"Mahnend gegen den Krieg − es ist für den Frieden"
Drei hochkant aufgestellte Busse auf dem Dresdner Neumarkt: Mit einem Kunstprojekt will der Deutsch-Syrer Manaf Halbouni an Krieg und Vertreibung in seiner Heimat erinnern und für den Frieden werben. Auch wenn es nicht allen Menschen in der Stadt gefällt.
Ein Mahnmal gegen Krieg und Vertreibung und eine Werbung für den Frieden - das ist das Ziel der Installation "Monument" von Manaf Halbouni, die ab Dienstag auf dem Dresdner Neumarkt zu sehen ist. Die drei senkrecht aufgestellten ausrangierten Linienbusse erinnern an ein Bild aus Aleppo, das 2015 um die Welt ging. Damals hatten Menschen hinter Buswracks Schutz vor Scharfschützen gesucht.
"Mich hat das Bild tatsächlich sehr mitgenommen", sagte Halbouni im Deutschlandradio Kultur. Seine Installation solle daran erinnern, wie gut es den Menschen in Deutschland gehe, aber auch daran, "wie hart wir dafür gekämpft haben, wieder die Städte hier aufzubauen".
Mit dem Projekt hofft er, einen Diskurs anzustoßen - auch mit denen, die gegen sein Projekt sind. Wie offen die Dresdner für seine Arbeit seien, sei schwer einzuschätzen: "Geht man den Kommentaren auf Facebook nach, dann nein. Aber es gibt trotzdem schon sehr viele Leute, die interessiert sind zu verstehen, um was es eigentlich geht." So sei es während des Aufbaus ziemlich voll auf dem Neumarkt gewesen.
"Sehr viele Leute sind vorbeigekommen, und es war alles eigentlich perfekt. Und ich konnte auch mit vielen Leuten diskutieren, auch mit Leuten, die gegen die Arbeit waren, da konnte ich auch nett mit denen reden, was ja eigentlich mein Ziel ist."
Als Sohn einer deutschen Mutter kennt der 1984 in Damaskus geborene Halbouni Dresden seit seiner Kindheit:
"Ich bin von Kind auf immer in Dresden gewesen, meine Großeltern besuchen, meine Familie halt hier in Deutschland, und hatte nie ein Problem mit der Stadt eigentlich hier."
Das Interview mit Manaf Halbouni im Wortlaut:
Sigrid Brinkmann: Manaf Halbouni hat bis 2008 Bildhauerei in Damaskus studiert und sein Studium dann in Dresden beendet. Er lebt seit vielen Jahren in der Stadt, jobbt, macht Kunst und Ausstellungen, gewinnt auch schon mal einen Preis dafür. Als Mahnmal für das Kriegsleid in Syrien hat Manaf Halbouni jetzt eine monumentale Skulptur aufbauen lassen: Den ganzen Tag über wurde daran gearbeitet, drei ausrangierte Busse hochkant zu stellen und zu verankern auf dem Dresdner Neumarkt vor der Frauenkirche. Und dort erreiche ich Manaf Halbouni, schönen guten Abend!
Manaf Halbouni: Schönen guten Abend, hallo!
Brinkmann: 2015 ging ein Foto aus Aleppo um die Welt: Man sieht senkrecht stehende, ausgebrannte Busse hinter den Menschen, die Schutz vor Scharfschützen suchten. Hat Sie das Bild so mitgenommen, dass Sie eine Kopie des Schutzschildes für Dresden aufstellen wollten?
Halbouni: Mich hat das Bild tatsächlich sehr mitgenommen, um dann im Prinzip eine neue Arbeit daraus zu machen. Es ist halt nicht direkt eine Kopie der Busbarrikade in Aleppo, sondern das Denkmal, was ich hier errichtet habe, ist eine Arbeit mit drei ausrangierten Bussen von normalen deutschen Verkehrsbetrieben. Und es soll an Krieg und Vertreibung erinnern und für den Frieden werben, also mahnend gegen den Krieg und es ist für den Frieden. Und soll uns auch daran erinnern, wie gut es uns hier geht und wie hart wir dafür gekämpft haben, wieder hier die Städte aufzubauen und all das.
Brinkmann: Jeden Montag finden in Dresden Pegida-Demonstrationen statt, es sind Anlässe, Fremdenfeindlichkeit herauszuschreien. Kamen solche Demonstranten heute auch auf dem Neumarkt vorbei?
