wäre doch ein Jammer!
Pokatzky: Unser Kollege Rüdiger Schaper vom "Tagesspiegel" hat in der vergangenen Woche quasi flehentlich gerufen: Wir brauchen wieder jemand wie Frank Baumbauer im Theater. Herr Baumbauer, etwas indiskret: Sie sind vor drei Wochen 65 Jahre alt geworden. Können Sie sich vorstellen, noch einmal nach Hamburg zu gehen und das Schauspielhaus noch einmal zu Höhen zu bringen?
Baumbauer: Natürlich nicht, natürlich nicht. Das wäre genau der gleiche Fehler, den man macht, indem man sich an was erinnert, was vielleicht mal schön war. Auch das würde eine Erneuerung bedeuten, auch das würde sozusagen auf die Höhe der Zeit kommen wollen. Ich war vor zehn Jahren dort, vergessen Sie es.
Pokatzky: Ich bedanke mich, nicht für diese Antwort, eine optimistischere wäre schöner gewesen, aber ganz herzlichen Dank für das Gespräch!
Baumbauer: Okay!
Pokatzky: Das war Frank Baumbauer über die Lage der Hamburger Theaterszene nach dem Rücktritt des Schauspielhausintendanten Friedrich Schirmer.