"Diskutieren über unser priviligiertes Leben"
Halbouni: Ein paar sind da, aber man kann sich momentan noch nicht mit der Arbeit anfreunden, was ich sehr schade finde, weil ich eigentlich die Busse aufstelle, um miteinander einen Diskurs zu finden, um miteinander zu reden und zu diskutieren über unser privilegiertes Leben und wie es uns hier geht. Und daran zu erinnern, nicht wieder Kriege anzufangen.
Brinkmann: Sind denn heute überhaupt viele Dresdner stehengeblieben, um einmal zu schauen, was da passiert? Denn die Busse werden ja von Stahlträgern gehalten, da muss ja unheimlich viel zusammengeschweißt worden sein. Es ist einfach alles in allem eine ungemein auffällige Arbeit.
Halbouni: Ja, es war heute ziemlich voll auf dem Neumarkt, sehr viele Leute sind vorbeigekommen und es war eigentlich alles perfekt. Man konnte auch mit vielen Leuten diskutieren, auch mit Leuten, die gegen die Arbeit waren, da konnte ich auch nett mit denen reden, was ja eigentlich mein Ziel ist. Ich will kommunikativ mit den Menschen reden und ich will keine … - mit der Arbeit will ich nicht provozieren, wie es mir gerade unterstellt wird.
Brinkmann: Sie leben seit 2008 in Dresden, kennen die Stadt, weil Ihre Mutter aus Dresden gebürtig ist, also, es gab eben als Kind von Syrien aus dann auch schon ein paar Verwandtschaftsbesuche. Wie offen empfinden Sie denn die Dresdner, wie ist Ihr Verhältnis zu der Stadt?
"Ich hatte nie ein Problem mit der Stadt"
Halbouni: Wie gesagt, ich bin von Kind auf immer in Dresden gewesen - meine Großeltern besuchen, meine Familie halt hier in Deutschland - und hatte nie ein Problem mit der Stadt eigentlich hier.
Brinkmann: Und haben Sie den Eindruck, dass man in Dresden durchaus etwas wissen will von Aleppo?
Halbouni: Das ist schwierig zu sagen. Also, geht man den Kommentaren auf Facebook nach, dann nein. Aber es gibt trotzdem schon sehr viele Leute, die interessiert sind zu verstehen, um was es eigentlich geht.
Brinkmann: 2015, Herr Halbouni, haben Sie Ihren alten Mercedes mit Matratzen, mit Reisekoffern, zusammengerollten Teppichen, Büchern, einem Kasten Bier und auch Gartenzwergen beladen und vor dem Theaterplatz in Dresden abgestellt. Die Passanten konnten sich mit einem Schild, "Sachse auf der Flucht", fotografieren lassen. Das haben zwar nicht so viele getan, aber die Aktion ist ja dann prompt nach London eingeladen worden und auch nach Venedig zur Biennale. Ist man im Ausland eigentlich empfänglicher für Kunst, die auch ironisch auf das Fluchtverhalten der Sachsen schaut?
Halbouni: Im Ausland war es tatsächlich der Fall, dass man mit diesen Fluchtautos nicht die Flucht wahrgenommen hat, sondern eher den romantischen Traum davon, wie es zum Beispiel wäre, zum Strand zu fahren, oder wie es früher war, in Urlaub zu fahren. Und man hat die ganze Aktion anders wahrgenommen. Also, das war auch sehr interessant, das Ganze zu beobachten.
Brinkmann: Die ausrangierten Busse vor der Frauenkirche aufstellen zu lassen, so etwas kostet Geld. Wie haben Sie das aufgetrieben?
Halbouni: Von verschiedenen Kunststiftungen und Sponsoren.
Brinkmann: Und es war eine einfache Sache? Mussten Sie viel Überzeugungsarbeit leisten oder waren die sehr einverstanden mit der Idee?
Halbouni: Im Prinzip, ein erster Unterstützer war das Kunsthaus Dresden. Da hatte ich das Projekt zum ersten Mal vorgestellt. Und von da an bin ich dann immer weiter an Menschen herangetreten und habe für das Projekt geworben.
Brinkmann: Am Dienstag wird die temporäre Großskulptur offiziell vom Dresdner Bürgermeister willkommen geheißen, er steht zu dem Monument, das bis zum 3. April vor der Frauenkirche bleiben wird. Manaf Halbouni hat die Idee realisiert, Ihnen alles Gute und schönen Dank!
Halbouni: Danke sehr, gleichfalls!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.